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Georg Schmiedel-Hof

Fakten

Georg Schmiedel-Hof

Kluckygasse 16-18, 1200 Wien

Baujahr: 1927-1928

Wohnungen: 77

Architekt: Viktor Ignaz Weixler

Weitere Adressen

Hannovergasse 13-15, 1200 Wien

Wohnen in Wien

Nach dem Ende des Ersten Weltkrieges wurde die Sozialdemokratie bestimmende Kraft im Wiener Rathaus. 1922 wurde Wien ein selbstständiges Bundesland. Damit war auch der Grundstein für das "Rote Wien" gelegt. Neben Reformen im Gesundheits- und Bildungswesen wurde 1923 ein umfangreiches Bauprogramm gestartet, um für die Bevölkerung menschenwürdige Wohnungen zu schaffen - hell, trocken, mit Wasserleitung und WC ausgestattet, waren sie ein krasser Gegensatz zu den Bassena-Wohnungen in den Mietskasernen. Wesentlicher Teil der Anlagen waren Gemeinschaftseinrichtungen wie Bäder, Kindergärten, Waschküchen, Mütterberatungsstellen, Ambulatorien, Tuberkulosestellen, Turnhallen, Bibliotheken etc. Die Stadt Wien errichtete in der Zwischenkriegszeit 63.000 Wohnungen.

Geschichte

Für die Errichtung des Georg-Schmiedel-Hofs wurde 1927 in der Kluckygasse 16-18 ein bestehendes Gebäude abgetragen. Während des Zweiten Weltkriegs erlitt der Gemeindebau Schäden im Bereich der Stiegen 1, 5 und 6 und wurde 1950 originalgetreu wiederhergestellt.

Die Architektur

Der Georg-Schmiedel-Hof schließt zwei sich in einem Straßenblock gegenüberliegende Baulücken und verbindet sie mit mehrfach abgewinkelten Seitentrakten zu einer geschlossenen Hofbebauung. Der kubisch abgestufte, grün verputzte Bau wird zur Hannovergasse durch einen niedrigen Trakt mit zwei Geschäftsläden und einer Durchfahrt mit schmiedeeisernem Tor räumlich abgeschlossen. Monumentalität erhält der Eingangsbereich durch die beiden Wandvorlagen aus Klinkerziegeln, auf denen ein Gesimsband optisch auflagert und die sich in den flankierenden klinkerverkleideten Eckloggien fortsetzen. Die beiden in der Höhe gestaffelten Baukörper schließen im fünften Obergeschoß mit Terrassen mit horizontal betonten Brüstungsgeländern ab. Nicht zuletzt hier zeigen sich Einflüsse des zeitgenössischen holländischen Sozialbaus, der in Wien damals sehr aufmerksam verfolgt wurde.

Der Klinkersockel und das über dem Erdgeschoß über die ganze Fassadenlänge durchlaufende Gesims werden an der Fassade in der Kluckygasse wiederholt. Die vier Hauptgeschoße darüber werden in zwei - drei Fensterachsen breite - erhöhte Seitentrakte und einen niedrigeren Mitteltrakt gegliedert. Die Seitentrakte sind zusätzlich durch flache Erker und Gesimsstreifen betont. Im ersten Innenhof befindet sich ein Jugendhort in einem vorgelagerten ebenerdigen Zubau. Im dahinterliegenden Straßenhof stechen besonders die runden, glasverkleideten Stiegenhäuser hervor. Umlaufende Gesimsstreifen über dem Erdgeschoß und unter dem fünften Obergeschoß betonen die in Höhe wie Tiefe gestaffelten Hoffassaden vertikal und halten die zergliederten Baukörper optisch zusammen.

... und die Kunst

Über dem Eingang in der Kluckygasse 16-18 ist der ornamentale Keramikfries "Vindobona" von Josef Riedl zu sehen. Er zeigt in bewusster Anlehnung an Madonnendarstellungen eine Mutter mit ihren zwei Kindern.

Der Name

Die Wohnhausanlage wurde nach Georg Schmiedel (1855-1929), dem Mitbegründer der "Naturfreunde", benannt. "Dem arbeitenden Menschen die Schönheit der Natur zu erschließen, war die Lebensaufgabe des Lehrers Georg Schmiedel", steht auf der Gedenktafel geschrieben (das Sterbedatum ist mit 1924 falsch angegeben). Die dem Sozialdemokraten gewidmete Tafel wurde von den Nationalsozialisten zerstört und 1955 wieder angebracht.

Prominente Bewohner

Philipp Rottenberg, geboren am 28. 9. 1890, war Bezirksrat der Brigittenau und bewohnte mit seiner Frau den Gemeindebau in der Kluckygasse 16-18, bis die beiden 1938 von den Nationalsozialisten vertrieben wurden. Rottenberg und seine Frau wurden am 5. 6. 1942 nach Polen in das Ghetto Izbica deportiert und ermordet. Izbica war ein Durchgangslager in die Vernichtungslager, vor allem nach Belzec und Sobibór. Heute erinnert eine Gedenktafel an den "Kündigungsgrund Nichtarier" und an die Vertreibung und Ermordung der jüdischen Mitbewohner dieses Gemeindebaus.

Architekten

Viktor Ignaz Weixler - Prof. DI Viktor Ignaz Weixler (19.11.1883, Dresden - 11.12.1977, Wien) studierte von 1904 bis 1912 an der Technischen Hochschule Wien Architektur. Zwischen 1912 und 1913 war er im Stadtbauamt der Gemeinde Wien tätig, beendete diese Stelle allerdings, um als Assistent an der Technischen Hochschule zu unterrichten. Seine Tätigkeit wurde durch den Kriegsdienst während des Ersten Weltkriegs unterbrochen. Weixler war als freischaffender Architekt aber vor allem als Grafiker tätig. Er gab Unterricht in graphischen Fächern, von 1922 bis 1944 an der Wiener "Frauenakademie", von 1945 bis 1952 an der Modeschule der Stadt Wien, der späteren "Modeschule Hetzendorf", die Weixler mitbegründete.