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Rosa-Albach-Retty-Hof

Fakten

Rosa-Albach-Retty-Hof

Billrothstraße 42-48, 1190 Wien

Baujahr: 1973-1975

Wohnungen: 70

Architekt: Hanns Kunath

Wohnen in Wien

In den 1970er-Jahren begann eine erste Sanierungswelle des Wohnungsaltbestands der Stadt Wien, um den Wohnstandard anzuheben. Zusätzlich wurden von 1972 bis 1977 rund 16.500 neue Wohnungen gebaut. Der Wohnungsmangel war beseitigt. Nun sollten sich neue Anlagen auch besser in ihre Umgebung einfügen, sich vom Straßenverkehr abwenden, öffentlich gut erreichbar und vor allem mit der nötigen Nahversorgung ausgestattet sein. Damit rückte auch ein Grundgedanke des "Roten Wien" aus den 1930er-Jahren wieder in den Mittelpunkt: Es wurde wieder Wert auf die Sozialisierung des Wohnens gelegt. 1978 wurde die Grundsteinlegung der 200.000sten Wohnung seit 1923 gefeiert.

Geschichte

Dieses Wohn- und Geschäftshaus wurde in den 1970er-Jahren auf einem bis dahin weitgehend unbebauten Grundstück errichtet. In diesem Stadtviertel, nämlich sowohl in der Billrothstraße als auch in der hier beginnenden Krottenbachstraße, waren in den Jahrzehnten davor eine größere Anzahl an Gemeindebauten angelegt worden, ein Vorhaben, das mit dieser Anlage zum Abschluss gelangte. In diesem Gebäude befindet sich die Gebietsbetreuung für den 19. Bezirk.

Die Architektur

Die Anlage besteht aus einem vorgelagerten, ebenerdigen Geschäftstrakt, der parallel zur Billrothstraße verläuft, sowie einem dahinter liegenden fünfgeschoßigen Wohnhaus auf T-förmigem Grundriss. Links neben der Geschäftszeile führt ein Weg durch ein Gittertor auf das Grundstück, wo nahezu 20 Meter hinter der Baulinie das fünf- bis sechsgeschoßige Wohngebäude angelegt ist. Die Stiegen 1-3 liegen parallel zur Billrothstraße, die straßenseitigen Loggien und Fenster wurden durch Waschbetonplatten zu Bändern zusammengefasst. Die Hoffassaden des Hauptgebäudes zeigen jeweils zwei Doppelerker, die sich über mehrere Geschoße erstrecken und zwischen denen die Stiegenhäuser verlaufen, welche durch den farblich abweichenden Anstrich zusätzlich hervorgehoben sind. Die 4. Stiege befindet sich in dem rechtwinkelig zum Hauptgebäude angelegten Gartentrakt, durch welchen ein Durchgang führt und in dem die Gedenktafel für die Errichtung des Gemeindebaus angebracht wurde. Die straßenabgewandte Seite des Gebäudes ist von einer großzügigen, parkähnlichen Gartenanlage mit Kinderspielplatz umgeben. Von hier aus sind alle Wohnungen zugänglich, wobei die Hauseingänge jeweils die gleiche Form zeigen, nämlich eine Überdachung, die zum Betreten einladen soll. Gartenseitig wurden an den süd- und ostseitigen Fronten Loggien angelegt. Sämtliche Bauteile wurden mit Flachdächern ausgestattet.

... und die Kunst

Der Bau wurde mit dem Keramikrelief "Döblinger Sonnenrad" von Trude Diener-Hillinger sowie dem mit einem Mosaik geschmückten Vogelbrunnen von Elisabeth Eisler ausgestattet.

Der Name

Der Hof wurde nach Rosa Albach-Retty (1874-1980) benannt. Der Text der Gedenktafel besagt "Letzte Hofschauspielerin, erste Trägerin der Kainzmedaille und Ehrenmitglied des Wiener Burgtheaters, dem sie als eine der bedeutendsten Darstellerinnen von 1903-1958 aktiv angehörte."
Als Österreich im März 1938 mit dem "Anschluss" dem Deutschen Reich einverleibt wurde, war Rosa Albach-Retty bereits seit 35 Jahren Ensemblemitglied und seit einem Jahrzehnt Ehrenmitglied des Burgtheaters. Eine Anbiederung an die neuen Machthaber zwecks Karriereförderung wäre nicht notwendig gewesen. Rosa Albach-Retty war zwar weder Mitglied der NSDAP noch bemühte sie sich um eine Aufnahme, allerdings waren sie und ihr Mann fördernde Mitglieder der SS. Davor war sie Mitglied der Vaterländischen Front gewesen. Als großer Publikumsliebling und bekennende Verehrerin Hitlers wurde Rosa Albach-Retty von der nationalsozialistischen Kulturpolitik hofiert. Als hochgeschätzte Künstlerin fand sie sich denn auch auf der sogenannten "Gottbegnadeten-Liste" der Nationalsozialisten.

Architekten

Hanns Kunath - Hanns Kunath (1902-1979) absolvierte sein Architekturstudium an der Technischen Hochschule Graz. 1941 wurde er wegen "politischer Unzuverlässigkeit" aus der Reichskulturkammer ausgeschlossen. Ab 1951 war er Mitglied des Wiener Künstlerhauses. Für die Gemeinde Wien entstanden mehrere Wohnhausanlagen nach seinen Plänen. Außerdem realisierte er Genossenschaftssiedlungen, Verwaltungs- und Sakralbauten in ganz Österreich.