Elterleinplatz 9-12
Elterleinplatz 9-12
Elterleinplatz 9-12, 1170 WienBaujahr: 1984-1986
Wohnungen: 111
Architekt: Werner Höfer, Erwin Christoph, Harry Glück, Tadeusz Spychala
Weitere Adressen
Hormayrgasse 2, 1170 Wien
Rötzergasse 21-23, 1170 Wien
Wohnen in Wien
Ab den 1980er-Jahren bestimmte ein neuer Stadtentwicklungsplan die Wohnhaussanierung. Der 1984 gegründete Wiener Bodenbereitstellungs- und Stadterneuerungsfonds und das Wohnhaussanierungsgesetz 1985 ergänzten die optimalen Voraussetzungen für eine sanfte Stadterneuerung. 36 Prozent der Sanierungsgelder flossen in Gemeindebauten, sodass die berühmtesten Gemeindebauten aus der Zwischenkriegszeit saniert werden konnten, wie z. B. der Karl-Marx-Hof, der George-Washington-Hof oder der Rabenhof. Für Neubauten wurde durch Wettbewerbe eine qualitativ hochwertige und individuelle Architektur sichergestellt, wie das Beispiel Hundertwasserhaus zeigt.
Geschichte
Zur Jahrhundertwende standen an der Stelle des heutigen Baus einstöckige Häuser, ein Wein- und Bierhaus sowie Pferdeställe. Der Alsbach war damals noch nicht eingewölbt, eine Brücke führte vor dem heutigen Bezirkszentrum über den Bach. Die Gegend wurde auch "Ratzenstadl" genannt. Um 1900 gab es bereits einige mehrstöckige Gebäude, das alte Amtshaus war 1883 von Johann Gschwandtner errichtet worden. Von den 1960er- bis zu den 1980er-Jahren wurden die alten Häuser nach und nach abgerissen. 1984 wurde schließlich mit dem Bau des Bezirkszentrums Hernals und der Errichtung der umliegenden Wohneinheiten begonnen. Der Komplex wurde an erhaltene Teile des Magistratischen Bezirksamts an der Ecke zur Kalvarienbergasse angebaut. Die multifunktionale Anlage beherbergt neben Wohnstiegen das Einkaufszentrum Hernals, das Amtshaus, eine VHS, eine Musikschule, das Bezirksgericht sowie einige gemeinnützige Einrichtungen.
Die Architektur
Der Gebäudekomplex erstreckt sich auf einem annähernd rechteckigen Grundstück zwischen Elterleinplatz, Hormayrgasse, Rötzergasse und Kalvarienbergasse. Sechs Wohnstiegen sowie zahlreiche Geschäfte und Institutionen sind in der Anlage untergebracht. Diese ist ringförmig aufgebaut, lediglich im Bereich des Erdgeschoßes wird für das Einkaufszentrum fast die gesamte Grundfläche genutzt. In der Mitte des Einkaufszentrums, wo die drei Passagen zusammenlaufen, kann man durch ein Glasdach den darüberliegenden Freiraum erblicken. Der nach allen Seiten geschlossene Bau wirkt zu den Straßen hin wie eine Festung. Turmähnlich ragen Bauteile bei den Stiegenzugängen weit über das Hauptgesims hinaus und werden oberhalb des Dachfirstes durch Satteldächer abgeschlossen. Sie gliedern die Fassade in überschaubare Einheiten. Eine für die 1980er-Jahre typische Formenvielfalt unterstreicht die Mehrschichtigkeit der mit Erkern, Balkonen und Loggiengruppen versehenen, abgestuften Fassade. Bullaugenfenster durchziehen in Reihen die massiv gestaltete Sockelzone. Geometrisierende Umrandungen der äußerst abwechslungsreich gestalteten Fenster und Türen in dunklem Rotbraun fragilisieren den gesamten Komplex. Die insgesamt wuchtige architektonische Gestaltung lässt unschwer erkennen, dass es sich hierbei um das Zentrum des Bezirks handelt.
... und die Kunst
Im Bereich des Einkaufszentrums befinden sich die Metallplastik "Männlicher Torso" von Oskar Bottoli sowie eine Mädchenfigur von Annemarie Avramidis (1985/86). Ein in den Bau eingebundenes Mosaik ziert die Decke unterhalb des verglasten Mittelbereichs der Passage. Auf dem Elterleinplatz vor dem Gebäudekomplex steht der bekannte Alszauberbrunnen, der 1932 errichtet wurde.
