Vorgartenstraße 158-170
Vorgartenstraße 158-170
Vorgartenstraße 158-170, 1020 WienBaujahr: 1959-1962
Wohnungen: 323
Architekt: Adolf Hoch, Carl Rössler, Carl Auböck
Weitere Adressen
Jungstraße 7-11, 1020 Wien
Ennsgasse 16, 1020 Wien
Wohnen in Wien
In den 1950er-Jahren ging es vor allem darum, Zerstörtes wieder aufzubauen und viele neue Wohnungen zu errichten. In den kommunalen Wohnbauten dieser Zeit finden sich die ersten Ansätze der sich später durchsetzenden Zeilenbauweise, die bis heute die großen Vorstadtsiedlungen prägt. Die Wohnbauten wurden größer, höher und waren verstärkt in Blockform gestaltet. Das Flachdach setzte sich durch. Alle neu gebauten Wohnungen waren mit Badezimmern und WC ausgestattet und die Mindestgröße wurde von 42 auf 55 Quadratmeter angehoben.
Geschichte
Die Wohnhausanlage liegt inmitten des Stuwerviertels, das auf einem annähernd dreieckförmigen Areal von der Ausstellungsstraße, der Lassallestraße und der Donau begrenzt wird. Benannt ist das Viertel nach Johann Georg Stuwer (1732-1802), der ab 1774 populäre Kunstfeuerwerke in Wien abhielt. Seine Nachfahren waren bis 1879 im nahe gelegenen Prater als Feuerwerksveranstalter tätig. Lange Zeit war ein Teil des heutigen Stuwerviertels aufgrund seiner Nähe zur damals noch unregulierten Donau Augebiet. Erst nach Abschluss der Donauregulierung 1875 wurde eine geschlossene Rasterverbauung konzipiert. Davon ausgenommen blieb das Geviert zwischen Vorgartenstraße, Ennsgasse, Wohlmutstraße und Jungstraße, wo sich seit dem Ende des 19. Jahrhunderts ein Städtisches Palmenhaus und ein Reservegarten befanden. Dieses Grundstück wurde erst nach dem Zweiten Weltkrieg verbaut.
Die Architektur
Die Wohnhausanlage entstand während der Tätigkeit Roland Rainers als Wiener Stadtplaner auf dem Gelände des ehemaligen Reservegartens. Ihr architektonisches Konzept war ein vielbeachtetes Zeichen des Um- und Aufbruchs im Wiener sozialen Wohnbau. Die vier freistehenden, nach Süden orientierten Blöcke sind aus der geschlossenen Straßenverbauung herausgedreht. Jede Wohnung ist nach den gleichen Bedingungen angelegt: Die mit Wohnräumen ausgestatteten Loggien sind nach Süden orientiert, während die Sanitärräume und Schlafzimmer an der Nordseite liegen. Bemerkenswert ist auch die Einführung des "amerikanischen Grundrisses" durch Carl Auböck, wonach die Schlafräume mit Bad über einen Zwischenflur vom Wohnzimmer aus betreten werden. Das jeweils zurückversetzte und dunkler gestaltete Erdgeschoß lässt die vier hohen, schmalen, an ihren Kopfenden auf Stützen ruhenden "Schachteln" leicht und beinahe filigran erscheinen - ein Eindruck, der durch ihre Schrägstellung zur Straße unterstützt wird. In ihrer Gestaltung folgen sie im Gegensatz zu zeitgleichen Gemeindebauten den Prinzipien des Internationalen Stils.Die Nordfronten der beiden von Carl Auböck und Carl Rössler konzipierten Blöcke (Stg. 1-6) zeigen ein geschlossenes, von horizontalen Mauerbändern geprägtes Bild. Die dazwischen liegenden Reihen kleiner Fenster werden von den massiven, farblich abgehobenen Bauteilen der Stiegenhäuser durchbrochen, über denen Ausbauten für die im Gebäudeinneren verborgenen Aufzugstürme hochragen. Auch an den zur Gänze in Loggien aufgelösten Südseiten dominieren, hier aus den Loggienbrüstungen zusammengefügt, horizontale Bänder.Adolf Hoch durchschneidet die Nordfronten der von ihm geplanten Blöcke (Stg. 7-12) mit großzügig verglasten Aufzugsschächten und schafft so einen vertikalen Ausgleich zur Dominanz der horizontalen Mauerbänder. Die Loggienreihen an den Südseiten werden von drei Achsen kleiner Fenster durchbrochen, hinter denen sich Küchen verbergen. Im Gegensatz zu den nackt belassenen Schmalseiten der ersten beiden Blöcke lässt Hoch an seinen Häusern dramatisch dicht übereinander gestapelte Balkone vorragen.
