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Rudolf-Sigmund-Hof

Fakten

Rudolf-Sigmund-Hof

Gersthofer Straße 75-77, 1180 Wien

Baujahr: 1930-1931

Wohnungen: 273

Architekt: Wilhelm Schön, Karl Schön

Weitere Adressen

Höhnegasse 6, 1180 Wien

Hockegasse 2, 1180 Wien

Hockegasse 1-7, 1180 Wien

Alsegger Straße 46-48, 1180 Wien

Wohnen in Wien

Nach dem Ende des Ersten Weltkrieges wurde die Sozialdemokratie bestimmende Kraft im Wiener Rathaus. 1922 wurde Wien ein selbstständiges Bundesland. Damit war auch der Grundstein für das "Rote Wien" gelegt. Neben Reformen im Gesundheits- und Bildungswesen wurde 1923 ein umfangreiches Bauprogramm gestartet, um für die Bevölkerung menschenwürdige Wohnungen zu schaffen - hell, trocken, mit Wasserleitung und WC ausgestattet, waren sie ein krasser Gegensatz zu den Bassena-Wohnungen in den Mietskasernen. Wesentlicher Teil der Anlagen waren Gemeinschaftseinrichtungen wie Bäder, Kindergärten, Waschküchen, Mütterberatungsstellen, Ambulatorien, Tuberkulosestellen, Turnhallen, Bibliotheken etc. Die Stadt Wien errichtete in der Zwischenkriegszeit 63.000 Wohnungen.

Geschichte

Im Originalplan war an der Spitze des Bauwerks Richtung Pötzleinsdorf ein Versammlungssaal vorgesehen, welcher heute das Lokal der SPÖ-Pensionisten beherbergt. Diese Anlage sah bei ihrer Errichtung eine außergewöhnlich große Anzahl von Einzelzimmern ("Ledigenwohnungen") vor, wohl deshalb kam es seit den 1960er-Jahren hier zu zahlreichen Wohnungszusammenlegungen. Das Gebäude steht unter Denkmalschutz.

Die Architektur

Zwei Parzellen, davon die kleinere mit einer sehr ungünstigen Form, wurden durch die Überbauung der Hockegasse zu einer größeren Anlage verbunden, deren von der Gersthofer Straße aus linker Trakt einen nahezu rechteckigen Gartenhof durch Randverbauung umschließt, während der rechte, kleinere Teil auf dreieckigem Grundriss zur Hockegasse hin als Straßenhof geöffnet ist. An der Ecke zur Gersthofer Straße findet sich ein geknickter, turmartiger Bau mit ausladenden Balkonen, welcher im Erdgeschoß Geschäfte aufweist, darüber drei Wohngeschoße, und im Dachboden Ateliers mit großen Fenstern. Die Stiegenhausfenster sind erkerartig ausgebildet und im Vergleich zu den anderen Fenstern stark vergrößert. Die Geschoßanzahl der Trakte variiert mehrfach wegen des abschüssigen Geländes, jedoch liegt die Dachlinie des "Turmes", der an der tiefsten Stelle des Baues steht, ebenso so hoch wie diejenige der wesentlich niedrigeren Teile, die höher gelegen sind.

... und die Kunst

Im Gartenhof steht ein Zierbrunnen "Rehkitz mit Mutter" von Rudolf Schmidt.

Der Name

Der Hof wurde im Zuge der Sanierung Ende 2007 nach dem sozialdemokratischen Kommunalpolitiker Rudolf Sigmund benannt.

Prominente Bewohner

Der Maler Anton Velim hatte hier in den 1930er-Jahren sein Atelier. Damals lebte hier auch der Historiker Reinhold Lorenz. Bis zu seinem Tod am 28. Dezember 1933 wohnte auf Stiege 1 Dr. Ludwig Maier, Vorsitzender der österreichischen Postgewerkschaft, der hier auch sein Büro als Generalsekretär des Dachverbands der internationalen PTT-Bediensteten hatte. 1938 wurden die Witwe, die Schwiegermutter und die beiden Töchter als "nicht-arische" Mieterinnen gekündigt. Die ältere Tochter Ruth fand zuerst Zuflucht in Norwegen, wurde aber am 1.12.1942 in Auschwitz ermordet. Tagebücher und Briefe Ruth Maiers sind seit 2014 Teil des Weltdokumentenerbes ('Memory of the World').

Architekten

Wilhelm Schön - Wilhelm Schön (1880-1946) studierte von 1913 bis 1915 an der Akademie der bildenden Künste Wien bei Josef Bauer. Zusammen mit seinem Bruder Karl Schön arbeitete er vor dem Ersten Weltkrieg sehr erfolgreich an Wohn-, Geschäfts- und Kaufhäusern in ganz Wien. Das Mietshaus Albertgasse 10 in Wien 8 ist als selbständige Arbeit von ihm gesichert. In Wien entwarf er zuletzt mit seinem Bruder die kommunalen Wohnanlagen in der Wattgasse 88 (XVII. Bezirk, 1928) und in der Gersthofer Straße 75-77 (XVIII. Bezirk, 1930/31).

Karl Schön - Karl Schön (1875-1955) besuchte zunächst die Staatsgewerbeschule in Brünn und im Anschluss daran vermutlich die private "Loos-Schule". Genaueres über seine Ausbildung ist allerdings nicht bekannt. Ab 1906 war Karl Schön in Wien tätig, wo er mit seinem Bruder Wilhelm Schön eine Bürogemeinschaft einging. Aus dieser Zusammenarbeit entstanden in ganz Wien zahlreiche dem Jugendstil verpflichtete Wohn-, Geschäfts- und Kaufhäuser. Während des Ersten Weltkrieges musste das Büro jedoch wegen mangelnder Aufträge geschlossen werden. In den folgenden Jahren entstanden in Wien nur noch die beiden kommunalen Wohnanlagen in der Wattgasse 88 (Wien 17, 1928) und in der Gersthofer Straße 75-77, (Wien 18, 1930/31).