Dr.-Franz-Klein-Hof
Dr.-Franz-Klein-Hof
Herbortgasse 22-24, 1110 WienBaujahr: 1924-1925
Wohnungen: 223
Architekt: Karl Alois Krist
Weitere Adressen
Herderplatz 6, 1110 Wien
Grillgasse 40, 1110 Wien
Am Kanal 71, 1110 Wien
Wohnen in Wien
Nach dem Ende des Ersten Weltkrieges wurde die Sozialdemokratie bestimmende Kraft im Wiener Rathaus. 1922 wurde Wien ein selbstständiges Bundesland. Damit war auch der Grundstein für das "Rote Wien" gelegt. Neben Reformen im Gesundheits- und Bildungswesen wurde 1923 ein umfangreiches Bauprogramm gestartet, um für die Bevölkerung menschenwürdige Wohnungen zu schaffen - hell, trocken, mit Wasserleitung und WC ausgestattet, waren sie ein krasser Gegensatz zu den Bassena-Wohnungen in den Mietskasernen. Wesentlicher Teil der Anlagen waren Gemeinschaftseinrichtungen wie Bäder, Kindergärten, Waschküchen, Mütterberatungsstellen, Ambulatorien, Tuberkulosestellen, Turnhallen, Bibliotheken etc. Die Stadt Wien errichtete in der Zwischenkriegszeit 63.000 Wohnungen.
Geschichte
Während des Ersten Weltkriegs bis in die 1920er-Jahre waren auf dem Gelände des heutigen Herderparks Kleingärten angelegt. Kurz nach 1920 begann die großzügige Randverbauung mit Wohnhausanlagen der Gemeinde Wien. Insgesamt sechs kommunale Wohnbauten entstanden rund um das Gelände, darunter auch der Dr.-Franz-Klein-Hof. Das Areal wurde nach Entwürfen des Gartenarchitekten Fritz Kratochwjle zu einer Parkanlage mit integriertem Kinderfreibad, einem der letzten noch original erhaltenen Kinderfreibäder aus dieser Zeit, umgestaltet; die Eröffnung erfolgte am 4. Mai 1930. Eine Gedenktafel am Bau erinnert an Franz Mayer und Johann Zabinsky, die während der Februarkämpfe 1934 in unmittelbarer Nähe in der Grillgasse ums Leben kamen.
Die Architektur
Die Wohnhausanlage umschließt das unregelmäßige Grundstück zwischen Herderplatz, Grillgasse, Herbortgasse und der Straße Am Kanal. Die Ansicht zur Herbortgasse wird von einem massiven Dreiecksgiebel dominiert, unter dem sich der monumentale, spitzbogig ausgeschnittene Durchgang zum Innenhof befindet. Betont wird der Eingangsbereich durch einen flachen, ebenfalls spitz verdachten Erker, der - im Zusammenspiel mit kleinen Blattornamenten und Gesimsen - die strenge Form etwas auflockert.Während links ein zurückversetzter Gebäudeteil zur Grillgasse überleitet, wird rechts zum Herderplatz ein Block weit vorgezogen. Dadurch entsteht eine Art Ehrenhof. Der vorspringende Gebäudeteil ist im Erdgeschoß als spitzbogiger Arkadengang gestaltet, der seine Fortsetzung in den spitzbogigen Fenstern des Erdgeschoßes zum Herderplatz findet. Der Form des Herderplatzes folgend, ist das Gebäude hier zweimal vorgestuft und wiederum von einem massiven Dreiecksgiebel geprägt. Spitzerker beleben die mehrmals geknickte Front zum Kanal, wo sich auch ein weiterer Durchgang zum Innenhof befindet.Im Erdgeschoß zur Grillgasse sind zum Teil Geschäftslokale untergebracht. Der durch den Geländeanstieg verursachte Sprung in der Gebäudehöhe wird durch einen spitz verdachten Baukörper überbrückt, der durch zwei Erker risalitartig vom restlichen Gebäude abgesetzt ist. Ein kleiner, vier Geschoße umfassender Trakt, in dem früher ein Kinderhort untergebracht war, reicht in den parkähnlich auf unterschiedlichem Niveau angelegen Hof. Er ist durch einen eingeschoßigen Riegel der ursprünglich in spitzbogigen Arkaden aufgelöst war und als Terrasse diente, mit der massiven Außenverbauung verbunden.
... und die Kunst
Die beiden auf Konsolen sitzenden Kinderfiguren an der Fassade des ehemaligen Kinderhortes im Hof stammen von Siegfried Bauer. Das Medaillon zum Gedenken an den Namensgeber der Wohnhausanlage, Dr. Franz Klein, wurde von Wilhelm Fraß gestaltet (1932).
Der Name
Benannt ist die Wohnhausanlage nach dem Verfasser der Zivilrechtsordnung (1898), Dr. Franz Klein (1854-1926). Er gilt auch als Reformer des Jugendschutzes und als Erneuerer des Handelsrechts. Von 1906 bis 1908 sowie 1916 war er Justizminister. Als Staatsekretär des Auswärtigen Amtes war er 1919 Mitglied der österreichischen Delegation bei den Friedensverhandlungen in Saint Germain (Frankreich).
Architekten
Karl Alois Krist - Karl Alois Krist (1883-1941) trat nach dem Studium an der Technischen Hochschule Wien sowie an der Akademie der bildenden Künste in den Dienst der Stadt Wien ein, für die er ab 1922 zahlreiche Wohnhaussiedlungen realisierte, darunter den George-Washington-Hof (Wien 10; 1927-1930; zusammen mit Robert Oerley), den Anton-Schrammel-Hof (Wien 11; 1925), den Dr.-Franz-Klein-Hof ( Wien 11; 1924) und den so genannten Liebknechthof (Wien 12; 1926/27). Neben seiner Tätigkeit für die Stadt Wien unterhielt er auch ein privates Atelier als Zivilarchitekt.