... und die Kunst
Auf den Grünflächen zwischen den Blöcken befinden sich die von Oswald Stimm gestaltete Bronzeplastik "Begegnung" (1966) und die freistehende Mosaikwand "Der Flug. Der Flughafen" (1959-1963) des Künstlers Carl Unger.
Der Name
Die Vorgartenstraße hat ihren Namen seit 1903, weil die meisten der hier befindlichen Häuser gemäß der Wiener Bauordnung von 1893 einen kleinen Vorgarten haben.
Architekten
Adolf Hoch - Adolf Hoch (1910-1992) studierte bei Peter Behrens an der Akademie der bildenden Künste in Wien und arbeitete bis 1937 für das Atelier Peter Behrens - Alexander Popp. 1937 wurde Hoch freischaffender Architekt. Es folgten zahlreiche Preise wie 1946 der 1. Preis beim Karlsplatz-Wettbewerb oder 1948 die Goldmedaille bei der Winterolympiade für ein Schisprungstadion am Kobenzl. Zu seinen Hauptwerken zählen der Einsteinhof, die Internationale Kulturstätte im Hörndlwald (Josef-Afritsch-Heim), die Opernpassage sowie das Arbeitsunfallkrankenhaus Meidling (gemeinsam mit Wolfgang Bauer) und die Wohnhausanlage Vorgartenstraße (mit Carl Auböck und Carl Rössler).
Carl Rössler - Carl Rössler (1890-1984) studierte mit mehreren Unterbrechungen von 1910 bis 1937 Architektur an der Technischen Hochschule Wien, unter anderem bei Max Fabiani und Siegfried Theiß. Für die Gemeinde Wien entwarf Rössler unter anderem zusammen mit Oskar Payer die Wohnhausanlage Geiselbergstraße 16-24 in Wien 11 (1954-1956) und gemeinsam mit Carl Auböck und Adolf Hoch die viel beachtete Anlage Vorgartenstraße 159-164 in Wien 2 (1959-1962). Rössler war auch am Wiederaufbau des im Zweiten Weltkrieg schwer beschädigten Secessionsgebäudes in Wien 1 beteiligt.
Carl Auböck - Carl Auböck (1924-1993) studierte zunächst bis 1949 an der Technischen Hochschule Wien. Im Anschluss daran war er an der Akademie der bildenden Künste bei Lois Welzenbacher inskribiert und absolvierte ein Postgraduate Studium am Massachusetts Institute of Technology (USA). Erste Arbeiten beschäftigten sich mit in Massenproduktion hergestellten Wohnungseinrichtungen und mit der Vorfertigung von Einzelteilen für Einfamilienhäuser. Nach dieser Methode entstand die Musterhaussiedlung Veitingergasse 64 in Wien-Lainz (1953/54, zusammen mit Roland Rainer). Große Beachtung fand Auböck auch für seine Design-Entwürfe, die heute zum Teil als Klassiker gelten, wie etwa sein "Cocktail-Shaker". Ab 1977 war er Professor an der Hochschule für angewandte Kunst in Wien, wo er ab 1987 dem Institut für Produktgestaltung vorstand.