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Pirquetgasse 6

Fakten

Pirquetgasse 6

Pirquetgasse 6, 1220 Wien

Baujahr: 1972-1974

Wohnungen: 72

Architekt: Peter Payer, Oskar Payer

Wohnen in Wien

In den 1970er-Jahren begann eine erste Sanierungswelle des Wohnungsaltbestands der Stadt Wien, um den Wohnstandard anzuheben. Zusätzlich wurden von 1972 bis 1977 rund 16.500 neue Wohnungen gebaut. Der Wohnungsmangel war beseitigt. Nun sollten sich neue Anlagen auch besser in ihre Umgebung einfügen, sich vom Straßenverkehr abwenden, öffentlich gut erreichbar und vor allem mit der nötigen Nahversorgung ausgestattet sein. Damit rückte auch ein Grundgedanke des "Roten Wien" aus den 1930er-Jahren wieder in den Mittelpunkt: Es wurde wieder Wert auf die Sozialisierung des Wohnens gelegt. 1978 wurde die Grundsteinlegung der 200.000sten Wohnung seit 1923 gefeiert.

Geschichte

Die Wohnhausanlage Pirquetgasse 6 wurde gemeinsam mit der Anlage Quadenstraße 65-67 und der Ziegelhofstraße 32-34 als Erweiterung des 2. Bauteils der Plattenbausiedlung "Ziegelhofstraße" projektiert und von der gemeindeeigenen Plattenbaufirma Montagebau Wien GmbH auf vormals von Hirschstettner Landwirten genutzten Flächen errichtet.

Die Architektur

Die Wohnhausanlage zählt zur zweiten Generation der Wiener Plattenbausiedlungen. Bedingt durch die stärker werdende Kritik an der frei stehenden Zeilenbebauung der ersten Generation wurde nunmehr versucht, an das traditionelle Wiener Modell der Hofbebauung anzuschließen und daher schloss man die orthogonal stehenden Scheibenbauten zu einer hofbildenden Bebauung zusammen. Darüber hinaus zeichnet sich die zweite Phase des Wiener Plattenbaus durch die Abkehr von den ausschließlich vier- und neungeschoßigen Wohnbauten aus. Davon versprach man sich mehr Variabilität. Die Wohnhausanlage besteht aus insgesamt vier Stiegenhäusern, die zu einer L-förmigen Bebauungsgruppe zusammengefasst sind. Bereits beim 6. Bauteil der Großfeldsiedlung bzw. bei den vorangegangenen Bauteilen dieser Siedlung angewendet, kommt hier ein spezieller Eckhaustyp zum Einsatz. Bedingt durch die Anordnung der einzelnen, sechs- bis achtgeschoßigen Häuser ist es trotz industrieller Herstellung gelungen, gemeinsam mit der westlich gelegenen Wohnhausanlage Ziegelhofstraße 32-34 eine Hofsituation zu erzeugen. Die Lochfassaden - benannt nach der Vielzahl an gleichförmig angeordneten Fensteröffnungen - der verbindenden Baukörper sind unstrukturiert, lediglich die Geländer der zur Gänze in die Gebäudekubatur integrierten Loggien setzen farbliche Akzente. Die Fassaden des Eckhaustyps sind durch Risalite gegliedert. Die Wohngebäude sind allesamt unterkellert, wobei der Keller ein halbes Geschoß aus dem Terrain ragt, was wiederum die - auch farblich abgesetzte - Sockelzone bildet. Durch die bereits durchgeführte thermische Sanierung ist die für die Fertigteilbauweise typische Fassadenrasterung nicht mehr sichtbar. Die Eingänge sind mit von zwei Stahlsäulen gestützten Betonvordächern sowie durch vertikale, über die gesamte Gebäudehöhe reichende Farbstreifen markiert.

Der Name

Die Wohnhausanlage trägt seit dem Jahr 1974 den Namen der im Nordwesten angrenzenden Straße, die nach Dr. Clemens Pirquet (1874-1929) benannt ist. Er engagierte sich als Kinderarzt vorwiegend für die richtige Ernährung im Kindesalter.

Architekten

Peter Payer - Peter Payer wurde am 5. Dezember 1932 in Wien geboren. Er studierte Architektur an der Technischen Hochschule sowie an der Akademie der angewandten Kunst in Wien und diplomierte im Jahr 1956 bei Prof. Franz Schuster. Gleich seinem Vater Oskar Payer konzentrierte er sich auf die Verbesserung der Wohnkultur sowie die Rationalisierung des Wohnungsbaus. Zahlreiche Publikationen zeugen vom Engagement der beiden Architekten. Neben der Planung Tausender Wohnungen für die Gemeinde Wien entwarfen Oskar und Peter Payer auch Möbel und gründeten das Einrichtungshaus "Payer-Dekor". Im Jahr 1970 erhielten sie den Staatspreis für ein Sitzliegemöbel.

Oskar Payer - Oskar Payer (1903-1973) erlernte zunächst das Tischlerhandwerk, bevor er die Staatsgewerbeschule in Wien besuchte. Nach dem Zweiten Weltkrieg setzte er sich vor allem für eine Verbesserung der Wohnkultur sowie auch für die Funktionalität der Wohnung selbst ein. Dies stellte er u.a. in zahlreichen Publikationen, wie z.B. "Die praktische Wohnungskunde", und als Obmann des Vereins "Die Frau und ihre Wohnung" unter Beweis. Für die Stadt Wien plante Oskar Payer gemeinsam mit seinem Sohn Peter Payer mehrere Tausend Wohnungen, allen voran die zahlreichen Montagebau-Wohnungen.