Hernalser Hauptstraße 100
Hernalser Hauptstraße 100
Hernalser Hauptstraße 100, 1170 WienBaujahr: 1966-1967
Wohnungen: 47
Architekt: Josef Krawina
Wohnen in Wien
In den 1960er-Jahren nahm der Wohnbau in Wien bis hin zum Wohnungsbauboom der 1970er-Jahre kontinuierlich zu. Die Grundlage dafür bildeten 1961 ein städtebauliches Konzept und ein Generalverkehrsplan von Roland Rainer. Der geplante U-Bahn-Bau sowie die Erschließung bisheriger Randgebiete nördlich der Donau förderten diese Entwicklung. Besonders am südlichen und östlichen Stadtrand gab es Grundstücke zu günstigen Preisen, auf denen neue große Wohnviertel geschaffen wurden. Die neue Fertigteilbauweise mit vorgefertigten Betonelementen erlaubte es, in kurzer Zeit ganze Stadtteile neu zu errichten.
Geschichte
Das gesamte Areal, auf dem sich heute die Wohnanlage befindet, gehörte ehemals Stefan Leopold von Rosenstein, nach dem die Rosensteingasse benannt ist. 1823 verpachtete dieser seinen Besitz gegen die Erhaltung seiner Grabstätte und ein geringes Entgelt für 50 Jahre zugunsten der finanziell armen Bevölkerung von Hernals. In Folge wurden ein Armenhaus, ein Cholera-Notspital, eine Schule und andere Einrichtungen der Wiener Armengeldstelle auf dem Grundstück untergebracht. Nachdem sich die Gemeinde Wien Ende der 1940er-Jahre zum Bau der Wohnanlage in der Hernalser Hauptstraße 98 entschieden hatte, wurden sämtliche Einrichtungen abgerissen. Lediglich die Schule, welche sich auf dem Baugrund der heutigen Stiegen mit Adresse Hernalser Hauptstraße 100 befand, blieb bis in die 1960er-Jahre erhalten (heute in die Rosensteinschule verlegt). Schließlich wurde auch sie abgerissen und durch den Neubau in der Hernalser Hauptstraße 100 ersetzt. Die drei zusätzlichen Stiegenhäuser wurden der älteren Wohnanlage angegliedert. Von dem alten Areal zeugen heute noch die großzügig angelegte Gartenanlage sowie die darin befindliche, schlecht erhaltene Grabstätte des Stefan Leopold von Rosenstein.
Die Architektur
Der Eckbau an der Hernalser Hauptstraße zur Rosensteingasse schließt architektonisch durch seine nach außen blockhaft geschlossene Bauweise an die angrenzende ältere Anlage in der Hernalser Hauptstraße 98 und Rosensteingasse 48 an. Über dem geringfügig zurückversetzten Sockelgeschoß mit umfassender Geschäftszone erheben sich die fünf Hauptwohngeschoße und das Dachgeschoß. Die Fassade ist kaum aufgelockert. Lediglich an der Eckkante wird die Strenge des Baus durch einen Rücksprung etwas gemildert. Farblich dunklere Bänder an der ganzen Außenfassade fassen jeweils zwei oder drei Fenster optisch zusammen. Das durchgängige Hauptgesims ist schlicht und an die Gesimshöhe der benachbarten Wohnanlage angepasst. Das Haus beherbergt drei Stiegen, welche über die gemeinsam genutzte, parkähnliche Grünanlage betreten werden können. Der straßenseitige Mitteltrakt und die beiden in die Grünanlage ragenden Seitentrakte bilden eine U-Form. An der Gartenseite ist die Fassade des Mitteltraktes durch Einbeziehung des Dachgeschoßes erhöht. Dieser Umstand sowie der Einsatz von Materialien wie Glas und Keramik an der Innenfassade schaffen eine Atmosphäre, die man der nach außen kantigen, harten Verbauung nicht ansehen mag. Der schlichten Gestaltung bleibt der Architekt, wohl mit Rücksicht auf den zugehörigen Altbau, dennoch treu. Es gelingt hier ein Zubau mit eigenständigem Charakter.
... und die Kunst
An der Hofseite des Gebäudes ist das dreiteilige Mosaikfries "Abstrakte Komposition" von Walter Eckert angebracht. Es erstreckt sich in Streifenform senkrecht über die gesamte Höhe der Fassade.
Der Name
Die Hernalser Hauptstraße erhielt ihren Namen 1894 zur Wahrung des Vorstadtnamens Hernals. Zuvor hieß die Straße schlicht "Hauptgasse". Da im Rahmen der Gürtelregulierung die innerhalb des Gürtels gelegenen Häuser an diesem Straßenzug der Kinderspitalgasse im 9. Bezirk zugerechnet wurden, beginnt die Hernalser Hauptstraße heute mit den Hausnummern 5 bzw. 12.
Architekten
Josef Krawina - Josef Krawina (geb. 1928) schloss 1955 sein Studium an der Technischen Universität Wien ab. Fünf Jahre später gründete er sein eigenes Atelier in Wien, 1983-1996 hatte er den Lehrstuhl für Entwerfen, Baukonstruktion und Baupraxis an der Technischen Universität Berlin inne. Er gestaltete das Karl-Renner-Denkmal an der Wiener Ringstraße (Porträtkopf von Alfred Hrdlicka) und zeichnet für die Architektur des berühmten Hundertwasserhauses (Wien 3) verantwortlich. Für das Wohnbauprogramm der Stadt Wien entwarf er gemeinsam mit Günther Oberhofer eine Anlage in der Haberlgasse 86 (1973-75, Wien 16).