Aribogasse 28
Aribogasse 28
Aribogasse 28, 1220 WienBaujahr: 1963-1963
Wohnungen: 470
Architekt: Slawa Coen-Walewa, Robert Kapeller, Kurt Neugebauer, Carl Reinhardt, Rudolf Scherer, Hermann Stiegholzer, Ferdinand Zimmermann, Robert Kanfer
Weitere Adressen
Hausgrundweg 16, 1220 Wien
Wohnen in Wien
In den 1960er-Jahren nahm der Wohnbau in Wien bis hin zum Wohnungsbauboom der 1970er-Jahre kontinuierlich zu. Die Grundlage dafür bildeten 1961 ein städtebauliches Konzept und ein Generalverkehrsplan von Roland Rainer. Der geplante U-Bahn-Bau sowie die Erschließung bisheriger Randgebiete nördlich der Donau förderten diese Entwicklung. Besonders am südlichen und östlichen Stadtrand gab es Grundstücke zu günstigen Preisen, auf denen neue große Wohnviertel geschaffen wurden. Die neue Fertigteilbauweise mit vorgefertigten Betonelementen erlaubte es, in kurzer Zeit ganze Stadtteile neu zu errichten.
Geschichte
Die Wohnhausanlage steht laut dem Wiener Generalstadtplan von 1912 auf dem Areal der so genannten "Fleischauer Äcker". Rund um den Gemeindebau gab es bis weit ins 20. Jahrhundert vor allem Ackerland, eine große Bebauungswelle fand mit der Stadterweiterung in den 1960er-Jahren statt.
Die Architektur
Die Wohnhausanlage Aribogasse 28 ist der vierte und letzte Bauteil einer großen Wohnanlage mit insgesamt über 100 Stiegen, wobei der hier besprochene Bereich über eine eigenständige Nummerierung verfügt. Die in der für die 1960er-Jahre üblichen Zeilenbauweise angelegte Siedlung besteht aus acht in Nord-Süd-Richtung orientierten Bauten und einem in Ost-West-Richtung orientierten Block. Auch der große Grünraum zwischen den Gebäuden ist charakteristisch für die Errichtungszeit. Der Großteil der Gebäude ist viergeschoßig, lediglich der nördlichste Riegel und der quer gestellte östliche Bauteil weisen sieben beziehungsweise acht Etagen auf. Die zwei- bis vierflügeligen Fenster sind tief in die glatte Fassade eingeschnitten. Besondere Aufmerksamkeit wird durch die rot, gelb und blau gefassten Brüstungen der großen, teils verglasten Loggien erzielt.
... und die Kunst
Im Grünbereich zwischen den Häuserzeilen befindet sich der heute als Blumenbeet genutzte Brunnen von Franz Barwig dem Jüngeren (1903-1985). Dabei handelt es sich um eine annähernd runde Brunnenanlage mit Natursteinplastiken, bestehend aus einer "Kindergruppe auf einer Schildkröte" sowie einem "Knaben mit Fisch" aus den Jahren 1964 bis 1966.
Der Name
Die Aribogasse trägt ihren Namen seit 1909. Sie wurde nach Aribo, dem Obergrafen der Ostmark aus den Jahren 876 bis 909, benannt.
Architekten
Slawa Coen-Walewa - Die aus Bulgarien stammende Slawa Coen-Walewa (geb. 1921) studierte zunächst von 1941 bis 1942 Architektur an der Technischen Hochschule Dresden, übersiedelte dann jedoch aufgrund der Kriegsereignisse nach Wien, wo sie ihr Studium an der Technischen Hochschule beendete und 1946 promovierte. Ab 1944 war sie Mitarbeiterin im Atelier von Karl Holey und bis 1950 auch dessen Hochschulassistentin an der TH Wien. Später wurde sie an der Lehrkanzel für Städtebau, Landesplanung und Raumplanung bei Johannes Ludwig und Rudolf Wurzer beschäftigt, wo sie bis 1960 blieb. Mit ihrer Heirat 1952 begann ihre selbstständige Tätigkeit als Architektin. Für die Gemeinde Wien entwarf sie unter anderem die Wohnhausanlage Aribogasse 28 in Wien 22. Weiters plante sie ihr eigenes Wohnhaus in Mödling (NÖ) sowie den Umbau eines Winzerhauses am Wiener Gallitzinberg.
