Neusserplatz 1
Neusserplatz 1
Neusserplatz 1, 1150 WienBaujahr: 1926-1927
Wohnungen: 84
Architekt: Michael Rosenauer
Weitere Adressen
Koberweingasse 3, 1150 Wien
Matthias-Schönerer-Gasse 12, 1150 Wien
Wohnen in Wien
Nach dem Ende des Ersten Weltkrieges wurde die Sozialdemokratie bestimmende Kraft im Wiener Rathaus. 1922 wurde Wien ein selbstständiges Bundesland. Damit war auch der Grundstein für das "Rote Wien" gelegt. Neben Reformen im Gesundheits- und Bildungswesen wurde 1923 ein umfangreiches Bauprogramm gestartet, um für die Bevölkerung menschenwürdige Wohnungen zu schaffen - hell, trocken, mit Wasserleitung und WC ausgestattet, waren sie ein krasser Gegensatz zu den Bassena-Wohnungen in den Mietskasernen. Wesentlicher Teil der Anlagen waren Gemeinschaftseinrichtungen wie Bäder, Kindergärten, Waschküchen, Mütterberatungsstellen, Ambulatorien, Tuberkulosestellen, Turnhallen, Bibliotheken etc. Die Stadt Wien errichtete in der Zwischenkriegszeit 63.000 Wohnungen.
Geschichte
Hinter der Wohnhausanlage, in der Schanzstraße 14, liegt das Gebäude des ehemaligen Dorotheums Wien-Fünfhaus. Dieser fabrikähnlich anmutende Bau wurde ebenfalls von Michael Rosenauer zeitgleich mit der Wohnhausanlage am Neusserplatz errichtet und steht wie diese unter Denkmalschutz. Die Räumlichkeiten des Aktionshauses befinden sich heute in der Lugner-City.
Die Architektur
Die dem Neusserplatz zugewandte Hauptfassade des sechsgeschoßigen, äußerst monumental wirkenden Baus wird von einer horizontalen Zweiteilung bestimmt: Eine zwei Geschoße umfassende Sockelzone lässt das Gebäude nach unten/hinten schwer und behäbig erscheinen, während die Balkone über dem Sockel diesen Eindruck auflockern und ein bewegteres Bild ergeben. An den Seitenfassaden verstärkt sich dieser Eindruck der Bewegung durch Balkongruppen und Erker noch mehr. Eine derart reiche Ausstattung mit Balkonen - 38 liegen gassenseitig, 14 hofseitig, dazu kommt eine Terrasse - verdeutlicht die Bedeutung des "Urlaubs am Balkon" zu einer Zeit, da Fernreisen gerade für die Bewohner von Gemeindebauten unrealistisch waren. Die Architektur reagiert hier also direkt auf die Bedürfnisse ihrer Benützer - ein Aspekt, der den sozialen Wohnbau als solchen charakterisiert.
Der Name
Die Wohnhausanlage selbst hat keinen eigenen Namen. Der Neusserplatz wurde 1892 nach dem Arzt Univ.-Prof. Dr. Edmund Neusser (1852-1912), seit 1905 Edmund von Neusser, benannt. Er war Primararzt an der Rudolfstiftung in Wien und mit der Opernsängerin Paula Mark verheiratet. Neusser war selbst ein ausgezeichneter Pianist.
Architekten
Michael Rosenauer - Michael Rosenauer (1884-1971) schloss 1908 sein Studium der Architektur an der Technischen Hochschule Wien ab. Für die Gemeinde Wien errichtete er vier Wohnhausanlagen, bevor er 1928 nach London ging. Von dort aus begann seine internationale Karriere, die ihn unter anderem auch nach Paris und in die USA führte. Vor allem in London schuf er eine Reihe von Hotels und öffentlichen Bauten, wie etwa das Time Life Building (New Bond Street, London).