Karl-Waldbrunner-Hof
Karl-Waldbrunner-Hof
Lechnerstraße 2-4, 1030 WienBaujahr: 1981-1984
Wohnungen: 512
Architekt: Peter Lindner, Sepp Frank, Erwin Fleckseder, Heinz Neumann
Weitere Adressen
Dietrichgasse 47-49, 1030 Wien
Wohnen in Wien
Ab den 1980er-Jahren bestimmte ein neuer Stadtentwicklungsplan die Wohnhaussanierung. Der 1984 gegründete Wiener Bodenbereitstellungs- und Stadterneuerungsfonds und das Wohnhaussanierungsgesetz 1985 ergänzten die optimalen Voraussetzungen für eine sanfte Stadterneuerung. 36 Prozent der Sanierungsgelder flossen in Gemeindebauten, sodass die berühmtesten Gemeindebauten aus der Zwischenkriegszeit saniert werden konnten, wie z. B. der Karl-Marx-Hof, der George-Washington-Hof oder der Rabenhof. Für Neubauten wurde durch Wettbewerbe eine qualitativ hochwertige und individuelle Architektur sichergestellt, wie das Beispiel Hundertwasserhaus zeigt.
Geschichte
Die Wohnhausanlage liegt auf dem Gelände, das der MIAG (Milchindustrie AG) bis 1977 als Firmensitz und Produktionsstätte diente. Das 1928 mit der Adresse Lechnerstraße 4 gegründete Unternehmen war berechtigt, alle Molkerei- und Agrarprodukte, aber unter anderem auch Suppenwürze und Backwaren, zu erzeugen und im Groß- und Einzelhandel zu vertreiben. 1953 gab es in Wien 130 MIAG-Verkaufsstellen. Die MIAG wurde 1977 mit anderen Molkerei-Betrieben zu einem neuen Unternehmen fusioniert, dessen Sitz in Wien 20 lag.
Die Architektur
Die Wohnhausanlage wurde um die bestehende Verbauung an der Ecke Dietrichgasse/Lechnerstraße errichtet. Es gibt daher zwei isolierte Straßenfronten, eine an der Lechnerstraße und eine an der Dietrichgasse. Da die einzelnen Baukörper von unterschiedlichen Architekten gestaltet wurden, zeigen sie auch kein einheitliches Bild. Im Erdgeschoß der Hauptfront in der Lechnerstraße (Architekt: Peter Lindner) sind Geschäftslokale und diverse Versorgungsräumlichkeiten untergebracht. Sie sind wie die seitlich gelegene Durchfahrt und der Durchgang mit massiven Eckpfeilern eingefasst, die sich über zwei Geschoße erstrecken. Erst darüber setzt die geschlossene Fassade an. Die vier Fensterachsen breite Durchgangsfront springt deutlich hinter die Fassadenflucht zurück, wobei allerdings die beiden zentralen Achsen als Spitzerker wieder vorgezogen werden. Sie korrespondieren mit der Architektur des gegenüberliegenden Hanusch-Hofes. Bekrönt wird die um ein Geschoß überhöhte Eingangsituation von einem simplen Dreiecksgiebel. An den Fronten seitlich des Einganges ist über der offenen Pfeilerstellung zunächst eine geschlossene Fensterreihe eingezogen. Darüber brechen einzelne Fensterachsen die geschlossene Front auf. Sie sind hinter die Fassadenflucht gesetzt und mit vorgespannten Blumenkastenkonstruktionen versehen. Die Straßenfront an der Dietrichgasse (Architekt: Erwin Fleckseder) zeigt ein komplett anderes Bild. Das Erdgeschoß wird durch massiv vortretende Pfeiler gegliedert, die bis zum Fensteransatz des ersten Stockwerkes reichen. Die Fensterachsen sind regelmäßig in die Fassade eingelassen und werden einzeln von einem kantigen, roten Band eingefasst, das sich über die gesamte Länge zieht. Als kräftiger Kontrast dazu sind die Flächen dazwischen mit weißen, gewellten Blechplatten verkleidet, die sich auch über das gesamte oberste Geschoß erstrecken. Bekrönt wird die lange Front durch ein farblich markant abgesetztes Dachgeschoß. Der neun Stiegenhäuser beherbergende Gebäudekomplex umschließt drei Innenhöfe (Architekten: Heinz Neumann und Sepp Frank), die über großzügig ausgeschnittene Durchgänge miteinander verbunden sind. An den Hofseiten kommt es zu einem Ineinandergreifen der beiden Fassadengestaltungen. Es dominiert die weiße Blechverkleidung, die in den unteren Geschoßen pfeilerartig glatte, zurückversetzte Putzfassadenflächen umschließt und sich in den oberen Geschoßen über die gesamte Front ausbreitet. Einzelne Fensterachsen werden als Spitzerker vorgezogen, die sich zum Teil auch über ganz Fronten ziehen und so sehr massiv in Erscheinung treten.
