Josef-Bohmann-Hof
Josef-Bohmann-Hof
Oskar-Grissemann-Straße 2, 1220 WienMurrstraße 2, 1220 Wien
Baujahr: 1976-1978
Wohnungen: 1329
Architekt: Karl Mang, Egon Fraundorfer, Alfred Viktor Pal, Manfred Stein, Eva Mang, Annemarie Obermann, Johann Georg Gsteu, Udo Schrittwieser, Günther Schuster
Weitere Adressen
Eipeldauer Straße 21-25, 1220 Wien
Alfred-Kubin-Platz 1, 1220 Wien
Kurt-Absolon-Weg 1, 1220 Wien
Kurt-Absolon-Weg 2, 1220 Wien
Kurt-Ohnsorg-Weg 1, 1220 Wien
Andreas-Urteil-Weg 2, 1220 Wien
Georg-Ehrlich-Weg 1, 1220 Wien
Georg-Ehrlich-Weg 2, 1220 Wien
Herbert-Boeckl-Weg 1, 1220 Wien
Aderklaaer Straße 2, 1220 Wien
Alfred-Kubin-Platz 4, 1220 Wien
Murrstraße 3, 1220 Wien
Andreas-Urteil-Weg 1, 1220 Wien
Kurt-Ohnsorg-Weg 2, 1220 Wien
Murrstraße 1, 1220 Wien
Santifallerstraße 1-5, 1220 Wien
Herbert-Boeckl-Weg 2, 1220 Wien
Santifallerstraße 2, 1220 Wien
Aderklaaer Straße 2, 1220 Wien
Wohnen in Wien
In den 1970er-Jahren begann eine erste Sanierungswelle des Wohnungsaltbestands der Stadt Wien, um den Wohnstandard anzuheben. Zusätzlich wurden von 1972 bis 1977 rund 16.500 neue Wohnungen gebaut. Der Wohnungsmangel war beseitigt. Nun sollten sich neue Anlagen auch besser in ihre Umgebung einfügen, sich vom Straßenverkehr abwenden, öffentlich gut erreichbar und vor allem mit der nötigen Nahversorgung ausgestattet sein. Damit rückte auch ein Grundgedanke des "Roten Wien" aus den 1930er-Jahren wieder in den Mittelpunkt: Es wurde wieder Wert auf die Sozialisierung des Wohnens gelegt. 1978 wurde die Grundsteinlegung der 200.000sten Wohnung seit 1923 gefeiert.
Geschichte
Im Zuge der Stadterweiterung nach Norden wurde in den 1970er-Jahren im Anschluss an den alten Ortskern von Leopoldau die Wohnhausanlage errichtet. Der Leopoldauer Platz, der das einstige Zentrum der ehemaligen Ortschaft darstellte, befindet sich nördlich des Wohnbaus. Die Anlage wurde von einem Architektenteam geplant, wobei jeder Architekt seinen Abschnitt selbstständig ausführte. Daher und auch aufgrund der wechselnden Orientierung der einzelnen Gassen ergaben sich zahlreiche unterschiedliche Wohnungstypen und Grundrissvarianten.
