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Franz-Jonas-Hof

Fakten

Franz-Jonas-Hof

Prager Straße 93-99, 1210 Wien

Baujahr: 1954-1957

Wohnungen: 339

Architekt: Albrecht F. Hrzan, Fritz Böhm-Raffay, Franz Lax, Rudolf Wawrik, Josef Czapka, Otto Ludwig Schottenberger, Rudolf Hönig

Weitere Adressen

Anton-Dengler-Gasse 17-23, 1210 Wien

Anton-Bosch-Gasse 30, 1210 Wien

Wiener Gasse 9-11, 1210 Wien

Anton-Anderer-Platz 1, 1210 Wien

Wohnen in Wien

In den 1950er-Jahren ging es vor allem darum, Zerstörtes wieder aufzubauen und viele neue Wohnungen zu errichten. In den kommunalen Wohnbauten dieser Zeit finden sich die ersten Ansätze der sich später durchsetzenden Zeilenbauweise, die bis heute die großen Vorstadtsiedlungen prägt. Die Wohnbauten wurden größer, höher und waren verstärkt in Blockform gestaltet. Das Flachdach setzte sich durch. Alle neu gebauten Wohnungen waren mit Badezimmern und WC ausgestattet und die Mindestgröße wurde von 42 auf 55 Quadratmeter angehoben.

Geschichte

Auf dem Grundstück befanden sich vor dem Bau der Wohnanlage ein altes Wirtshaus sowie einige niedrige Bauten, vorwiegend in Privatbesitz. In der unmittelbaren Nachbarschaft waren Niederlassungen der Jedleseer Bierbrauerei in Besitz der Familie Dengler, nach der die Anton-Dengler-Gasse benannt ist. Die Gemeinde Wien erwarb die Grundstücke zu Beginn der 1950er-Jahre. Die dort befindlichen, baufälligen Objekte wurden geräumt und abgetragen. Ab 1954 wurden in der ersten Bauphase die Stiegen 1-16 errichtet. 1955 erfolgte die Genehmigung, im Anschluss an den bereits bestehenden Teil der Anlage weitere 9 Stiegen zu erbauen. Diese waren bis 1957 fertiggestellt. Ein Jahr später wurde die Benutzungsbewilligung erteilt. Die Anlage blieb seither im Wesentlichen unverändert. Wohnungen und Sanitärräume wurden laufend adaptiert. An den Hofseiten wurden nachträglich Aufzugsschächte dazugebaut.

Die Architektur

Die Anlage wurde in zwei Bauetappen errichtet. Ein Teil der Baublöcke (25 Stiegen) ist gekoppelt; es gibt einen T- und ein L-förmigen Trakt und einen langgestreckten fünfgeschoßigen Trakt an der Prager Straße. Im Erdgeschoß an der Prager Straße sind eine Geschäftszone sowie einer der Zugänge zur Wohnanlage untergebracht. Der Haupteingang zur Anlage befindet sich am Anton-Anderer-Platz. Hier ist die Fassade mehrteilig und symmetrisch zu einem sehr flachen, breiten Erker oberhalb der beiden Durchfahrten hin orientiert. Der Mitteltrakt ist weit vorangestellt und fünfgeschoßig. Die zwei angekoppelten Trakte an den Flanken sind über Eck in die Seitengassen geführt und um ein Geschoß niedriger. Die Fassaden im Inneren der Anlage sind ebenfalls weitgehend symmetrisch aufgebaut. Unterschiedliche Geschoßanzahlen und die an den Seiten weiter heruntergeführten Dächer ergeben Höhendifferenzierungen, die das Gesamtbild auflockern. Mansarden erschließen weiteren Wohnraum.

... und die Kunst

Die Brunnenplastik "Pelikan" (1954-1958) von Alois Heidel befindet sich im Hof hinter dem Eingang Anton-Anderer-Platz. Alois Heidel erregte mit seinen anti-idealen Tieren Aufsehen. Besonders "Die Ziege" (1955-57) in der Oberen Donaustraße 95-97 sorgte für Diskussionen. Die Figuren stellen Antipoden zu widerspruchsfreien und niedlichen Tierbildern dar.

Die Plastik "Fruchtträgerin" (1955-1958) von Willhelm Frass am Anton-Anderer-Platz ist eines der wenigen "Kunst am Bau"-Objekte, von denen eine zeitgenössische Beschreibung vorhanden ist. Sie will als "Sinnbild des ewigen großen Naturgesetzes Entstehen - Fruchtbarsein - Vergehen" verstanden sein.

Ebenfalls in der Wohnanlage befindet sich die Zementguß-Plastik "Zwei Mädchen" (1955-1958) von Luise Wolf.

