Schüttauhof
Schüttauhof
Schiffmühlenstraße 58-64, 1220 WienBaujahr: 1924-1925
Wohnungen: 271
Architekt: Alfred Stutterheim, Ludwig Tremmel, Alfred Rodler
Weitere Adressen
Am Kaisermühlendamm 55-61, 1220 Wien
Wohnen in Wien
Nach dem Ende des Ersten Weltkrieges wurde die Sozialdemokratie bestimmende Kraft im Wiener Rathaus. 1922 wurde Wien ein selbstständiges Bundesland. Damit war auch der Grundstein für das "Rote Wien" gelegt. Neben Reformen im Gesundheits- und Bildungswesen wurde 1923 ein umfangreiches Bauprogramm gestartet, um für die Bevölkerung menschenwürdige Wohnungen zu schaffen - hell, trocken, mit Wasserleitung und WC ausgestattet, waren sie ein krasser Gegensatz zu den Bassena-Wohnungen in den Mietskasernen. Wesentlicher Teil der Anlagen waren Gemeinschaftseinrichtungen wie Bäder, Kindergärten, Waschküchen, Mütterberatungsstellen, Ambulatorien, Tuberkulosestellen, Turnhallen, Bibliotheken etc. Die Stadt Wien errichtete in der Zwischenkriegszeit 63.000 Wohnungen.
Geschichte
Im Zuge der Donauregulierung in den 1870er-Jahren wurden die meisten ehemaligen Seitenarme der Donau trockengelegt. So verschwand auch die "Schütt" genannte Insel, auf der sich Auen befanden. Im Zuge der Renovierung des nach dieser Au benannten "Schüttau-Hofes" wurden seine Originalfarben verändert. Anstatt der in den Höfen weiß-roten und an den Straßenfassaden weiß-orangen Farbgebung wählte man eine einheitliche weiß-rosa Färbelung. Zu medialer Berühmtheit gelangte die Wohnhausanlage in den 1990er-Jahren durch die beliebte Fernsehserie "Kaisermühlenblues", die den Schüttauhof zu einem ihrer Hauptschauplätze machte. Häufiger Außendrehort war der Innenhof bei Stiege 7, in der Serie bekannt als Stiege 10.
Die Architektur
Die große sechsgeschoßige Wohnhausanlage, welche um zwei Innenhöfe gruppiert ist, weist an den beiden Straßenfronten jeweils einen 14-achsigen Mittelblock und zwei niedrigere siebenachsige Seitenrisalite auf. Während die Baulinie an der Kaisermühlendammseite zwischen den Risaliten nur ein wenig zurückspringt, kann an der Schiffmühlenstraße schon fast von einem Straßenhof gesprochen werden. Die Straßen- und Hoffronten des Gemeindebaus sind durch zahlreiche unterschiedliche, expressive Elemente gegliedert: Neben mehrgeschoßigen Dreieckserkern bestechen vor allem die expressiven, polygonalen, kristallin anmutenden Erker, die in ihrer Formgebung wohl einzigartig sind. Auffallend ist auch die vor allem im Hof großteils horizontale Gliederung der Fassade, welche mittels farblich differenzierter Sohlbankgesimse erzielt wird. Besondere Beachtung verdienen die Stiegenhauseingänge in Form von polygonalen, durchfensterten Torhäuschen mit ihrem weit auskragenden Dach.
Der Name
Am 20. Oktober 1926 wurde die städtische Wohnhausanlage in "Schüttau-Hof" benannt. Diesen Namen erhielt dieser Gemeindebau nach der ehemaligen Donauinsel "Schütt", auf der sich einst Auen befanden. Diese Insel ist seit der Donauregulierung in den 1870er-Jahren nicht mehr existent.
Architekten
Alfred Stutterheim - Alfred Stutterheim (1879-1929) studierte von 1899 bis 1904 an der Technischen Hochschule Wien u. a. bei Karl Mayreder, Karl König und Max Ferstel. In den Jahren 1905 und 1906 arbeitete Alfred Stutterheim in Max von Ferstels Atelier. Anschließend ging er nach Troppau (heute Opava/CZ), wo er bis 1909 im dortigen Stadtbauamt wirkte. 1909 erhielt er eine Lehrstelle an der Staatsgewerbeschule in Wien. 1929 verstarb Alfred Stutterheim im Alter von nur 50 Jahren. Zu seinen Werken gehören unter anderem neben der mit Alfred Rodler und Ludwig Tremmel gemeinsam geplanten Wohnhausanlage "Schüttau-Hof" in Wien 22 (1924-1925) auch der mit einer Goldmedaille ausgezeichnete Generalplan samt Pavillons der Jubiläumsausstellung in Troppau (1909).
Ludwig Tremmel - Ludwig Tremmel (1875-1964) studierte bis 1898 an der Akademie der bildenden Künste Wien, wo er die Meisterschule von Viktor Luntz absolvierte. Er erhielt zunächst eine Anstellung als Architekt bei der Niederösterreichischen Statthalterei, für die er eine Reihe von Großprojekten realisierte. Eines seiner frühen Bauwerke in Wien ist das repräsentative Gebäude des Hygieneinstituts der Universität Wien in Wien 9 (Kinderspitalgasse 15, 1905/08). Von 1907 bis 1918 war er Lehrer an der deutschen Staatsgewerbeschule in Pilsen (Böhmen), wo er auch eine große Anzahl von Wohn- und Geschäftshäusern realisierte. Zurück in Wien lehrte er bis 1939 an der technisch-gewerblichen Bundeslehranstalt.
Alfred Rodler - Alfred Rodler (1881, Lemberg/Ukraine - 1948, Wien) studierte von 1902 bis 1905 an der Technischen Hochschule Wien bei Heinrich Ferstel und Karl Mayreder und von 1906-1908 bei Friedrich Ohmann an der Akademie der bildenden Künste Wien. Nach einem kurzen Praktikum bei Max Fabiani wurde Alfred Rodler bereits 1906 Assistent von Karl Mayreder an der Technischen Hochschule Wien. Es folgte erst ein Lehrauftrag an der Staatsgewerbeschule Wien und ab 1913 eine Professur ebendort. Der dem Heimatschutzstil verpflichtete Alfred Rodler, einer der bedeutendsten Schüler von Friedrich Ohmann, errichtete mit Julius Schulte unter anderem 1914 eine Reihenhaussiedlung in Linz sowie mit Ludwig Tremmel und Alfred Stutterheim den "Schüttau-Hof" in Wien 22 (1924-1925).