Die Architektur
Die Wohnhausanlage erstreckt sich auf einem Gelände zwischen dem alten Ortskern von Leopoldau und der Eipeldauerstraße. Auf diese Weise stellt die Anlage eine Achse zwischen der Bebauung der Saikogasse und Leopoldau her und markiert gleichzeitig den Übergang zwischen dem 21. und dem 22. Bezirk. Die Anlage besteht aus einem zentralen Platz, an einer gebogenen Gasse, an der die einzelnen Wohntrakte fächerförmig aufgereiht sind. Das Motiv der leicht gekrümmten Straße findet sich im nahe gelegenen alten Ortskern von Leopoldau wieder. Der Straßenbogen führt über den Rennbahnweg weiter und stellt eine Verbindung zur Wagramer Straße und zur dortigen U-Bahnstation her. Die strahlenförmige Anordnung der Baukörper betont den geschlossenen Platz in der Mitte. Die Besonderheit des Wohnbaus liegt darin, dass man von einer Einheitlichkeit der Gestaltung Abstand genommen hat. Stattdessen wurden die einzelnen Wohnblöcke von verschiedenen Architekten nach ihren Vorstellungen geplant. Auch wenn der abwechslungsreiche Charakter der Anlage im Vordergrund steht, bleibt aufgrund der Grundrisslösung das gemeinsame Konzept des Wohnbaus erhalten. Alle Wohnhäuser verfügen über drei bis fünf Geschoße und sind mit Balkonen und zum Teil auch Terrassen ausgestattet. Die Bauhöhe nimmt sowohl auf die dörfliche Verbauung im Norden als auch auf die neungeschoßigen Bauten an der Saikogasse Rücksicht, indem sie sich von drei auf fünf Geschoße entwickelt.Die Wohnblöcke bestehen aus jeweils zwei gegenüberliegenden Trakten, die entlang der einzelnen Gassen angeordnet sind. Die unterschiedlichen Grundrisslösungen und Ausrichtungen der Bauteile ließen verschiedene Wohnungstypen entstehen. Im Norden wurde die Idee der Terrassenhäuser verwirklicht, die im Sinne einer Öffnung nach außen Wohnraum und Terrasse als eine Einheit ansieht. Ein anderer Wohnungstyp sind die sogenannten Split-Level-Wohnungen, die über versetzten Geschoßen angelegt sind, wodurch der Wohnbereich strukturiert werden soll. Mehrere Grünflächen, Sitzmöglichkeiten und Kinderspielplätze sorgen für eine zusätzliche Verbindung der unterschiedlichen Gebäudekomplexe und beleben das gesamte Areal. Das Herzstück der Anlage ist der Alfred-Kubin-Platz, der von einer fünfgeschoßigen Bebauung umgeben ist. Der Platz, auf den die Wohnstraßen und Wege zulaufen, beherbergt mehrere Wirtschaften und Geschäftslokale. Eine umlaufende Reihe von Arkaden säumt den Platz und setzt sich in verglasten Brückengalerien, die unter dem ersten Stockwerk angebracht sind, fort. Im Nordwesten schließt ein Schulbezirk an den Hauptplatz an, der mit einer Volksschule, einer Hauptschule, zwei Kindertagesheimen und einem Kindertageshort ausgestattet ist. Darüber hinaus stehen 40 Wohnungen für alte Menschen und 15 Wohnungen, die den Bedürfnissen behinderter Menschen entsprechen, zur Verfügung.
... und die Kunst
Der Alfred-Kubin-Platz weist eine besondere Bodengestaltung auf, die die Rolle des Platzes als Zentrum der Wohnhausanlage betonen soll. Die Fläche entwickelt sich von außen in hellen Betonplatten mit schwarzen Asphaltfeldern und führt mit schwarzen Friesen und hellen Feldern die Bewegung zur Platzmitte fort. An den Endpunkten der schraubenartig gegeneinander versetzten Rampenflächen befinden sich zwei Skulpturen, die die Polarität der Asphaltgestaltung ergänzen. Eine liegende Brunnenplastik von Mathias Hietz steht einer aufstrebenden marmornen, mit Gold bekrönten Säule von Stephan Kamenyeczky gegenüber. Im östlichen Teil der Anlage, nahe der Melangasse, steht die Metallskulptur "Gruppierte Formen" von Franz Katzgraber aus dem Jahr 1978. Diese wird vom 2.7.2013 bis 4.1.2014 nahe des Wiener Rathauses im MUSA - Museum auf Abruf im Rahmen der Ausstellung "Die 70er Jahre" zu sehen sein und nach ungefähr zwei Jahren wieder auf den alten Standort zurückversetzt.
Der Name
Die Wohnhausanlage ist nach dem ehemaligen Bezirksobmann der SPÖ Donaustadt Josef Bohmann (1906-1968) benannt. Er war zwischen 1954 und 1968 Mitglied des Wiener Gemeinderates.
