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Leystraße 38

Fakten

Leystraße 38

Leystraße 38, 1200 Wien

Baujahr: 1960-1962

Wohnungen: 17

Architekt: Richard Jicha, Rudolf Grigkar, Josef (Jaroslav) Bayer

Wohnen in Wien

In den 1960er-Jahren nahm der Wohnbau in Wien bis hin zum Wohnungsbauboom der 1970er-Jahre kontinuierlich zu. Die Grundlage dafür bildeten 1961 ein städtebauliches Konzept und ein Generalverkehrsplan von Roland Rainer. Der geplante U-Bahn-Bau sowie die Erschließung bisheriger Randgebiete nördlich der Donau förderten diese Entwicklung. Besonders am südlichen und östlichen Stadtrand gab es Grundstücke zu günstigen Preisen, auf denen neue große Wohnviertel geschaffen wurden. Die neue Fertigteilbauweise mit vorgefertigten Betonelementen erlaubte es, in kurzer Zeit ganze Stadtteile neu zu errichten.

Geschichte

Seit 1850 gehören die Orte Zwischenbrücken und Brigittenau zu Wien. Sie waren damals Teil der Leopoldstadt und wurden um 1900 zum 20. Wiener Gemeindebezirk zusammengefasst. Das Wohnhaus in der Leystraße 38 liegt etwas außerhalb der beiden traditionellen Ortskerne. Es befindet sich auf ehemaligem Überschwemmungsgebiet, das im Zuge der Donauregulierung trockengelegt wurde und ab der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts nachhaltig besiedelt und wirtschaftlich genutzt werden konnte. Anfang der 1960er-Jahre förderte die Gemeinde Wien gezielt den Wohnhausbau in der nördlichen Brigittenau. In Zusammenhang mit der Anlage in der Pasettistraße 9-21 wurde zu Beginn der 1960er-Jahre von derselben Architektengruppe auch das Wohnhaus in der Leystraße 38 geplant. Es grenzt an ein damals bereits bestehendes Schulgebäude an. Hinter dem Wohnhaus liegt ein Garten mit Sportplatz, über den eine Verbindung zu der benachbarten Wohnanlage in der Pasettistraße besteht. Das Haus war 1962 benutzungsbereit und blieb seither im Wesentlichen unverändert.

Die Architektur

Das sechsgeschoßige Wohnhaus ist - wie für die 1950er-Jahre typisch - schlicht gehalten. Funktionelle Sachlichkeit bestimmt die Fassadengestaltung, lediglich das schmale Sockelpodest wird von einer Nut begrenzt. Die darüber liegende Fassade ist weitgehend ungegliedert und nicht symmetrisch aufgebaut. Der Eingangsbereich ist mittig gelegen; diese Mittelachse ist von einem verglasten Stiegenhaus markiert, das fast bis an das Hauptgesims herangeführt wird. Die axiale Anordnung der Fenster und Balkone steht jedoch in keinem Bezug zu dieser Mittelachse. Drei Achsen liegen zur linken, zwei zur rechten Seite des Eingangs. Eine Balkonreihe bildet die zweite Achse von links. Auf Einfassungen der Fenster wurde verzichtet. An der nach Südwesten gelegenen Hofseite ist die Fassade durch zwei Balkonreihen geöffnet. Das Wohnhaus ist über den Hof mit der zeitgleich erbauten Anlage in der Pasettistraße 9-21 verbunden.

... und die Kunst

Oberhalb des Eingangs befindet sich an der Straßenfassade ein Mosaik mit abstraktem Motiv. Es wurde 1961 angebracht und steht in Zusammenhang mit den Mosaiken in der Anlage Pasettistraße 9-21. Die Künstler Siegfried Fischer, Otto Swoboda, Herbert Tasquil und Ferry Franz Zotter gestalteten zur Bauzeit je zwei der insgesamt acht "Abstrakten Ornamente". Gerade wegen der funktionellen Sachlichkeit der Architektur in den 1950er- und 1960er-Jahren kam der künstlerischen Ausgestaltung der Anlagen große Bedeutung zu. Torfeldmosaike dienen wie Hauszeichen einerseits als Orientierungssystem, andererseits zur verstärkten Identifikation der Bewohner mit ihrem Haus bzw. ihrer Stiege.

Der Name

Die Leystraße wurde 1884 nach Konrad Ley (1801-1881), ab 1862 Bezirksvorsteher des 2. Wiener Gemeindebezirks, benannt. Mit seiner Hilfe kam 1869 mit einer von der "Österreichischen Spar-Casse" gewidmeten Summe der Bau des Leopoldstädter Kinderspitals nach einem Entwurf von Carl von Hasenauer zustande. 1873 erhielt Konrad Ley für seine Verdienste den Franz-Joseph-Orden, 1975 die Große Silberne Salvator-Medaille. Ley benannte in den 1860er-Jahren zahlreiche Straßen und Gassen des 2. Bezirks nach Frauen aus seinem Bekanntenkreis und Angehörigen.

Architekten

Richard Jicha - Richard Jicha (1924-1982) studierte ab 1946 bei F. Adolf Lutz und Lois Welzenbacher an der Akademie der bildenden Künste Wien. Für die Gemeinde Wien plante er etwa zusammen mit Leopoldine Schwarzinger den Franz-Graczoll-Hof in Wien 15, Flachgasse 36-46 (1974-1977).

Rudolf Grigkar - Rudolf Grigkar (1907-1995) studierte ab 1926 bei Peter Behrens an der Akademie der bildenden Künste in Wien. Als selbständiger Architekt plante er unter anderem für die Gemeinde Wien die Wohnhausanlagen Pregartengasse 6-8 in Wien 21 (1957/58) und Taborstraße 53-55 in Wien 2 (1957-1959).

Josef (Jaroslav) Bayer - Josef (Jaroslav) Bayer (1889-1979) studierte an der Kunstakademie in Sofia, anschließend in Wien an der Technischen Hochschule und an der Akademie der bildenden Künste, wo er 1915 seinen Abschluss machte. Vom Werk Bayers sind heute nur wenige Gebäude bekannt, die aber allesamt für die Gemeinde Wien enstanden; unter anderem die Wohnhausanlagen Sechsschimmelgasse 19 (Wien 9, 1925; gemeinsam mit Hartwig Fischel), Petzvalgasse 3 (Wien 4, 1928/29) und Paletzgasse 17 (Wien 6, 1930).