Eiselsberg Hof
Eiselsberg Hof
Bacherplatz 4, 1050 WienBaujahr: 1948-1950
Wohnungen: 167
Architekt: Otto Schönthal
Weitere Adressen
Siebenbrunnengasse 34-36, 1050 Wien
Wimmergasse 40-48, 1050 Wien
Wohnen in Wien
1945 waren rund 28 Prozent der Gebäude Wiens durch die Kriegshandlungen schwer beschädigt oder zerstört - im Hinblick auf den Wohnungsbau eine Phase, in der eine rasche Linderung der Wohnungsnot notwendig war. Infrastruktur fehlte völlig, das entsprechende Baumaterial ebenfalls. Die Stadtverwaltung beriet sich in einer "Enquete über den Wiederaufbau der Stadt Wien" und ab 1947 konnte die planmäßige Errichtung von Neubauten beginnen. Eine wichtige technische Errungenschaft, die aus Bauschutt Ziegel machte - die Vibro-Technik -, kam zum Einsatz. Mit dem Bau erster großer Wohnanlagen wie der Per-Albin-Hansson-Siedlung wurde Ende der 1940er-Jahre begonnen. Die 1948 mit dem Marshall-Plan durch die USA zugesicherte Wirtschafts- und Wiederaufbauhilfe war dringend nötig.
Geschichte
Der Bacherplatz, 1871 nach dem verstorbenen Gärtner und Armenrat Leopold Bacher benannt, der über etliche Grundstücke in der Gegend verfügte, wurde in den Jahren 1877-79 nach der systematischen Parzellierung durch Aussparen eines Häuserblocks zwischen Rampersdorffergasse und Spengergasse angelegt und als Park mit Kinderspielplatz und Sitzplätzen ausgestattet. Der Park war dreigeteilt, wobei der dritte Teil an den Schulgarten der 1883 eröffneten Bürgerschule an seiner Ostseite grenzte und von diesem durch eine Planke abgetrennt wurde. Er umfasste einen Sommerturnplatz und zwei getrennte Schulgärten für Buben und Mädchen. Dort wurden schon in den ersten Jahren des Bestehens der Schule landwirtschaftliche Kulturpflanzen angebaut.
Die Architektur
Die heute unter Denkmalschutz stehende, 1950 fertig gestellte Wohnhausanlage mit durchgrünter Hofbebauung, nimmt durch ihre Monumentalität - sie enthält insgesamt 15 Stiegen sowie einen im Hof integrierten Kindergarten - eine markante städtebauliche Position ein. Das Gebäude wird durch drei Straßenseiten begrenzt (Bacherplatz, Siebenbrunnengasse, Wimmergasse) und überbaut die Wimmergasse gleich zweifach. Dadurch entsteht ein sehr differenziertes, ineinander verschränktes Hofensemble, das trotz Größe der Wohnhausanlage eine wohnliche Atmosphäre zu vermitteln versteht. Obwohl die Fassaden schlicht und sachlich gestaltet sind, erhält die Wohnhausanlage durch die verschieden gestaffelten Baublöcke eine Auflockerung und bestimmte Dynamik. An der Siebenbrunnengasse ruht der Baukörper auf einer offenen Arkadengalerie, darüber wird der drei Achsen breite Mittelteil durch seitliche, vertikale Balkonreihen akzentuiert. Das Einfahrtstor am Bacherplatz wirkt dezent und erfährt lediglich durch einen Mittelrisalit eine gewisse Betonung. Als einziger Schmuck des Gebäudes findet man andersfarbige Putzbänder, die die einzelnen Stockwerke gesimsartig umarmen sowie an der Front zum Bacherplatz verschiedenartige Dekorelemente im Parapetbereich als Betonung der Risalite. Ansonsten wird im Hof sehr zurückhaltend agiert, selbst die Dachzonen fügen sich dezent in das Gesamtbild der Anlage ein. Mit dieser Gestaltungsweise folgt der Eiselsberg-Hof städtebaulich durchaus den Prinzipien der Gemeindebauten des Roten Wien der Zwischenkriegszeit.
... und die Kunst
Der Künstler Friedrich Dietmayer schuf 1950 ein Sgraffitowandbild, das den Eingang des im Hof des Eiselsberg-Hofs gelegenen Kindergartens ziert, und den Leitspruch "Licht, Freude und Geselligkeit für Dein Kind" trägt.
Der Name
Namensgeber des Eiselsberg Hofes ist der österreichische Chirurg Anton Freiherr von Eiselsberg (1860-1939), der Schüler und Assistent von Theodor Billroth war. Der Begründer der Wiener Chirurgenschule und der Neurochirurgie gründete gemeinsam mit von Hochenegg 1919 die Österreichische Krebsgesellschaft. Der Anton-von-Eiselsberg-Preis wird jedes Jahr von der Van Swieten Gesellschaft gemeinsam mit der Österreichischen Ärztekammer vergeben. 1932 wurde Eiselsberg zum Ehrenbürger der Stadt Wien ernannt. Auf der Mölkerbastei erinnert eine Gedenktafel an den berühmten Chirurgen, der in den Jahren 1903-1936 im Haus Mölkerbastei 5 gelebt hatte und bei einem Zugsunglück ums Leben kam.
Architekten
Otto Schönthal - Otto Schönthal (1878-1961) studierte an der Akademie der bildenden Künste Wien bei Otto Wagner. Bereits während seines Studiums entwarf er den Mozartbrunnen (gemeinsam mit Carl Wolleck) am Mozartplatz in Wien 4. Eines seiner prominentesten Bauwerke ist die Trabrennanlage Krieau im Wiener Prater. Von 1908 bis zu seiner Emigration nach Jugoslawien 1938 arbeitete Schönthal mit seinem Studienkollegen Emil Hoppe in einer Bürogemeinschaft. Nach Kriegsende kehrte Schönthal nach Wien zurück und beteiligte sich am Wiederaufbau. Von Otto Schönthal stammen u. a. die Wohnhausanlagen "Westermannhäuser" in der Dorotheergasse (zusammen mit Emil Hoppe und Marcel Kammerer) und "Sandleiten" im 16. Bezirk sowie der "Zürcherhof" in der Laxenburger Straße und den "Strindberg-Hof" in der Rinnböckstraße, die er beide gemeinsam mit Emil Hoppe kreierte.