Architekten
Karl Mang - Karl Mang (geb. 1922) studierte Architektur an der Technischen Hochschule Wien, wo er nach kriegsbedingter Unterbrechung 1948 sein Diplom erhielt. Zusammen mit seiner Frau Eva Mang (1927-2000) realisierte er zahlreiche Inneneinrichtungen, Wohnbauten, aber auch Ausstellungsprojekte. Zu ihren bedeutendsten Werken gehören unter anderem die Inneneinrichtung des UN-Generalsekretariats in New York City (1972) und der Umbau des Palais Lobkowitz zu einem Theatermuseum (Lobkowitzplatz 2, Wien 1, 1981-1989). Große Verdienste erwarb Mang auch als Publizist und Ausstellungskurator auf den Gebieten des Möbelbaus der Wiener Kommunalarchitektur.
Egon Fraundorfer - Egon Fraundorfer (1913-1975) studierte 1936 und 1937 Architektur bei Hans Adolf Vetter an der Wiener Kunstgewerbeschule. Unter anderem war er für die Gemeinde Wien an der Errichtung der Wohnhausanlage Hartlebengasse 1-17 in Wien 22 (1961-1963) beteiligt.
Alfred Viktor Pal - Alfred Viktor Pal (1911-2007) studierte bis 1935 Architektur an der Technischen Hochschule Wien. Während des Zweiten Weltkrieges war er mit der Planung und Ausführung von Bauten der Luftwaffe betraut. Nach 1945 beteiligte sich Pal vor allem am Wiederaufbau. Mehrere Wohn- und Gewerbebauten wurden, vorwiegend in Gemeinschaftsarbeit mit anderen Architekten, nach seinen Entwürfen realisiert.
Manfred Stein - Manfred Stein (1940-1997) studierte zunächst Malerei an der Akademie der bildenden Künste, bevor er zum Architekturstudium an die Technische Universität wechselte. Nach erfolgreichem Abschluss begann er im Büro von Wilhelm Holzbauer zu arbeiten, wo er unter anderem am Umbau der Wohnung des Schauspielers Curd Jürgens beteiligt war. 1971 eröffnete Stein sein eigenes Architekturbüro. Eines seiner ersten Projekte war die Gestaltung der Fußgängerzone in Wien Favoriten, die im Rahmen der Bauarbeiten der U-Bahnlinie U1 in Auftrag gegeben wurde. 1984 zog Stein mit seiner Familie nach Kautzen (NÖ), wo er die gesamte Neugestaltung des Ortes (samt Heimatmuseum und Badeteich) plante, für die er 1992 den europäischen Preis für Dorferneuerung erhielt. Darüber hinaus war Stein als Kulturkritiker, Essayist und Maler tätig, der sich stets kritisch gegenüber der modernen, nach Fortschritt strebenden Großstadtgesellschaft äußerte.
Eva Mang - Eva Mang (1927-2000) studierte bis 1952 Architektur an der Technischen Hochschule Wien. Nach dem Studium war sie zunächst bis 1955 als wissenschaftliche Hilfskraft an der Universität tätig, bevor sie mit ihrem Ehemann Karl Mang 1955 ein gemeinsames Architekturbüro in Wien gründete. Das Ehepaar gestaltete vor allem Geschäftslokale in der Wiener Innenstadt und Bankfilialen, wie etwa Zweigstellen der Zentralsparkasse in der Kärntner Straße und der Mariahilfer Straße und die Sparkasse am Graben. Für die Gemeinde Wien waren sie unter anderem an den Entwürfen zum Josef-Bohmann-Hof in Wien 22 (Oskar-Grissemann-Straße 2) und zum Dr.-Adolf-Schärf-Hof in Wien 16 (Roterdstraße 12-14) beteiligt. Darüber hinaus galten beide als Spezialisten auf dem Gebiet des Möbelbaus und entwarfen auch einige Geschäftslokale für die Firma Thonet in Wien und Düsseldorf.
