Max-Opravil-Hof
Max-Opravil-Hof
Wienerbergstraße 12, 1120 WienBaujahr: 1949-1954
Wohnungen: 425
Architekt: Edith Lessel, Erich Oberdorfer, Rudolf Kolowrath, Otto Nobis
Weitere Adressen
Unter-Meidlinger Straße 67, 1120 Wien
Moosbruggergasse 2, 1120 Wien
Eibesbrunnergasse 1, 1120 Wien
Wohnen in Wien
Ab 1949 war der Wohnbau zahlenmäßig wieder auf dem Niveau des "Roten Wien" der Zwischenkriegszeit. Doch noch war die Bevölkerung verarmt und oft obdachlos. Kleine Duplex-Wohnungen, die später zusammengelegt werden konnten, linderten schließlich die Wohnungsnot. 1951 wurde Franz Jonas, Sohn einer Arbeiterfamilie, Bürgermeister von Wien. In seine Amtszeit fiel die rege Bautätigkeit im Rahmen des Projektes "Sozialer Städtebau" ab 1952. Das 8-Punkte-Programm hatte die Trennung von Wohn- und Gewerbebereichen, eine Auflockerung der Wohnbereiche sowie die Assanierung einzelner Viertel zum Ziel. Die standardmäßige Ausstattung der Wohnungen wurde verbessert - alle neu gebauten Wohnungen waren mit Badezimmern ausgestattet und die Mindestgröße wurde von 42 auf 55 Quadratmeter angehoben.
Geschichte
Auf dem Areal der heutigen Wohnhausanlage gab es um 1900 nur eine projektierte Parzelle. Aus dem Jahr 1915 ist ein Bewilligungsantrag zur Errichtung eines Barackenspitals auf dem Gelände des Bürgerspitalfonds erhalten. Diesem Fonds dürfte der mittlerweile parzellierte, trapezförmige Baugrund damals gehört haben. An der Ecke Unter-Meidlinger-Straße/Eibesbrunnergasse wurde schließlich das Spital eingerichtet. Darüber hinaus gab es mehrere Kleinhäuser auf dem Areal. Entlang der Wienerbergstraße sind nach 1920 neben Äckern und Geräteschuppen auch eine Färberei und eine Verzinkerei nachweisbar. Diese Bebauung dürfte bis zum Zweiten Weltkrieg bestanden haben. Danach wurde der Max-Opravil-Hof im Jahr 1949 konzipiert.
Die Architektur
Der Grundriss des Areals ist trapezförmig. Entlang der Moosbruggergasse, der Unter-Meidlinger-Straße und der Eibesbrunnergasse sind drei lange, vierstöckige Blöcke in Randverbauung angeordnet. An der Wienerbergstraße schließt je ein kurzer Block in Westen und im Osten an. Im zur Wienerbergstraße offenen Teil des Hofes liegen zwei kürzere Blöcke parallel nebeneinander, ihre Schmalseiten weisen zur Straße. Sie sind durch Pergolen mit den kurzen Eckblöcken verbunden.Die langen, vielachsigen Außenfassaden der Anlage sind sparsam durch Erkerbänder sowie im Süden und Osten zusätzlich durch Balkonachsen gegliedert. Der Fassade an der Unter-Meidlinger-Straße wurden 1985 sechs hohe Aufzugstürme vorgestellt. Die Ost- und Westfassade wird durch einen kräftigen, vierachsigen Risalitblock südlich der Mitte unterbrochen, der ein wenig zurückhaltender auch hofseitig hervortritt. Die beiden Risalitblöcke sind leicht erhöht und zeichnen sich in der Dachlandschaft durch ein eigenes Walmdach ab. Ein ähnlicher Risalitblock ist an die Nord-Ost-Ecke gesetzt. Drei große, rechteckig eingeschnittene Tore jeweils in der Mitte der langen Trakte führen in den weitläufigen Innenhof. Eine schmale Straße darin verbindet das Osttor mit dem Westtor. Neu eingebaute, hoch aufragende Aufzugstürme an der östlichen und westlichen Hoffassade verändern heute das Gesamterscheinungsbild.Balkonachsen gliedern die Hoffassade des Nordflügels. Die beiden Fensterachsen über dem Durchgangstor zur tiefer liegenden Unter-Meidlinger-Straße werden durch französische Fenster betont. Auffällig sind die Flugdächer auf dünnen, rot gestrichenen Eisenstützen über den Stiegeneingängen, die die Strenge der Fassade auflockern. Vor der Mitte des Nordtraktes befindet sich im Hof ein niedriges, lang gestrecktes Kindergartengebäude von Edith Lessel und Robert Kolowrath.