Der Name

Der Anton-Anderer-Platz wurde 1958 nach dem letzten Bürgermeister von Floridsdorf, Anton Anderer (1857-1936), benannt. Anton Anderer war von Beruf Kaufmann und wurde 1891 Bürgermeister, 1902 Ehrenbürger von Floridsdorf.

Die Prager Straße wurde zwischen 1728 und 1735 als "(Prager) Reichsstraße" angelegt und 1875 "Prager Straße" - nach der Zielrichtung Prag - benannt. Der Straßenzug wurde mit der am Floridsdorfer Spitz verlaufenden Straße vereinigt und 1901 nochmals verlängert. Die Prager Straße verlief zunächst außerhalb der Ortskerne. Jedlesee wuchs erst allmählich an die Straße heran.

Architekten

Albrecht F. Hrzan - Der in Malmö/Schweden geborene Albrecht Hrzan (1903-1975) war 1922/23 und 1924/25 an der Technischen Hochschule Wien inskribiert und ist ab 1940 als Student von Alexander Popp an der Akademie der bildenden Künste Wien nachweisbar. Für die Gemeinde Wien entwarf Albrecht Hrzan unter anderem die Wohnhausanlagen Braunhirschengasse 33-37 und 43 in Wien 15 (1965-1967) und Speisinger Straße 100 in Wien 13 (1970/71). Von ihm stammen auch die Pläne für das Film-Casino in Wien 5, Margaretenstraße 78 (1954).

Fritz Böhm-Raffay - Friedrich Anton Josef Böhm-Raffay (1918-1992) studierte von 1938 bis 1941 Architektur an der Akademie für angewandte Kunst. Ab 1948 arbeitete er als selbstständiger Architekt und ab 1964 zudem als gerichtlich beeideter Sachverständiger für Liegenschaftsschätzungen. Den Schwerpunkt seiner Arbeiten setzte Friedrich Böhm-Raffay im Wohn- und Siedlungsbau, wobei er sich nach 1945 auch maßgeblich am Wiederaufbau beteiligte. Für die Gemeinde Wien entwarf er etwa die Wohnhäuser Rainergasse 13 in Wien 4 (1952) und Lorenz-Mandl-Gasse 7-9 in Wien 16 (1958/59).

Franz Lax - Franz Lax (1905-1972) studierte Architektur an der Technischen Hochschule Graz. Für die Gemeinde Wien plante er unter anderem zusammen mit Josef Seeberger die Wohnhausanlage Oberlaaer Straße 193 in Wien 10 (1951) und mit Herbert Prehsler und Eduard F. Sekler die Freiheitssiedlung in Wien 17, Steinmüllergasse 23-27 (1953/54).

Rudolf Wawrik - Rudolf Wawrik (1911-1991) studierte ab 1934 bei Clemens Holzmeister an der Akademie der bildenden Künste Wien. Mehrere Wohnbauten der Gemeinde Wien wurden nach seinen Entwürfen errichtet, darunter die Wohnhausanlagen Maroltingergasse 19-25 in Wien 16 (mit Paul Schopper, 1959/60) und Zippererstraße 14 in Wien 11 (mit Hans Steineder, 1949-1954).

Josef Czapka - Josef Czapka (1922-2003) studierte bis 1951 bei Lois Welzenbacher an der Akademie der bildenden Künste Wien. Bereits ab 1955 war er als selbständiger Architekt tätig. Josef Czapka befasste sich zunächst vor allem mit der Gestaltung von Messeständen und Geschäftslokalen und richtete unter anderem auch die österreichische Außenhandelsstelle in Chicago ein (1973). Bedeutung erlangte er aber vor allem im Schulbau, so entwarf er etwa die Hauptschule am Enkplatz in Wien 11 (zusammen mit Helmut Schinzel und Wolfgang Schwarzacher, 1966) und das Bundesrealgymnasium in Bruck/Leitha in NÖ (ab 1959). Von 1948 bis 1965 fungierte er zudem als Berater der Firma Philips in Fragen der modernen Formgebung.

Otto Ludwig Schottenberger - Otto Ludwig Schottenberger (1908-1976) studierte von 1929 bis 1932 bei Peter Behrens an der Akademie der bildenden Künste Wien. Für die Gemeinde Wien war er etwa an der Errichtung der Wohnhausanlage Prager Straße 93-99 in Wien 21 (1954-1957) beteiligt. Sein Sohn ist der Direktor des Wiener Volkstheaters Michael Schottenberg.

Rudolf Hönig - Rudolf Hönig (1895-1967) studierte von 1918 bis 1924 unter anderem bei Siegfried Theiß und Franz Krauß an der Technischen Hochschule Wien. Für die Gemeinde Wien entwarf er die Wohnhausanlage Rinnböckstraße 14-18 in Wien 11 (1960/61) und war an den Plänen zum Anton-Schmid-Hof in Wien 20, Pappenheimgasse 31 (1964-1966) beteiligt.