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Szydzina-Hof

Fakten

Szydzina-Hof

Salzachstraße 4-6, 1200 Wien

Baujahr: 1925-1926

Wohnungen: 66

Architekt: Karl Ehn

Weitere Adressen

Leystraße 83-85, 1200 Wien

Wohnen in Wien

Nach dem Ende des Ersten Weltkrieges wurde die Sozialdemokratie bestimmende Kraft im Wiener Rathaus. 1922 wurde Wien ein selbstständiges Bundesland. Damit war auch der Grundstein für das "Rote Wien" gelegt. Neben Reformen im Gesundheits- und Bildungswesen wurde 1923 ein umfangreiches Bauprogramm gestartet, um für die Bevölkerung menschenwürdige Wohnungen zu schaffen - hell, trocken, mit Wasserleitung und WC ausgestattet, waren sie ein krasser Gegensatz zu den Bassena-Wohnungen in den Mietskasernen. Wesentlicher Teil der Anlagen waren Gemeinschaftseinrichtungen wie Bäder, Kindergärten, Waschküchen, Mütterberatungsstellen, Ambulatorien, Tuberkulosestellen, Turnhallen, Bibliotheken etc. Die Stadt Wien errichtete in der Zwischenkriegszeit 63.000 Wohnungen.

Geschichte

Die Wohnanlage befindet sich auf dem Gebiet der ehemaligen Ortschaft Zwischenbrücken, die unabhängig von Brigittenau entstand, als die Donau noch unreguliert war und die Taborbrücke errichtet wurde. Teile davon gehörten lange Zeit zum 2. Bezirk. 1900 wurden Brigittenau und Zwischenbrücken zum 20. Wiener Gemeindebezirk zusammengefasst. In der Zwischenkriegszeit wurde eine Reihe großer Wohnanlagen in diesem Gebiet errichtet. Für den Bau des Szidzina-Hofes wurden zwei einander gegenüberliegende Bauparzellen in Leystraße und Salzachstraße zusammengelegt. Die beiden Wohntrakte sind durch eine schmale Hofanlage mit einer Werkstätte und einer Wagenhalle für Elektromobile verbunden. Im Wesentlichen blieb der Bau in seiner äußeren Erscheinung seit den 1920er-Jahren unverändert. Während des Zweiten Weltkrieges wurde die Anlage trotz zahlreicher Bombentreffer in der unmittelbaren Umgebung kaum beschädigt. Nach dem Krieg waren Adaptierungen der Nutzgebäude notwendig geworden. Zudem wurde die ursprüngliche Zahl von 72 Wohnungen auf 66 reduziert und man baute nachträglich Sanitäranlagen ein.

Die Architektur

Die Anlage besteht aus zwei parallelen Wohngebäuden entlang der Leystraße und der Salzachstraße mit je einem Kellergeschoß, einem Erdgeschoß und vier Stockwerken. Die Wohntrakte haben insgesamt vier Stiegen, von denen je zwei von den beiden Straßenseiten her betreten werden können. Die geschlossene Bauweise der Trakte ist für die Bauzeit typisch und noch an gründerzeitlichen Entwürfen orientiert. Zwischengesimse gliedern die Fassade horizontal. Unterhalb der Fensterreihen verläuft jeweils ein markantes Gesims, oberhalb ein weniger ausgeprägtes, sodass die Fassaden horizontal in bandartige Zonen unterteilt werden. Die Sockelzone ist von den Fenstern des Erdgeschoßes begrenzt. Sie ist schlicht gehalten und wird nur von den Eingangsbereichen durchbrochen. Die Eingänge werden von spitzen Wandpfeilern flankiert und von Gesimsen nach oben hin begrenzt. Im ersten Stock setzen an beiden Trakten je vier weit vorspringende Spitzerker an, die bis an die Fenster des vierten Obergeschoßes herangeführt sind. Sie lockern das Fassadenbild und erzeugen den Eindruck von Mehrschichtigkeit. Das vierte Hauptwohngeschoß ist gegenüber der restlichen Fassade etwas zurückversetzt. Dadurch wirkt der Bau in den schmalen Straßen etwas weniger hoch und drückend. Das oberste Geschoß ist wie die Sockelzone schlicht gehalten und wird von einem durchgängigen Hauptgesims abgeschlossen. Zwischen den Straßentrakten befindet sich die Wagenhalle, die ursprünglich für Elektromobile geplant wurde und heute Fahrzeuge der MA 48 beherbergt. Diese Halle wurde als glasgedeckte Eisenkonstruktion angelegt und nachträglich adaptiert. Sie ist heute Teil der Garage Brigittenau, die sich bis zur Traisengasse erstreckt. Vom Parkplatz der Garage Brigittenau aus betrachtet, ist die Fassade symmetrisch zu der spitzgiebeligen Einfahrt der Wagenhalle hin aufgebaut. Der Dachgiebel der Halle erreicht die Höhe des ersten Obergeschoßes der Wohntrakte. Deren Fassadengestaltung ist an dieser Seite schlichter und blockhafter. An den Flanken befinden sich turmartige Risalite, die bis ans vierte Hauptgeschoß heranreichen. Die Sockelzonen der Wohntrakte sind erhöht und schließen gleichauf mit den Mauern der Wagenhalle ab. Durch diese kongruente Gestaltung im Bereich des Sockels ist es gelungen, die unterschiedlich genutzten Baukörper zu einem architektonischen Gesamtbild zusammenzufügen. An den Hofseiten dominieren durchlaufende Zwischengesimse die Fassadengestaltung. Auf den Dächern befinden sich zum Hof hin Dachmansarden. Insgesamt ist die Anlage für die Bauzeit auffallend schlicht und blockhaft. Besonders interessant erscheinen die Kombination der Wohngebäude mit einer Wagenhalle und die daraus resultierende zweckgebundene Schlichtheit der formalen Gestaltung.

Der Name

Der Szidzina-Hof wurde 1949 nach Franz Szidzina (1908-1935) benannt. Er kämpfte in den Februargefechten 1934 als Mitglied des Republikanischen Schutzbundes und verstarb ein Jahr später in Polizeihaft.

Architekten

Karl Ehn - Karl Ehn (1884-1959) studierte von 1904 bis 1907 an der Akademie der bildenden Künste Wien bei Otto Wagner. Bereit 1908 trat er in den Dienst des Wiener Stadtbauamts. Vor dem Ersten Weltkrieg errichtete er vor allem Nutzbauten wie etwa Lagerhäuser für die Gemeinde Wien. In den 1920er- und 1930er-Jahren entstanden zahlreiche Wohnhausanlagen nach seinen Entwürfen, darunter auch sein prominentestes Bauwerk: der Karl-Marx-Hof in Wien 19. Auch nach dem Zweiten Weltkrieg war Ehn noch als Architekt tätig. Sein letztes Bauwerk, der Karl-Schönherr-Hof in Wien 9, wurde 1952 vollendet.