Annemarie Obermann - Annemarie Obermann (geb. 1940) studierte bis 1964 Architektur an der Technischen Universität Graz. Im Anschluss absolvierte sie einige Praxisjahre in Grazer Architekturbüros, bevor sie nach abgelegter Ziviltechnikerprüfung nach Wien ging, wo sie sich 1971 als Architektin selbstständig machte. Annemarie Obermann war an der Errichtung mehrerer Wohnbauten beteiligt, wie etwa dem Josef-Bohmann-Hof in Wien 22 (Oskar-Grissemann-Straße 2, 1976-1978). Später arbeitete sie vorwiegend im Sanitär- und Sozialbereich. Sie entwarf unter anderem das Pensionistenwohnhaus Arbeitergasse 45 in Wien 5 (ca. 1984) und verschiedene Um- und Zubauten von Rehabilitationszentren und Krankenstationen. Darüber hinaus gestaltete Annemarie Obermann Messestände der Österreichischen Wirtschaftskammer im In- und Ausland.
Johann Georg Gsteu - Johann Georg Gsteu (geb. 1927) studierte von 1950 bis 1953 an der Akademie der bildenden Künste Wien bei Clemens Holzmeister. Nach dem Studium gründete er zunächst eine Bürogemeinschaft mit Friedrich Achleitner. Zusammen bauten sie die Rosenkranzkirche in Wien-Hetzendorf um (1956-58). In den 1970er-Jahren realisierte Gsteu in Wien mehrere Filialen der Wiener Zentralsparkasse (u. a. Sparkassenplatz in Wien 15 und Rußbergstraße in Wien 21) und von 1990 bis 1995 die neuen Stationsgebäude der U6. Sein letztes Bauwerk war die Fußgängerbrücke "Nordsteg" über die Donau (1994-1997). An der Gesamthochschule Kassel hatte er von 1980 bis 1992 eine Professur inne.
Udo Schrittwieser - Udo Schrittwieser (geb. 1927 in Wien) studierte Architektur von 1945 bis 1951 an der Technischen Universität Wien. Bereits während seiner Studienzeit arbeitete er im Büro von Roland Rainer und im Anschluss bei Erich Boltenstern. Mit der Planung und Ausführung der Flachbausiedlung Cebotariweg in Wien 19 begann 1954 seine Laufbahn als selbstständiger Architekt. Udo Schrittwieser war an zahlreichen Projekten für Wohnhausanlagen, Einfamilienhäuser, Siedlungen und Hotels beteiligt. Für die Hilfsgemeinschaft der Blinden und Sehschwachen plante Udo Schrittwieser etwa die Pension "Harmonie" in Unterdambach (NÖ, 1982) und die "Waldpension" in Hochegg (NÖ, 1997). Ebenfalls nach seinen Entwürfen wurde das Jugendgästehaus am Wilhelminenberg in Wien 16, Savoyenstraße 2 (1988), ausgeführt. Seit 2004 ist Udo Schrittwieser im Ruhestand.
Günther Schuster - Günther Schuster (geb. 1930 in Wiener Neustadt) studierte zunächst Architektur an der Technischen Universität Wien, bevor er die Meisterklasse von Oswald Haerdtl an der Akademie für angewandte Kunst besuchte. Nach einer vorübergehenden Anstellung im Büro von Carl Appel und Franz Hoffmann machte er sich 1969 als Architekt selbständig, wobei er auch als gerichtlich beeideter Sachverständiger fungierte. Schuster war an der Planung mehrerer Wohnbauten und Reihenhausanlagen in Wien und Niederösterreich beteiligt, wie etwa am Josef-Bohmann-Hof in Wien 22 (Oskar-Grissemann-Straße 2, 1976-1978). Er entwarf aber auch Bankfilialen und verschiedene Industriebauten, so auch den Postbahnhof samt Gleishalle in Wiener Neustadt.