Reismannhof
Reismannhof
Am Fuchsenfeld 1-3, 1120 WienBaujahr: 1924-1925
Wohnungen: 626
Architekt: Heinrich Schmid, Hermann Aichinger
Weitere Adressen
Rizygasse 3-5, 1120 Wien
Rizygasse 6, 1120 Wien
Rothkirchgasse 1, 1120 Wien
Karl-Löwe-Gasse 15, 1120 Wien
Karl-Löwe-Gasse 18, 1120 Wien
Längenfeldgasse 31-33, 1120 Wien
Malfattigasse 16a, 1120 Wien
Murlingengasse 16, 1120 Wien
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Längenfeldgasse 31-33, 1120 Wien
Wohnen in Wien
Nach dem Ende des Ersten Weltkrieges wurde die Sozialdemokratie bestimmende Kraft im Wiener Rathaus. 1922 wurde Wien ein selbstständiges Bundesland. Damit war auch der Grundstein für das "Rote Wien" gelegt. Neben Reformen im Gesundheits- und Bildungswesen wurde 1923 ein umfangreiches Bauprogramm gestartet, um für die Bevölkerung menschenwürdige Wohnungen zu schaffen - hell, trocken, mit Wasserleitung und WC ausgestattet, waren sie ein krasser Gegensatz zu den Bassena-Wohnungen in den Mietskasernen. Wesentlicher Teil der Anlagen waren Gemeinschaftseinrichtungen wie Bäder, Kindergärten, Waschküchen, Mütterberatungsstellen, Ambulatorien, Tuberkulosestellen, Turnhallen, Bibliotheken etc. Die Stadt Wien errichtete in der Zwischenkriegszeit 63.000 Wohnungen.
Geschichte
Der so genannte "Reismannhof" umfasst die Straßen Am Fuchsenfeld, Längenfeldgasse, Rizygasse und Karl-Löwe-Gasse und zählt mit dem auf der gegenüberliegenden Seite der Längenfeldgasse angesiedelten Fuchsenfeldhof zu den ersten kommunalen Wohnbauten des Roten Wien. Der 1949 in Reismannhof umbenannte Komplex ist einer von insgesamt acht "Superblöcken", die die Gemeinde Wien in der Zwischenkriegszeit erbauen ließ. Zusammen mit der 1922 errichteten Wohnhausanlage "Fuchsenfeldhof" bildet der Reismannhof ein einheitliches Wohnviertel mit insgesamt rund 1.100 Wohnungen, zahlreichen Geschäften und sozialen Einrichtungen. Die gesamte Anlage wurde vom Architekturatelier Schmid&Aichinger in drei Bauetappen zwischen 1922 und 1925 errichtet, wobei der Reismannhof die dritte Phase der Verbauung des Fuchsenfeldes darstellt.
Die Architektur
Aufgrund der städtebaulichen Gegebenheiten der diagonal verlaufenden Rizygasse und der Neuwallgasse (heute Karl-Löwe-Gasse) entstanden spitzwinkelige, kleinflächige Parzellen, die von den Architekten Heinrich Schmid und Hermann Aichinger durch bogenförmige Überleitungen zu einem einheitlichen Baukomplex mit einer platzartigen Einmündung und fünf radial angeordneten Gartenhöfen mit insgesamt 35 Stiegen zusammenfügt wurden. Die Höfe sind jeweils zum Nachbarhof, zur großzügigen platzartigen Kreuzung der beiden Gassen oder zur angrenzenden Straße geöffnet. Die Einfahrt zum zentralen Platz "Am Fuchsenfeld" ist im Westen durch turmartige Eckbauten gekennzeichnet. Sie führt auf zwei große, rundbogenförmige Durchfahrten sowie zwei laubenartige Fußgängerdurchgänge in der Sockelzone des ebenfalls als Turm gestalteten Mitteltrakts zu. Die flach gedeckten Türme stellen im Vergleich zu den vier- und fünfgeschoßigen Wohnhäusern die höchsten Teile der Anlage dar. Die Staffelung der Gebäudehöhen in den Höfen ergibt sich einerseits aus dem topografischen Niveauunterschied und dient andererseits der optimalen Belüftung und natürlichen Belichtung der Wohnungen. Die verschiedenen Bautrakte unterscheiden sich nicht nur in ihrer Höhe, sondern auch in der Fassadengestaltung - dies verleiht der Anlage ein sehr abwechslungsreiches Äußeres. Die bogenförmigen Baukörper der teils polygonalen, teils sphärisch gekrümmten Höfe sind mit risalitartigen, polygonalen Erkern - teilweise in Form von Erkertürmchen - ausgestattet. Diese sind