Rußbergstraße 94-100
Rußbergstraße 94-100
Rußbergstraße 94-100, 1210 WienBaujahr: 1981-1983
Wohnungen: 23
Architekt: Joseph Zimmel
Wohnen in Wien
Ab den 1980er-Jahren bestimmte ein neuer Stadtentwicklungsplan die Wohnhaussanierung. Der 1984 gegründete Wiener Bodenbereitstellungs- und Stadterneuerungsfonds und das Wohnhaussanierungsgesetz 1985 ergänzten die optimalen Voraussetzungen für eine sanfte Stadterneuerung. 36 Prozent der Sanierungsgelder flossen in Gemeindebauten, sodass die berühmtesten Gemeindebauten aus der Zwischenkriegszeit saniert werden konnten, wie z. B. der Karl-Marx-Hof, der George-Washington-Hof oder der Rabenhof. Für Neubauten wurde durch Wettbewerbe eine qualitativ hochwertige und individuelle Architektur sichergestellt, wie das Beispiel Hundertwasserhaus zeigt.
Geschichte
Die Wohnanlage liegt mitten im traditionellen Strebersdorfer Ortskern. Zuvor befanden sich hier einstöckige und ebenerdige Gebäude. An der Ecke zum Strebersdorfer Platz stand ein Einfamilienhaus aus dem 19. Jahrhundert. Kleine Gärten sowie Arbeits- und Lagerräume in Privatbesitz säumten die Rußbergstraße vom Strebersdorfer Platz zur Anton-Böck-Gasse, darunter eine Fleischhauerei mit Eisgrube. Die zunehmend baufälligen und unzulänglich gewordenen Objekte mussten 1972 abgetragen werden. 1980 wurde mit der Planung der heutigen Wohnanlage begonnen. Diese war 1983 fertiggestellt und blieb seither im Wesentlichen unverändert.
Die Architektur
Das dreigeschoßige Wohnhaus fällt durch die vielfältige Staffelung kubischer Elemente auf. Sie vermittelt den Eindruck modulartiger Flexibilität. Die Baukörper scheinen in ihrer Masse doch beweglich. Die ineinander verschachtelten Blockformen vermeiden eine Ausbildung von Achsen, vermitteln Vielschichtigkeit, elementarisieren und durchbrechen die Gesamtmasse des Baus. Das Wohnhaus ist in geschlossener Bauweise ausgeführt. Am Strebersdorfer Platz gelang es dem Architekten den zur Verfügung stehenden Bauplatz optimal zu nutzen, indem er die Gebäudeflucht im Grundriss dem kurvenförmigen Straßenverlauf entsprechend abtreppte. Im Erdgeschoß ist eine Geschäftszone untergebracht. Die kubischen Loggien im ersten Stock sind südseitig durch Eckfenster geöffnet und schirmen zur Nordseite hin ab. Der zweite Stock ist als Terrassengeschoß ausgebaut und gegenüber dem ersten etwas zurückversetzt. Einzelne blockhafte Elemente ziehen sich vom Sockelpodest bis zum Hauptgesims und sind nur von schmalen Metallgesimsen unterbrochen. Ein breites Band schließt die Fassade zum Flachdach hin ab. Dachaufbauten steigern die mehrschichtige Wirkung der Fassadengestaltung. Über Durchgänge kann der Hof erreicht werden. Die fünf Stiegenzugänge sind teils straßenseitig, teils hofseitig gelegen. Auch an der Gartenseite bestimmen blockhafte Formen das Fassadenbild - ein durchgängiges Terrassengeschoß und offene Loggien im ersten Stock strecken die Fassade jedoch etwas in die Länge. Das Zerlegen der Baumasse in einzelne Blockelemente wird in den späten 1970er- und 1980er-Jahren häufig eingesetzt, um einer klassischen Gliederung der Fassade entgegenzuwirken. Ein abwechslungsreiches Fassadenbild, Energieeffizienz, optimale Flächennutzung sowie bessere Belichtung der Wohnräume können dadurch ebenfalls erzielt werden. Unter dem Wohnhaus befindet sich eine Garage.
Der Name
Die Rußberstraße (auch Rußberggasse) wurde 1912 nach dem historischen Flurnamen "Rußberg" benannt. Die Straße wurde durch die Einbeziehung des Strebersdorfer Platzes verlängert. Ursprünglich hieß die Gasse Schulbrüdergasse, später auch Bahngasse.
Architekten
Joseph Zimmel - Joseph Zimmel (1915-1984) studierte vor dem Zweiten Weltkrieg Architektur an der Technischen Hochschule Wien und Rechtswissenschaften an der Universität Wien (Dr. jur.). Nach geleistetem Kriegsdienst machte er sich als Architekt selbständig, wobei er zunächst mit Anton Siegl und später mit Josef Wenz zusammenarbeitete. Zu seinen ersten Projekten gehörten die Mitarbeit zur Planung der Donaukanal-Verbauung und das Möbeldesign für die Zweigstelle der Nationalbank in Graz. In Wien wurden nach Josef Zimmels Entwürfen unter anderem der Kindergarten und Pfarrheim der Pfarre Unter-Heiligenstadt in Wien 19 und das BRG Fichtnergasse in Wien 13 errichtet. In den Bundesländern plante er mehrere Siedlungen für die Wohngesellschaft Heimstätte, wie etwa in Lienz (T) und in Deutschlandsberg (Stmk.).