Mobile Version aus nicht mehr nachfragen

Josef-Haas-Hof

Fakten

Josef-Haas-Hof

Zippererstraße 16-22, 1110 Wien

Baujahr: 1951-1953

Wohnungen: 289

Architekt: Hans Muttoné, Ferdinand Riedl, Walter Köhler

Weitere Adressen

Rinnböckstraße 49-53, 1110 Wien

Wohnen in Wien

Ab 1949 war der Wohnbau zahlenmäßig wieder auf dem Niveau des "Roten Wien" der Zwischenkriegszeit. Doch noch war die Bevölkerung verarmt und oft obdachlos. Kleine Duplex-Wohnungen, die später zusammengelegt werden konnten, linderten schließlich die Wohnungsnot. 1951 wurde Franz Jonas, Sohn einer Arbeiterfamilie, Bürgermeister von Wien. In seine Amtszeit fiel die rege Bautätigkeit im Rahmen des Projektes "Sozialer Städtebau" ab 1952. Das 8-Punkte-Programm hatte die Trennung von Wohn- und Gewerbebereichen, eine Auflockerung der Wohnbereiche sowie die Assanierung einzelner Viertel zum Ziel. Die standardmäßige Ausstattung der Wohnungen wurde verbessert - alle neu gebauten Wohnungen waren mit Badezimmern ausgestattet und die Mindestgröße wurde von 42 auf 55 Quadratmeter angehoben.

Geschichte

Bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts war Simmering ein kleines Dorf. Erst Ende des 19. Jahrhunderts entwickelte es sich durch den Zuzug großer Unternehmen, denen es im Stadtgebiet zu eng wurde, zu einem Industrie- und Arbeitervorort. Ein wichtiger Schritt in dieser Entwicklung waren die im Bereich der Simmeringer Hauptstraße 1-3 errichteten Rinnböckhäuser. Die heute noch zum Teil erhaltenen Gebäude waren damals die zweitgrößte Wohnhausanlage Wiens und rückten Simmering ein Stück näher an die Stadt heran. 1892 wurden Simmering und Kaiser- Ebersdorf sowie kleine Teile von Kledering, Schwechat und Albern als 11. Bezirk nach Wien eingemeindet.

Der Josef-Haas-Hof wurde zum Teil auf dem Gelände des ehemaligen Simmeringer Parks, dem heutigen Hyblerpark, errichtet, der einst von der Pachmayergasse bis fast zur Zippererstraße reichte.

Die Architektur

Die 20 Stiegenhäuser umfassende Wohnhausanlage besteht aus vier langen Gebäuden, die quer zur Zippererstraße in Zeilenbauweise angelegt sind. Am entlang der Rinnböckstraße liegenden Gebäude hebt sich an der Ecke zur Zippererstraße ein sechs Geschoße hoher Block ab, dessen Fassaden durch Achsen breiter und schmaler Fenster strukturiert werden. Der anschließende, fünf Geschoße umfassende Gebäudeteil leitet mit 14 Fensterachsen, die in drei Gruppen angeordnet sind, zu einem weit von der Straße zurückversetzten Trakt über. Dieser ist zum zweiten Gebäude der Anlage hin ausgerichtet und umschließt zusammen mit diesem einen gemeinsamen Innenhof. An der Zippererstraße wird der Hof durch einen ebenfalls deutlich abgesetzten Block des zweiten Gebäudes begrenzt. Das dritte Gebäude ist ohne markante Gliederung auf einer Baulinie konzipiert, während sich am hintersten, vierten Gebäude wiederum das erste Stiegenhaus leicht versetzt als eigener Baukörper abhebt.
Die nach Südwesten hin orientierten Fronten sind zum Teil mit Balkonen ausgestattet. Die Hauseingänge liegen an den nach Nordosten ausgerichteten Seiten. Die Stiegenhausachsen sind jeweils leicht vor die Fassadenflucht gezogen und durchbrechen das Dachgesims, welches sie spitz verdacht turmartig überragen. Nachträglich wurden an die Stiegenhäuser Glas-Stahl-Konstruktionen für die Aufzüge angebaut. Ein im Zuge der letzten Sanierung umgesetztes Farbkonzept löst die an sich massiven, schlichten Fronten in orange-weiße Strukturen auf.

... und die Kunst

An der Gebäudeecke Zippererstraße/Rinnböckstraße ist das von Hertha Bucher geschaffene Mosaik "Freizeitgestaltung" angebracht. In der Grünanlage zwischen den beiden ersten Gebäuden befindet sich die Skulptur "Flora" von Edwin Grienauer.

Der Name

Ein Gedenkstein erinnert an Josef Haas (1893-1975). Bereits 1911 trat Haas der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei bei, für die er auch nach deren Verbot 1934 im Untergrund tätig war. Von 1952 bis 1964 war er Bezirksvorsteher von Simmering. In seine Amtszeit fielen die Beseitigung der letzten Kriegschäden sowie der Ausbau der Infrastruktur.

Architekten

Hans Muttoné - Hans (Johann) Muttoné (1905-1987) studierte Architektur an der Technischen Hochschule Wien. Er war für die Gemeinde Wien vorwiegend in Arbeitsgemeinschaften an der Realisierung mehrerer großer Wohnhausanlagen beteiligt, wie etwa der Anlagen Schüttaustraße 4-18 in Wien 22 (1957-1959) und Raxstraße 27a in Wien 10 (1961-1963).

Ferdinand Riedl - Ferdinand Riedl (geb. 1920) studierte zunächst von 1939 bis 1941 an der Technischen Hochschule Wien und von 1941 bis 1944 an der Akademie der bildenden Künste Dresden. Von 1945 bis 1998 führte er ein eigenes Architekturbüro in Wien und von 1969 bis 1990 zudem in München. Zahlreiche Wohn- und Gewerbebauten wurden weltweit nach Ferdinand Riedls Plänen ausgeführt, darunter auch ein 16-stöckiges Hotel in Oslo/Norwegen und ein 1.000-Betten-Krankenhaus in Caracas/Venezuela. In Deutschland plante er etwa für die Olympiade 1972 ein Wohnhaus mit Einkaufszentrum und ein Ärztehochhaus mit Wohnungen, in Karlsruhe konnte Ferdinand Riedl das Hotel Hilton realisieren. Unter seinen zahlreichen Bauwerken in Wien befindet sich auch das Generali-Center in Wien 6, Mariahilfer Straße 77-79 (mit Hannes Lintl). Besondere Verdienste erlangte er auch als Musikwissenschafter; so war er 1966 Gründungsmitglied des Vereins der Freunde der Wiener Staatsoper. 2005 wurde Ferdinand Riedl das Goldene Ehrenzeichen 1. Klasse der Republik Österreich verliehen.

Walter Köhler - Walter Köhler (1899-1974) studierte Architektur an der Technischen Hochschule Wien. Nach seinem Abschluss war er im Atelier von Georg Rupprecht als Chefarchitekt für die Planung mehrerer Gemeindewohnbauten zuständig. Nach 1945 widmete er sich vor allem Wohnbauprojekten in Wien (z. B. Josef-Haas-Hof in Wien 11 und Lazarettgasse 13a in Wien 9) und in Niederösterreich. Köhler hatte auch Anteil an der Grundriss-Typisierung für den sozialen Wohnbau.