Der Name
Der Elterleinplatz wurde 1882 nach Johann Georg Elterlein (1806-1882) benannt. Dieser führte nach seiner Übersiedlung von Bayern nach Wien zunächst eine renommierte Gaststätte in der Rotenturmstraße im 1. Bezirk, bevor er eine äußerst beliebte Unterhaltungsstätte der Wiener - "Ungers Casino" - erwarb. Dieses hieß fortan bis zu seinem Abbruch "Elterlein Casino". 1864 wurde Johann Georg Elterlein in den Gemeinderat gewählt. Als Bürgermeister von Hernals war er für die Einwölbung des Alsbaches verantwortlich.
Architekten
Werner Höfer - Werner Höfer wurde 1941 in Salzburg geboren. Er lebt und arbeitet in Wien. Nach seinem Studium an der Akademie der Bildenden Künste in Wien bei Prof. Roland Rainer arbeitete er im Planungsstab von Harry Glück an mehreren Großprojekten der GESIBA in Wien mit. Nach seiner Ziviltechnikerprüfung war er selbstständig sowie auch in Arbeitsgemeinschaften tätig. Er plante unter anderem den Wohnbau in der Speckbachergasse 23 (16. Bezirk; 1983-1987), das Wohnhaus in der Blumengasse 10 (17. Bezirk; 1986), das Wohnhaus in der Albertgasse 2 (8. Bezirk; 1988), das Wohnhaus in der Klebindergasse 6-8 (11. Bezirk; 1997), das Bezirkszentrum Hernals, Elterleinplatz 9-12 (17. Bezirk; 1984-1986), und das Wohnhaus in der Koballikgasse 4-10 in Wien 23 (1999). Werner Höfer verfasste auch zahlreiche Schriften und Kunstbetrachtungen.
Erwin Christoph - Erwin Christoph (1925-1987) studierte bis 1953 an der Technischen Hochschule in Wien. Als Architekt plante er sowohl alleine als auch in zahlreichen Arbeitsgemeinschaften mehrere Wohnhausanlagen in Wien, so z.B. das Wohnhaus in der Heiligenstädter Straße 11 (19. Bezirk), das Wohnhaus in der Loeschenkohlgasse 4 (15. Bezirk), ein Haus in der Pyrkergasse 18 (19. Bezirk) und das Bezirkszentrum Hernals, Elterleinplatz 9-12, in Wien 17 (1984-1986). Aufgrund seiner enormen Wettbewerbserfolge wurde Erwin Christoph auch die Planungs- und Bauleitung für die neue Abfertigungshalle und das Betriebsgebäude des Flughafens Salzburg übertragen.
Harry Glück - Harry Glück wurde 1925 in Wien geboren. Nach einer Ausbildung und entsprechender Berufserfahrung als Bühnenbildner in Österreich, Deutschland und der Schweiz studierte er Architektur an der Technischen Hochschule in Wien, wo er 1960 sein Studium abschloss. Ab 1966 führte er eine Bürogemeinschaft mit Werner Höfer und Carl Auböck; ab 1975 arbeitete er mit Tadeusz Spychala, Rudolf Neyer und anderen zusammen. Er verfasste zahlreiche Publikationen zu seinem Arbeitsschwerpunkt, dem sozialen Wohnbau. In Wien plante er unter anderem den Neubau des Franz-Josefs-Bahnhofs, das Wohnhaus in der Angeligasse (10. Bezirk; 1969-1971), die Wohnhausanlage in der Heiligenstädter Straße 131-135 (19. Bezirk; 1971-1974), die Wohnhausanlage in der Magdeburgstraße (22. Bezirk; 1973-1975), den Wohnbau in der Hadikgasse 128-134 (14. Bezirk; 1974-1977), die Wohnhausanlage "Marco-Polo-Gründe" (21. Bezirk; 1974-1979) und das Bezirkszentrum am Elterleinplatz 9-12 in Wien 17 (1984-1986).
Tadeusz Spychala - Der in Polen geborene Architekt Tadeusz Spychala (1933-2003) studierte von 1951 bis 1957 an der Technischen Hochschule in Krakau. Nach seiner Übersiedelung nach Wien war er zunächst von 1964 bis 1971 im Atelier von Karl Schwanzer tätig und von 1971 bis 1988 Partner im Architekturbüro von Harry Glück, bevor er 1989 sein eigenes Büro gründete. Neben Wohnbauten zählten vor allem Bürobauten und Hotels zu seinen Schaffensschwerpunkten, die er in Wien und Warschau ausführte. Nach seinen Plänen wurden unter anderem in Warschau das Hotel Intercontinental und das Hotel Holiday Inn errichtet, in Wien war er an den Plänen zum Hotel Marriott (Wien 1, mit Harry Glück und Peter Czernin) und zum Rechenzentrum der Stadt Wien (Wien 8, mit Harry Glück) beteiligt.