Ella-Briggs-Hof
Ella-Briggs-Hof
Philippovichgasse 6-10, 1190 WienBaujahr: 1938-1940
Wohnungen: 43
Architekt: Johann (Hans) Stöhr
Weitere Adressen
Lißbauergasse 1, 1190 Wien
Franz-Klein-Gasse 2, 1190 Wien
Lißbauergasse 1, 1190 Wien
Wohnen in Wien
1938 wurde der Nationalsozialist Hermann Neubacher aus dem Bauressort Wiener Bürgermeister. Die nationalsozialistischen Stadtplaner wälzten pompöse Ideen und Pläne - in erster Linie Propagandamaßnahmen. Die systematische Zerstörung jüdischen Eigentums und Enteignungen - auch von Gemeindewohnungen - waren Teil dieser Stadtplanung. Während einige Architekten ihre Lizenz verloren, wurden andere mit der Errichtung von Volkswohnhäusern, Kasernen und Rüstungsbauten beauftragt. Entgegen den anfänglichen Plänen wurde mehr in Kriegsbauten als in den Wohnbau investiert - die heute noch existierenden Flaktürme wurden errichtet. Ab 1941 wurde die Bautätigkeit kriegsbedingt größtenteils eingestellt und die Strukturen der Stadtplanung wurden aufgelöst. Die Zerstörung großer Teile Wiens war Folge des Krieges.
Geschichte
Aus historischer Sicht handelt es sich bei diesem Bau um eine Ausnahmeerscheinung. Die Planungen begannen noch vor dem "Anschluss" 1938, ausgeführt wurde die Anlage in der NS-Zeit und schon von Anfang an stattete man nahezu alle Wohnungen mit Bädern aus. Durch einen Dachgeschoßausbau wurden im Jahr 2001 zusätzliche Wohnungen in diesem Haus geschaffen.
Die Architektur
Die lang gestreckte, streng symmetrische Hauptfront zur Philippovichgasse nimmt den gesamten Block von der Franz-Klein-Gasse bis zur Lißbauergasse ein. In den beiden äußersten Achsen springt die Fassade leicht zurück und die Balkone werden durch den farblich differenzierten Anstrich als horizontale Gliederungselemente zusätzlich betont. Aufgrund des leicht abfallenden Geländes ist sowohl der klinkerverkleidete Sockel als auch das Dachgesims mehrfach leicht abgestuft. Auffälligstes Gestaltungsmerkmal der Hauptfassade ist das Portal mit seiner Keramikverkleidung, welches in einen Flur führt. Von hier aus gelangt man zur Stiege 2 sowie in einen kleinen, begrünten Innenhof, wo sich die Eingänge zu den beiden anderen Stiegenhäusern befinden. Die ebenfalls symmetrisch gestaltete Hoffassade wird vor allem durch die halbrunden Erkertürme in den beiden Ecken bestimmt. Alle Fenster an der Straßen- und Hoffassade weisen leicht vorspringende Rahmungen auf.
... und die Kunst
Ch. Vogelmayer schuf 1939 die Majolikaverkleidung der Portalzone, welche die zwölf Tierkreiszeichen in Reliefform zeigt.
Der Name
Die Philippovichgasse wurde nach Dr. Eugen Philippovich von Philippsberg (1858-1917) benannt. Der bedeutende Nationalökonom war Universitätsprofessor in Freiburg im Breisgau und in Wien. Ella Briggs-Baumfeld, geboren am 5. März 1880 in Wien, war die erste befugte Architektin Österreichs und neben Margarete Schütte-Lihotzky die einzige Frau, die in der Zwischenkriegszeit Gemeindebauten für die Stadt Wien ausführte. Weil ein Architekturstudium für Frauen in der Monarchie nicht möglich war, besuchte sie erst die Kunstschule für Frauen und Mädchen, ab 1901 für drei Jahre die Kunstgewerbeschule. Nach dem Ersten Weltkrieg konnte sie an der Technischen Hochschule München studieren und schloss 1920 das Architektur- studium als Diplomingenieurin ab. Anschließend ging sie für mehrere Jahre in die USA, wo sie in New York und Philadelphia als Architektin arbeitete und publizierte. Zurück in Wien wurde sie 1925 mit der Errichtung des Pestalozzi-Hofes betraut, kurz danach baute sie das benachbarte Ledigenheim. Ab 1927 lebte und arbeitete sie in Berlin und errichtete unter anderem zwei Wohnhausanlagen. Mitte der 1930er- Jahre musste sie vor dem Nationalsozialismus nach London fliehen. Auch dort war sie bis zu ihrem Tod als Architektin tätig. Ella Briggs starb am 20. Juni 1977 im Alter von 97 Jahren in Middlesex, England.
Architekten
Johann (Hans) Stöhr - Johann (Hans) Stöhr (1897-1981) studierte Architektur an der Technischen Hochschule Wien. Nach seinem Studium trat er in das Wiener Stadtbauamt (MA 19) ein, dessen Leiter er bis 1963 war. In dieser Funktion war er vor allem in der Zeit des Wiederaufbaus an der Errichtung zahlreicher kommunaler Bauten beteiligt. So wurden ein Teil der Stadtrandsiedlung Leopoldau in Wien 21 und der Bauteil Ost der Per-Albin-Hansson-Siedlung in Wien 10 nach seinen Entwürfen errichtet. 1950 wurde seine berufliche Tätigkeit in dokumentierter Form als Dissertation an der TU Wien anerkannt.