weiß verputzt und durch verschieden große, mehrteilige Rechteck- und Rundbogenfenster klar gegliedert. Hier sind die Stiegenaufgänge untergebracht.Die Fassade des Mitteltrakts teilt sich straßenseitig in drei horizontale, unterschiedlich gestaltete Zonen. Der über zwei Geschoße verlaufenden, rot verputzten Sockelzone folgen symmetrisch angelegte Fensterreihen mit bis zum Dach hochgezogenen, mehrteiligen Fenstern, hinter denen sich ursprünglich sechs Ateliers befanden. Die dritte Zone, die gegenüber den beiden darunter liegenden etwas verjüngt ist, greift das Motiv der polygonalen Erkerfenster wieder auf. Zur Platzseite hin wird der Torbau durch grau verputzte Lisenen vertikal gegliedert, die sich von der sonst weißen Wand farblich abheben. In der rot verputzten Sockelzone, welche die gesamte Anlage arkadenartig umgibt, sind Geschäfte untergebracht. Durch die zahlreichen Geschäftslokale und sozialen Einrichtungen sowie durch Elemente wie Torbögen, Türme, Erker und die abwechslungsreiche Fassadengestaltung bzw. Höhe der Wohntrakte erhält die Anlage einen kleinstädtischen Charakter, der wegweisend war für die vom Architekturatelier Schmid&Aichinger in der Folge geplanten Anlagen "Rabenhof" (Wien 3) und "Matteottihof" (Wien 5).
... und die Kunst
Die Treppe zum Kinderspielplatz in Hof 3 ist heute Teil einer Kindertagesstätte; sie ist öffentlich nicht zugänglich und wird durch einen Zaun nach außen abgegrenzt. Zwei Steinplastiken - musizierende Putti, von denen der eine auf einem Cello spielt, der andere auf einer Ziehharmonika - des Bildhauers und Malers Josef Riedl (1884-1965) zieren den Aufgang. Der ursprünglich auf dem Platz geplante Brunnen mit einer Großplastik wurde nicht realisiert. In den Durchfahrten des Torbaus zur Rizygasse befinden sich vier ovale Oberlichten, die mit weiß lackierten, arabesken Kunstschmiedearbeiten versehen sind.
Der Name
Die Anlage hieß zunächst "Am Fuchsenfeld" nach dem Flurnamen, der vermutlich auf das ehemalige Gasthaus "Zum Fuchsen" zurückzuführen ist. Nachdem die im Zweiten Weltkrieg entstandenen Bombenschäden behoben worden waren, wurde sie am 11. September 1949 vom Wiener Bürgermeister Theodor Körner (amt. 1945-1951) in "Reismannhof" umbenannt. Namensgeber war der sozialdemokratische Gemeinderat und Landtagsabgeordnete Edmund Reismann, der 1942 im KZ Auschwitz verstarb. Eine Gedenktafel an der Toranlage des großen Platzes erinnert an ihn.
Architekten
Heinrich Schmid - Heinrich Schmid (1885-1949) studierte an der Akademie der bildenden Künste in Wien, wo er die Meisterschule Otto Wagners besuchte. 1912 eröffnete er mit seinem Studienkollegen Hermann Aichinger ein gemeinsames Atelier in Wien, das bald zu einem der führenden Architekturbüros der Zwischenkriegszeit wurde. Neben zahlreichen Wohnhausanlagen wie etwa dem Rabenhof (Wien 3) und dem Julius-Popp-Hof (Wien 5) wurden auch das Hanusch-Krankenhaus (Wien 14, Heinrich-Collin-Straße 30) und das Österreichische Verkehrsbüro (Wien 1, Friedrichstraße 7) nach ihren Entwürfen errichtet.
Hermann Aichinger - Hermann Aichinger (1885-1962) studierte - ebenso wie sein späterer Arbeitskollege Heinrich Schmid - an der Akademie der bildenden Künste Wien bei Otto Wagner. Das 1912 gegründete Architekturbüro Schmid & Aichinger war das meistbeschäftigte des Wohnbauprogramms des "Roten Wien". Auch in den späten 1930er- und in den 1940er-Jahren erhielt das Büro noch prestigeträchtige Aufträge. In dieser Zeit entstanden unter anderem das Wohn- und Geschäftshaus "Bärenmühle" (Wien 4, Operngasse 18-20) und das RAVAG-Gebäude (Wien 4, Argentinierstraße 30a; gemeinsam mit Clemens Holzmeister).