Heimhof
Heimhof
Pilgerimgasse 22-24, 1150 WienBaujahr: 1921-1922
Wohnungen: 171
Architekt: Otto Rudolf Polak-Hellwig, Carl Witzmann
Weitere Adressen
Johnstraße 52, 1150 Wien
Wurmsergasse 45, 1150 Wien
Wohnen in Wien
Nach dem Ende des Ersten Weltkrieges wurde die Sozialdemokratie bestimmende Kraft im Wiener Rathaus. 1922 wurde Wien ein selbstständiges Bundesland. Damit war auch der Grundstein für das "Rote Wien" gelegt. Neben Reformen im Gesundheits- und Bildungswesen wurde 1923 ein umfangreiches Bauprogramm gestartet, um für die Bevölkerung menschenwürdige Wohnungen zu schaffen - hell, trocken, mit Wasserleitung und WC ausgestattet, waren sie ein krasser Gegensatz zu den Bassena-Wohnungen in den Mietskasernen. Wesentlicher Teil der Anlagen waren Gemeinschaftseinrichtungen wie Bäder, Kindergärten, Waschküchen, Mütterberatungsstellen, Ambulatorien, Tuberkulosestellen, Turnhallen, Bibliotheken etc. Die Stadt Wien errichtete in der Zwischenkriegszeit 63.000 Wohnungen.
Geschichte
In seiner ursprünglichen Form hat der Heimhof eine kurze, aber bewegte Geschichte: Das 1923 von der "Gemeinnützigen Bau- und Wohnungsgenossenschaft Heimhof" eröffnete Einküchenhaus, das vor allem den Frauen viel Arbeit abnehmen sollte, kam schon 1924 in finanzielle Schwierigkeiten und wurde von der Gemeinde Wien übernommen. Die Verwaltung blieb noch in der Hand der Genossenschaft und das Konzept wurde auch nach dem Ausbau der Wohnanlage durch die Stadt weitergeführt. Zu Beginn des Austrofaschismus jedoch wurden Speisesaal und Großküche gesperrt, 1939 wurde die Genossenschaft liquidiert. Ein Großteil der BewohnerInnen des Heimhofes - engagierte Sozialdemokraten und Juden - wurden nach der Machtübernahme der Nazionalsozialisten delogiert und verschleppt.
Die Architektur
Das heutige Erscheinungsbild des Heimhofes ist Resultat zweier Baustufen. Otto Rudolf Polak-Hellwig errichtete in den Jahren 1921-22 im Auftrag der "Wohnungsgenossenschaft Heimhof" einen freistehenden Trakt in der Pilgerimgasse, in dessen Mitte sich auch heute noch der Haupteingang befindet. Dieser Trakt umfasste 24 Wohnungen und eine Zentralküche. Die bauliche Erweiterung stammt aus den Jahren 1925-26 von Otto Rudolf Polak-Hellwig und Carl Witzmann. Der bestehende Bau wurde durch Zubauten erweitert, wobei Carl Witzmann nur für den Bau des Kindergartens verantwortlich zeichnet. Die Architektur des Heimhofes wird oftmals als "wenig interessant" beschrieben: tatsächlich liegt seine Besonderheit nicht etwa im verwendeten Formenrepertoire, sondern in der innenarchitektonischen, räumlichen Gestaltung einer neuen Lebensform.
... und die Kunst
In den Lünetten über den Eingängen zum Kindergarten befinden sich, dem architektonischen Zweck des Gebäudes entsprechend, Majolikareliefs mit Kinderdarstellungen.
Der Name
Der Name Heimhof leitet sich von der "Gemeinnützigen Bau- und Wohnungsgenossenschaft Heimhof" ab. Von dieser Genossenschaft wurde bereits 1911 in der Peter-Jordan-Straße im 18. Bezirk ein "Heimhof" für alleinstehende berufstätige Frauen errichtet. Die Idee dazu stammte von der Sozialreformerin und Frauenrechtlerin Auguste Fickert (1855-1910).
Architekten
Otto Rudolf Polak-Hellwig - Otto Rudolf Polak-Hellwig (1885-1951) studierte zunächst an der Technischen Hochschule Wien und von 1908 bis 1909 an der Akademie der bildenden Künste. Er beschäftigte sich vor allem mit rationeller Wohnungs- und Haushaltsplanung. Im 17. Bezirk schuf er 1916 ein prototypisches Einküchenhaus, das jedoch 1959 abgerissen wurde. 1938 emigrierte er nach Australien.
Carl Witzmann - Carl Witzmann (1883-1952) studierte von 1900 bis 1940 an der Kunstgewerbeschule Wien unter anderem bei Josef Hoffmann. Durch seine eigene Lehrtätigkeit an der Kunstgewerbeschule hatte er großen Einfluss auf die nachfolgende Architektengeneration. Sein Werk umfasst vor allem Villen und die Inneneinrichtung von zahllosen Wiener Café-Häusern (z. B. Café Sacher).