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Vollbadgasse 5

Fakten

Vollbadgasse 5

Vollbadgasse 5, 1170 Wien

Baujahr: 1953-1957

Wohnungen: 184

Architekt: Fritz Judtmann, Anton Steflicek

Weitere Adressen

Dornbacher Straße 52A, 1170 Wien

Alszeile 95-101, 1170 Wien

Wohnen in Wien

In den 1950er-Jahren ging es vor allem darum, Zerstörtes wieder aufzubauen und viele neue Wohnungen zu errichten. In den kommunalen Wohnbauten dieser Zeit finden sich die ersten Ansätze der sich später durchsetzenden Zeilenbauweise, die bis heute die großen Vorstadtsiedlungen prägt. Die Wohnbauten wurden größer, höher und waren verstärkt in Blockform gestaltet. Das Flachdach setzte sich durch. Alle neu gebauten Wohnungen waren mit Badezimmern und WC ausgestattet und die Mindestgröße wurde von 42 auf 55 Quadratmeter angehoben.

Geschichte

Nach dem Zweiten Weltkrieg verkaufte das Stift St. Peter in Salzburg zahlreiche seiner Gründe in Dornbach und Neuwaldegg. Eine rege Bautätigkeit setzte ein. Vor allem die Gemeinde Wien erwarb Grundstücke. Auf dem Gebiet der heutigen Wohnanlage befand sich ein großer verwilderter Garten mit einer Villa. Dieser schloss an den Pfarrhof der Pfarrkirche in der Dornbacher Straße an. Die Baubewilligung für die heutige Wohnanlage wurde 1953 erteilt. Eine Anlage mit 14 Stiegen war bis 1954 fertiggestellt. Noch im gleichen Jahr wurde eine Erweiterung um einen Block, die Stiege 15, eingeleitet. 1957 war die Anlage in ihrer heutigen Form bezugsfertig. Zahlreiche Umbauten verbesserten die Wohnqualität kontinuierlich.

Die Architektur

Die Anlage beherbergt 15 Stiegen, welche teilweise in gekuppelter Bauweise ausgeführt und jeweils etwas versetzt sind. Insgesamt besteht der Komplex aus 6 frei stehenden Trakten. Vier der langgestreckten Blöcke verlaufen nebeneinander im rechten Winkel zur Alszeile, sind jedoch nicht ganz parallel, sodass die zwischen den Wohnzeilen liegenden Zugangswege nach Süden hin breiter werden. Der Trakt, der die Stiege 15 beherbergt, wurde nachträglich zugebaut. Im Inneren der Anlage befindet sich ein weiterer Block. Die Fassaden sind schlicht. An den Südseiten strukturiert eine Achse mit französischen Fenstern die sonst schmucklose Wand, im Osten sind die Eingangsbereiche durch schmale Risalite hervorgehoben, die über das Hauptgesims ragen und in niedrige Dachaufbauten übergehen. An der Westseite der Fassaden hingegen sind in Umkehrung zur Ostansicht nicht die Eingänge hervorgehoben, sondern es werden - ähnlich traditionellen Mittel- und Seitenrisaliten - durch Putznuten begrenzte Fassadenteile betont. Diese risalitähnlichen Zonen sind nach oben durch eigene Gesimse abgeschlossen. Die Eingangsbereiche stehen in Verbindung mit darüber liegenden Mansardedächern. Es entsteht der Eindruck von Mehrschichtigkeit. Schlichte Formensprache, hoher Wohnkomfort und die funktional zonierte, öffentliche Grünanlage sowie die Zeilenform der Wohnblöcke sind wesentliche Merkmale dieses architektonischen Entwurfs. Eine für die 1950er-Jahre typische Form der Bebauung wurde hier verwirklicht. Die Voraussetzung der Verfügbarkeit einer großen unbebauten Fläche ermöglichte eine offene Bauweise, wie sie bereits in den 20er-Jahren in Deutschland Anwendung fand und 1933 in der "Charta von Athen" als ein anzustrebendes Modell propagiert wurde.

... und die Kunst

An den Stirnseiten der Wohnblöcke zur Alszeile hin sind die Sgraffitowandbilder "Frühling" von Franz Deed, "Sommer" von Wilhelm Kaufmann, "Herbst" von Alfred Mieses und "Winter" von Günther Baszel zu sehen. Die Naturdarstellungen entstanden zwischen 1953 und 1954. In der Grünanlage zwischen den Wohnblöcken befindet sich eine Plastik aus Eisenzement: "Hirsch" von Elisabeth Turolt. Frei stehende Tierplastiken sind ein beliebtes Motiv in den Wohnanlagen der Gemeinde Wien und markieren oft Plätze als Ruhezonen und Erholungsgebiete.

Der Name

Die "Vollbadgasse" wurde 1894 nach dem 1861 errichteten Vollbad benannt. Dieses war eines der ersten Wiener Vollbäder mit Badewannen, welches bis 1920 in Betrieb war. Das "Vollbad" befand sich an der Stelle der ehemaligen Dobes-Schuhpastafabrik, auf dem heute ein Kinderspielplatz untergebracht wurde. Zuvor hieß die Gasse "Badgasse".

Architekten

Fritz Judtmann - Fritz Judtmann (1899-1968) studierte von 1918 bis 1922 an der TH Wien, wo er 1928 promovierte. Zusammen mit Egon Riss errichtete er für das Rote Wien unter anderem die Wohnhausanlage Diehlgasse 20-26 in Wien 5 (1928) und den TBC-Pavillon im Lainzer Krankenhaus (1929-1931). Nach dem Zweiten Weltkrieg entstand unter anderem die Wohnhausanlage Lindengasse 57 in Wien 7 (1966-1968) nach seinen Plänen.

Anton Steflicek - Anton Steflicek (1909-1988) studierte ab 1931 Architektur an der Akademie der bildenden Künste Wien bei Clemens Holzmeister. Für die Gemeinde Wien entwarf er gemeinsam mit Fritz Judtmann unter anderem den Hans-Binder-Hof in Wien 7 (Lindengasse 61, 1962-1964) und die Wohnhausanlage Vollbadgasse 3-5 in Wien 17 (1953-1957). Nach den Plänen von A. Steflicek erfolgte auch der Wiederaufbau der 1944 durch Bomben schwer beschädigten Antoniuskirche am Antonsplatz in Wien 10.