... und die Kunst
Im zentralen Hof befindet sich eine abstrakte Skulptur des Bildhauers Wolfgang Haidinger.
Der Name
Benannt ist die Wohnhausanlage nach dem SPÖ-Politiker Karl Waldbrunner (1906 - 1980). Der studierte Elektrotechniker engagierte sich bereits früh im Verband Sozialistischer Studenten Österreichs. 1932 emigrierte er in die Sowjetunion, wo er während der Stalin-Ära bis 1937 als leitender Ingenieur tätig war. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde er Abgeordneter zum Nationalrat, dessen erster Präsident er 1970/71 war. Von 1949 bis 1962 bekleidete er das Amt des Bundesministers für Verkehr und verstaatlichte Betriebe bzw. und Elektrizitätswirtschaft.
Architekten
Peter Lindner - Peter Lindner (geb. 1941) studierte bis 1971 an der Akademie der bildenden Künste Wien, wo er die Meisterklasse von Roland Rainer besuchte. Er arbeitete zunächst in verschiedenen Architekturbüros, bevor er sich 1976 als Architekt selbständig machte. Lindner war vor allem im Bereich Städtebau und Revitalisierung tätig. 1980 gewann er (mit Dieter Henke und Franz Loranzi) den städtebaulichen Ideenwettbewerb zum Nordbahnhofgelände.
Sepp Frank - Sepp Frank (geb. 1942) studierte ab 1960 an der Technischen Hochschule Wien, wo er 1970 promovierte. Im Anschluss daran ging er mit Heinz Neumann eine Bürogemeinschaft ein, in der eine Reihe von Industriegroßprojekten entworfen wurde, wie etwa das Postzentrum Erdberger Lände 36 - 48 (Wien 3, 1980 - 1985). 2006 realisierte Frank mit seinem 1998 gegründeten Büro Architekten Frank & Partner den Gate Tech Tower (Donau-City-Straße, Wien 22). Besondere Verdienste erlangte er durch die Sanierung und Adaptierung historischer Bauten, darunter die Generalsanierungen des Oberen und Unteren Belvederes (Wien 3, 1991 - 1996) und der Dachausbau des Hotels Sacher (Wien 1, 2002 - 2005).
Erwin Fleckseder - Erwin Fleckseder (geb. 1944) studierte bis 1970 an der Technischen Hochschule Wien. Nach seinem Studium war er zunächst im Architekturbüro von Karl Schwanzer tätig. Ab 1979 beschäftigte er sich als selbständiger Architekt vor allem mit gewerblichen Bauaufgaben. Nach seinen Entwürfen wurde unter anderem die "Park & Ride"-Anlage U3 Erdberg errichtet. Dazu gehört auch der angeschlossene Bürokomplex und die Zentrale des Roten Kreuzes - Landesverband Wien.
Heinz Neumann - Heinz Neumann (geb. 1941) studierte an der Technischen Hochschule Wien, wo er 1967 sein Diplom erhielt. Erste praktische Erfahrungen sammelte er im Büro von Alvar Aalto in Finnland. Nach vorübergehender Mitarbeit im Büro von Karl Schwanzer, ist er seit 1973 als selbständiger Architekt tätig. Zusammen mit Adolf Krischanitz gewann Neumann den Wettbewerb zur Bebauung der Wiener Donauplatte (Donau-City), es entstanden dort unter anderem der Ares Tower (1999 - 2001) und der Saturn Tower (mit Hans Hollein, 2003/2004). Sein prominentestes Bauwerk ist der 2004 fertig gestellte UNIQA Tower am Wiener Donaukanal (Wien 2). Seit 1999 hat Neumann einen Lehrauftrag an der Technischen Universität Wien.
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