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Zürcher-Hof

Fakten

Zürcher-Hof

Laxenburger Straße 49-57, 1100 Wien

Baujahr: 1928-1931

Wohnungen: 221

Architekt: Otto Schönthal, Emil Hoppe

Weitere Adressen

Columbusgasse 24-34, 1100 Wien

Gudrunstraße 145-149, 1100 Wien

Erlachgasse 100, 1100 Wien

Wohnen in Wien

Nach dem Ende des Ersten Weltkrieges wurde die Sozialdemokratie bestimmende Kraft im Wiener Rathaus. 1922 wurde Wien ein selbstständiges Bundesland. Damit war auch der Grundstein für das "Rote Wien" gelegt. Neben Reformen im Gesundheits- und Bildungswesen wurde 1923 ein umfangreiches Bauprogramm gestartet, um für die Bevölkerung menschenwürdige Wohnungen zu schaffen - hell, trocken, mit Wasserleitung und WC ausgestattet, waren sie ein krasser Gegensatz zu den Bassena-Wohnungen in den Mietskasernen. Wesentlicher Teil der Anlagen waren Gemeinschaftseinrichtungen wie Bäder, Kindergärten, Waschküchen, Mütterberatungsstellen, Ambulatorien, Tuberkulosestellen, Turnhallen, Bibliotheken etc. Die Stadt Wien errichtete in der Zwischenkriegszeit 63.000 Wohnungen.

Geschichte

Die heute unter Denkmalschutz stehende Wohnhausanlage wurde in den Jahren 1928 bis 1931 von Emil Hoppe und Otto Schönthal für ursprünglich 233 Wohneinheiten konzipiert. Das Haus war damals auch als "GÖC-Hof" bekannt, da hier 1905 das erste Warenhaus der "Großeinkaufsgesellschaft für österreichische Consumvereine" unter Benno Karpeles (Funktionär der "Vorwärts"), eingerichtet wurde. 1930 befanden sich bereits rund 20 Warenhäuser, darunter auch jenes der "Staatsangestellten-Fürsorge-Anstalt" (Stafa) in der Marhiahilfer Straße, im Eigentum der Gesellschaft. Der Zürcher Hof, benannt nach der Stadt Zürich als Dank für die Schweizer Hilfe nach dem Zweiten Weltkrieg, war aber auch Sitz eines Kino- bzw. Vortragssaales und anderer Gemeinschaftseinrichtungen in einer eigenen Geschäftszone, die zum Teil heute - wenngleich in anderer Form - weiter besteht (unter anderem "Gesundheits- und Sozialzentrum Favoriten" sowie "Fonds Soziales Wien"). 2006 wurde die Anlage umfangreich saniert.

Die Architektur

Der Zürcher Hof ist eine der eindrucksvollsten Wohnhausanlagen Favoritens, die in der Zeit des "roten Wohnbauprogramms" entstanden sind. Die sechsgeschoßige, elf Stiegen umfassende Anlage wurde als axialsymmetrische Blockrandbebauung um einen geräumigen Innenhof konzipiert, an der Laxenburger Straße wird diese durch einen monumentalen Torbau mit einem darüberliegenden keramischen "Fries der Arbeit" von Siegfried Charoux unterbrochen, sodass der Eindruck zwei solitärer Blocks entsteht, die sich jedoch durch die durchgängige Geschäftszone und den Sockel, in den der Torbau eingebunden ist, zu einer Einheit zusammenfügen. Die symmetrischen, breitgezogenen Balkongruppen mit geriffelter Bänderung unterstreichen diese Wirkung noch. Überhaupt wird die horizontale Gliederung der Straßen- und Hoffronten durch stark profilierte Gesimse und gemauerte Brüstungen der Balkone und Loggien besonders betont. Der geräumige Innenhof ist durch die Erschließungswege dreigeteilt; die 223 Wohnungen werden hofseitig durch die ebenso imposanten wie exponierten, über die Dächer gezogenen Stiegenhauskerne erschlossen, die der Anlage nicht zuletzt etwas Mächtiges und Bedrohliches verleihen.

... und die Kunst

Über dem mächtigen Torbau in der Laxenburger Straße befindet sich das von Siegfried Charoux stammende "Fries der Arbeit" (1930), auf dessen linker Seite sich die bäuerliche, auf der rechten die städtisch-proletarische Arbeitswelt abzeichnet. Charoux (1896 - 1967), der 1919 Bildhauerei studierte, aber auch unter dem Pseudonym "Chat roux" als Karikaturist für die Arbeiter-Zeitung tätig war, emigrierte 1935 nach England. Von Charoux stammt unter anderem auch das neue Lessing-Denkmal (1962 - 1965), das jedoch erst 1981 am Judenplatz aufgestellt wurde.

Der Name

Die Anlage wurde am 8. 7. 1949 als Dank für die umfassende Schweizer Hilfe nach dem Zweiten Weltkrieg nach der Stadt Zürich benannt.

Architekten

Otto Schönthal - Otto Schönthal (1878-1961) studierte an der Akademie der bildenden Künste Wien bei Otto Wagner. Bereits während seines Studiums entwarf er den Mozartbrunnen (gemeinsam mit Carl Wolleck) am Mozartplatz in Wien 4. Eines seiner prominentesten Bauwerke ist die Trabrennanlage Krieau im Wiener Prater. Von 1908 bis zu seiner Emigration nach Jugoslawien 1938 arbeitete Schönthal mit seinem Studienkollegen Emil Hoppe in einer Bürogemeinschaft. Nach Kriegsende kehrte Schönthal nach Wien zurück und beteiligte sich am Wiederaufbau. Von Otto Schönthal stammen u. a. die Wohnhausanlagen "Westermannhäuser" in der Dorotheergasse (zusammen mit Emil Hoppe und Marcel Kammerer) und "Sandleiten" im 16. Bezirk sowie der "Zürcherhof" in der Laxenburger Straße und den "Strindberg-Hof" in der Rinnböckstraße, die er beide gemeinsam mit Emil Hoppe kreierte.

Emil Hoppe - Emil Hoppe (1876-1957) studierte an der Akademie der bildenden Künste Wien bei Otto Wagner, in dessen Atelier er von 1902 bis 1909 beschäftigt war. 1909 gründete Hoppe eine Bürogemeinschaft mit Otto Schönthal, die bis 1938 bestand. Gemeinsam entwarfen sie eine Vielzahl von privaten und öffentlichen Bauten. Ihr bedeutendster Auftrag vor dem Ersten Weltkrieg war die Centralbank der Deutschen Sparkassen Am Hof 3-4 in Wien 1. In den 1920er-Jahren entwarfen sie mehrere Wohnhausanlagen für die Gemeinde Wien. Nach dem Zweiten Weltkrieg wirkten sie zusammen am Wiederaufbau mit. In diesen Jahren entstand auch der Eiselsberg-Hof in Wien 5.