... und die Kunst
Vor dem Kindergarten steht eine "Tiersäule" aus Keramik von Robert Obsieger. Hübsche Tierkörper wurden in der Art eines Totempfahls herausgearbeitet.
Der Name
Max Opravil (1896-1971) wurde als elftes Kind einer Arbeiterfamilie geboren und erlernte den Beruf des Maschinenschlossers. Schon in seiner Lehrzeit war er als sozialdemokratischer Jugendfunktionär tätig. Als Kommandant des Meidlinger Schutzbundes leitete er die Abwehrkämpfe im Februar 1934; nach der Niederlage musste er Österreich verlassen, weil der austrofaschistische Staat eine Kopfprämie auf seine Ergreifung ausgesetzt hatte. In der Tschechoslowakei wurde Opravil von Otto Bauer mit dem Aufbau der Flüchtlingshilfe betraut. 1938 kehrte er nach Wien zurück und arbeitete in den darauf folgenden Jahren als Angestellter in einem E-Werk. Bereits im April 1945 begann er sich für den Wiederaufbau der Meidlinger Parteiorganisation zu engagieren. Max Opravil gehörte von 1945 bis 1964 dem Wiener Gemeinderat an; von 1950 bis 1965 war er Bezirksobmann der SPÖ Meidling und von 1945 bis 1966 auch Obmann der Wiener Naturfreunde.
Architekten
Edith Lessel - Edith Lessel (geb. 1916 in Wien) studierte von 1935 bis 1938 und 1947/48 bei Hans Vetter und Franz Schuster Architektur an der Hochschule für angewandte Kunst Wien. Für die Gemeinde Wien entwarf sie vor allem in den 1950er-Jahren mehrere Wohnhausanlagen, wie etwa die Anlagen Baumgartenstraße 25-33 in Wien 14 (1952/53) und Hohenbergstraße 14-16 in Wien 12 (1951/52).
Erich Oberdorfer - Erich Oberdorfer (1900-1950) studierte von 1918 bis 1923 Architektur an der Technischen Hochschule Wien, wo er 1943 auch promovierte. Für die Gemeinde Wien entwarf er unter anderem das Wohnhaus Alliogasse 8-10 in Wien 15 (1941-1944). Zudem war Erich Oberdorfer von 1938 bis 1945 wissenschaftliche Hilfskraft an der Technischen Hochschule, ab 1943 mit Lehrauftrag.
Rudolf Kolowrath - Rudolf Kolowrath (geb. 1922) studierte Architektur bei Erich Boltenstern an der Akademie der bildenden Künste Wien. Für die Gemeinde Wien plante er etwa die Wohnhausanlage Rothenburgstraße 3 in Wien 12 (1953-1955) und zusammen mit Wilhelm Kaiser die Anlagen Justgasse 6-14 in Wien 21 (1950/51) und Sturgasse 3-5 in Wien 2 (1954-1956).
Otto Nobis - Otto Nobis (1914-2000) studierte bis 1941 an der Technischen Hochschule Wien. Bis 1945 arbeitete er im Büro von Siegfried Theiß an der Ausführung von Bunker- und Wehrbauten. Im Anschluss ging Nobis eine Bürogemeinschaft mit Alfred Dreier ein. Nach ihren Plänen erfolgte unter anderem der Wiederaufbau der Ankerbrot-Werke in Wien 10 (Absberggasse 35) und des "Hauses der Barmherzigkeit" in Wien 18 (Vinzenzgasse 2-6). Otto Nobis war ab 1964 auch maßgeblich am Bau des Schwesternheims und des neuen Wiener AKH in Wien 9 (Lazarettgasse) beteiligt.