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Quarinhof

Fakten

Quarinhof

Quaringasse 16, 1100 Wien

Baujahr: 1924-1925

Wohnungen: 122

Architekt: Siegfried Theiß, Hans Jaksch

Weitere Adressen

Braunspergengasse 30-36, 1100 Wien

Zur Spinnerin 43-49, 1100 Wien

Wohnen in Wien

Nach dem Ende des Ersten Weltkrieges wurde die Sozialdemokratie bestimmende Kraft im Wiener Rathaus. 1922 wurde Wien ein selbstständiges Bundesland. Damit war auch der Grundstein für das "Rote Wien" gelegt. Neben Reformen im Gesundheits- und Bildungswesen wurde 1923 ein umfangreiches Bauprogramm gestartet, um für die Bevölkerung menschenwürdige Wohnungen zu schaffen - hell, trocken, mit Wasserleitung und WC ausgestattet, waren sie ein krasser Gegensatz zu den Bassena-Wohnungen in den Mietskasernen. Wesentlicher Teil der Anlagen waren Gemeinschaftseinrichtungen wie Bäder, Kindergärten, Waschküchen, Mütterberatungsstellen, Ambulatorien, Tuberkulosestellen, Turnhallen, Bibliotheken etc. Die Stadt Wien errichtete in der Zwischenkriegszeit 63.000 Wohnungen.

Geschichte

Auf dem Grundstück in der Quaringasse gegenüber einer öffentlichen Parkanlage stand ein 1904 errichtetes viergeschoßiges Wohnhaus. Dieses Privathaus wurde 1924/25 zugunsten von kostengünstigen und zweckmäßig ausgestatteten Wohnungen abgetragen. An seiner Stelle wurde der Quarinhof als eine dreiflügelige Anlage um einen Innenhof errichtet. Die ursprüngliche Planung enthielt neben Wohnungen, einer Geschäftszone und einem Kindergarten auch eine Zentralwäscherei, ein Tröpferlbad und eine Lehrwerkstätte. Im Innenhof war ein Brunnen geplant, der einen Teil des Hofes im Winter zu einem Eislaufplatz verwandeln konnte. Hier befindet sich eine Gedenktafel für den Kommunisten Anton Mayer, der 1943 von den Nazis hingerichtet wurde.

Die Architektur

Bereits ein Jahr nach dem Bau des ersten Gemeindebaus in Favoriten (Victor-Adler-Hof, Triester Straße 57 - 65) entstand der Qaurinhof, erbaut 1924, in einem zur Gründerzeit entstandenen, rasterartig angelegten Viertel. Die Architekten hatten für eine effiziente Ausnutzung der Fläche bei gleichzeitig modernem Wohnkomfort zu sorgen. Siegfried Theiss und Hans Jaksch entwickelten eine dreiseitige Blockrandverbauung um einen Innenhof, wobei der Lichteinfall durch eine Öffnung der Südfront dem Konzept vom "Gesunden Wohnen" Rechnung trug.

Die Häuser an der ansteigenden Quaringasse und der Braunspergengasse sind sechsgeschoßig mit Walmdächern. Zum Mittelteil hin sind die Bauhöhen abgetreppt, wodurch sich Terrassen ergeben. Markante, spitz auskragende, erkerartige Bauteile rhythmisieren die Fassade, die über Eck geführten Fenster mit dem hochwertigen Glasurziegeldekor vermitteln Festigkeit. An der Südseite, der eigentlichen Schaufront, ist der Block durch einen niedrigeren, eingeschoßigen Bauteil oberhalb der dreischiffigen Torhalle geöffnet, um den Sonneneinfall in den Hof nicht zu behindern. Hier im Obergeschoß, an der Fassade aufwändig mit programmatischen Reliefs im Stil der Wiener Werkstätten dekoriert, befindet sich der Kindergartensaal. Dieser Bauteil, der - gleich der hohen Sockelzone und den Geschäftslokalen - mit Sichtziegeldekor aus glasierten Klinkerziegeln verkleidet wurde, verbindet die Seitenflügel des Blockes, in dessen Zentrum die Kinder gesetzt sind, symbolisiert durch die vier keramischen Arbeiten von Ferdinand Opitz, die Mütter mit Kindern darstellen. Schmiedeeisernes Gitter bildet den horizontalen Abschluss des Torüberbaus. Besonderen Wert legten die Architekten auf künstlerisch gestaltete Baudetails, für die Otto Thiede (Brunnenfiguren - heute nicht mehr vorhanden), Othmar Schimkowitz (ornamentale Reliefs an den Fenstern der Gebäudekanten) und Fritz Zerritsch (Wandmalereien am Kindergarten) verantwortlich zeichneten.

... und die Kunst

Othmar Schimkowitz gestaltete mehrere, florale und abstrakte Motive darstellende, Reliefs aus dunkel gebranntem Ton, die an den Fensterpfeilern der Gebäudekanten angebracht sind. Von Ferdinand Opitz stammen die vier Frauengestalten an den Fensterpfeilern des Torüberbaus.

Gedenktafel im Innenhof für den Kommunisten Anton Mayer, der 1943 von den Nazis hingerichtet wurde.

Der Name

Die Quaringasse und der Quarinhof wurden benannt nach dem kaiserlichen Arzt Joseph Freiherr von Quarin (1733 - 1814). Quarin war von 1784 bis 1791 Oberdirektor des Allgemeinen Krankenhauses in Wien, das auf seine Initiative hin zu einem europäischen Musterspital ausgebaut wurde. Er hat sich als Gründer des ersten Wiener Findelhauses und als Vorkämpfer für Hygiene und Volksgesundheit große Verdienste erworben.

Architekten

Siegfried Theiß - Siegfried Theiß (1882-1963) studierte an der Technischen Hochschule Wien und an der Akademie der bildenden Künste, wo er die Meisterschule von Friedrich Ohmann besuchte. 1907 gründete er eine Bürogemeinschaft mit seinem Kollegen Johann Jaksch, die bis 1960 bestand. Das Büro Theiß & Jaksch errichtete zahlreiche Bauten in der gesamten Monarchie. Ihr prominentestes Bauwerk ist das "Hochhaus" in der Herrengasse 6-8 (Wien 1, 1930/31). Theiß selbst war maßgeblich an der Schaffung der Österreichischen Baunormung und der neuen Wiener Bauordnung beteiligt.

Hans Jaksch - Hans Jaksch (1879-1970) studierte von 1903 bis 1908 an der Technischen Hochschule Wien und besuchte 1907/08 die Meisterklasse von Friedrich Ohmann an der Akademie der bildenden Künste Wien. Nach dem Studium gründete Jaksch eine bis 1960 bestehende Arbeitsgemeinschaft mit Siegfried Theiß. Das Büro realisierte u. a. die 1976 eingestürzte Reichsbrücke, aber auch zahlreiche Fabriken, Krankenhäuser, Hotels und Wohnbauten.