Robert Kapeller - Robert (Josef) Kapeller (1894-1966) studierte ab 1918 bei Leopold Bauer und Clemens Holzmeister an der Akademie der bildenden Künste Wien. Für die Gemeinde Wien war er unter anderem an den Entwürfen zu den Wohnhausanlagen Ruthgasse 7 in Wien 19 (1967-1969) und Aribogasse 28 in Wien 22 (1963) beteiligt. Das Wohnhaus Geystraße 5-7 in Wien 11 (1960/61) wurde von ihm eigenständig geplant.
Kurt Neugebauer - Kurt Neugebauer (geb. 1926) studierte ab 1948 bei Lois Welzenbacher an der Akademie der bildenden Künste Wien. Für die Gemeinde Wien war er vorwiegend in Arbeitsgemeinschaften an der Errichtung mehrerer großer Wohnhausanlagen beteiligt, wie etwa der Anlagen Salisstraße 5-15 in Wien 14 (1974-1976) und Aribogasse 28 in Wien 22 (1963).
Carl Reinhardt - Carl Reinhardt (1890-1968) studierte ab 1911 bei Otto Wagner an der Akademie der bildenden Künste Wien. Für die Gemeinde Wien entwarf er unter anderem das Wohnhaus Meravigliagasse 5-7 in Wien 6 (1963/64) und war als Mitglied einer größeren Arbeitsgemeinschaft an der Planung zur Anlage Aribogasse 28 in Wien 22 (1963) beteiligt.
Rudolf Scherer - Rudolf Scherer (1891-1973) studierte an der Technischen Hochschule Wien u.a. bei Max Ferstel und Max Fabiani. Für die Gemeinde Wien entwarf er bis in die späten 1950er-Jahre Wohnhausanlagen. Diese sind - ebenso wie die nach seinen Plänen erbauten Sommerhäuser in Wien und Niederösterreich - betont funktional durchgestaltet.
Hermann Stiegholzer - Hermann Stiegholzer (1894-1982) studierte ab 1915 an der Akademie der bildenden Künste Wien, wo er nach kriegsbedingten Unterbrechungen 1924 bis 1926 die Meisterschule von Peter Behrens besuchte. Bereits Ende der 1920er-Jahre entstanden erste Wohnbauten nach seinen Entwürfen, wie etwa das Gemeindewohnhaus Gebauergasse 10 in Wien 21. In dieser Zeit ging Stiegholzer eine Arbeitsgemeinschaft mit Herbert Kastinger ein, in der vor allem Wohnhäuser entstanden. Wegweisend für ähnliche Bauaufgaben wurde das von ihnen geplante Arbeitsamt für Bauarbeiter (Herbststraße 6-10, Wien 16; nicht erhalten). In den 1950er-Jahren beteiligte sich Stiegholzer am Wiederaufbau und realisierte mehrere Wohnhäuser für die Gemeinde Wien.
Ferdinand Zimmermann - Ferdinand Zimmermann (1922-1977) studierte bereits 1940/41 und nach dem Zweiten Weltkrieg von 1945 bis 1948 Innenarchitektur und Möbelbau an der Kunstgewerbeschule bei Carl Witzmann. Als selbstständiger Architekt beteiligte er sich vor allem in größeren Architektengemeinschaften am Wohnhausbau der Gemeinde Wien. So wirkte er etwa an der Planung der Wohnhausanlagen Landstraßer Hauptstraße 173-175 in Wien 3 (1953-1956) und Dieselgasse 11-17 in Wien 10 (1959-1960) mit.
Robert Kanfer - Robert Kanfer (geb. 1930) studierte zunächst am North Gloucestershire Technical College in England, bevor er von 1953 bis 1957 an der Akademie für angewandte Kunst die Meisterklasse von Franz Schuster besuchte. Von 1962 bis 1995 führte er sein eigenes Architekturbüro in Wien. Den Schwerpunkt seiner Arbeiten legte er auf den Bereich Einfamilienhäuser. Für die Gemeinde Wien entwarf er unter anderem die Wohnhausanlage Richard-Wagner-Platz 4 in Wien 16 (1989-1991). Bekannt ist Robert Kanfer aber vor allem für die Wiederinstandsetzung der Zeremonienhalle am Israelitischen Friedhof in Wien 11 (1965-1967), die nach der teilweisen Zerstörung des Gebäudes im Zweiten Weltkrieg unter seiner Leitung erfolgte.