Helene-Potetz-Hof
Helene-Potetz-Hof
Rosenhügelstraße 35, 1120 WienBaujahr: 1984-1987
Wohnungen: 45
Architekt: Manfred Rapf, Edith Lassmann
Weitere Adressen
Endergasse 2, 1120 Wien
Wohnen in Wien
Ab den 1980er-Jahren bestimmte ein neuer Stadtentwicklungsplan die Wohnhaussanierung. Der 1984 gegründete Wiener Bodenbereitstellungs- und Stadterneuerungsfonds und das Wohnhaussanierungsgesetz 1985 ergänzten die optimalen Voraussetzungen für eine sanfte Stadterneuerung. 36 Prozent der Sanierungsgelder flossen in Gemeindebauten, sodass die berühmtesten Gemeindebauten aus der Zwischenkriegszeit saniert werden konnten, wie z. B. der Karl-Marx-Hof, der George-Washington-Hof oder der Rabenhof. Für Neubauten wurde durch Wettbewerbe eine qualitativ hochwertige und individuelle Architektur sichergestellt, wie das Beispiel Hundertwasserhaus zeigt.
Geschichte
Der Helene-Potetz-Hof liegt an der Rosenhügelstraße in Hetzendorf, einem Ort, der 1140 das erste Mal urkundlich erwähnt wurde. Wahrscheinlich war er ebenso wie Meidling eine Schenkung des Markgrafen Leopold III. des Heiligen an das Stift Klosterneuburg. 1190 gelangte das Straßendorf als landesfürstliches Lehen in den Besitz des Deutschen Ordens. Hetzendorf wurde während der Türkenkriege schwer in Mitleidenschaft gezogen. Im 16. Jahrhundert gab es hier nur noch eine kleine Ansiedlung, die sich über das Areal des später erbauten Hetzendorfer Schlosses erstreckte. Erst unter Maria Theresia entwickelte es sich wieder zu einem Straßendorf, das seinen dörflichen Charakter bis zur Parzellierung in der Mitte des 19. Jahrhunderts beibehalten hat.
Die Architektur
Die dreiflügelige, annähernd U-förmige Anlage erstreckt sich mit einem sehr kurzen Flügel entlang der Rosenhügelstraße und in Randverbauung mit jeweils einem langen, viergeschoßigen Flügel entlang der Hermann-Broch-Gasse und der Endergasse. Der kurze Trakt an der Rosenhügelstraße verfügt an der Straßenfassade über einen einachsigen Erker, der sich über alle Geschoße bis zur halben Dachhöhe erstreckt und von einem halbrunden, gaupenartigen Abschluss gekrönt wird. Links davon befindet sich eine Fensterachse über einer Garageneinfahrt; rechts schließt eine breite, geschlossene Mauerfläche an, die nur in der Mitte durch zwei Nassraumfenster durchbrochen wird. Unter dem Erker führt ein Bogendurchgang in den Hof. Die Straßenfassaden der beiden langen Flügel sind durch flache, zweiachsige Erkertürme vertikal gegliedert. Diese beginnen knapp über den Kellerfenstern, der obere horizontale Abschluss ist knapp über die Dachlinie hinausgezogen und seitlich abgetreppt. Etwas zurückversetzt und verschmälert erheben sich dahinter einachsige Dachhäuschen mit etwas schmäleren Spitzgiebeln. Nahe der Spitze ist ein kleines Rundfenster eingeschnitten. Der Raum zwischen Dachhäuschen und Erker wird als Blumenbalkon genutzt. Sockelgeschoß, Hauptgeschoß und Obergeschoß heben sich durch abwechselnden Glatt- und Rauputz voneinander ab. Ein helles Bandgesims trennt die verschiedenen Putzarten. Die zunehmende Gebäudehöhe bei gerader Dachlinie entlang der Hermann-Broch-Gasse ergibt sich aus dem Terraingefälle. Am südöstlichen Ende der Gassenfassade befindet sich eine Garageneinfahrt. Die in der Endergasse gleich gestaltete Fassade variiert nur am Anfang: Aus dem ersten Erkerturm wird hier ein kräftig hervortretender Risalit, der in einer Horizontale abschließt. Unmittelbar daneben öffnet sich nach einem dreistufigen Treppenaufgang ein flachbogiger Durchgang, der in den Hof der Anlage führt. Der genutete Sockel wird bis über den Durchgang in die Höhe gezogen. Zusammen mit den seitlichen, schmalen Beleuchtungsschlitzen wirkt der Eingang burgtorartig mit einer Sichtachse zum Durchgang in der Rosenhügelstraße. Die Hoffassaden sind durch ein wiederkehrendes Stiegenhausmotiv gekennzeichnet. Eine Ausnahme bildet der risalitartige Gebäudeteil am Südostende der Anlage, dessen Aufgang zur Stiege 6 in einer tiefen Erkeraussparung im Erdgeschoß liegt. Der geschoßbezogene Wechsel von Rau- und Glattputz sowie Gesimsband ist wie an der Außenfassade ausgeführt. Danach folgen vom niedrigen Sockel aufwärts nur mehr rau verputzte Wände mit einem glatten Risalitmotiv um jeden der anderen fünf Stiegenaufgänge. An die einachsigen Aufgangsrisalite mit abgestuft eingeschnittener Tür schließen ab dem ersten Obergeschoß auf beiden Seiten einachsige Erkertürme an, die in Dachhöhe mit dem Traufgesims seitlich verbunden sind. Der mittige Stiegenhausrisalit durchbricht das Dach und endet in einem spitzgiebeligen Dachhäuschen.
Der Name
Eine Gedenktafel im Durchgang an der Rosenhügelstraße erinnert an Helene Potetz (1902-1987). Potetz schloss sich schon früh der sozialdemokratischen Jugendbewegung an und wurde 1922 Mitglied der SDAP. Nach dem Februar 1934 war sie als Widerstandskämpferin in führender Position bei den Revolutionären Sozialisten tätig und für den illegalen Transport der Arbeiter-Zeitung von der Tschechoslowakei nach Österreich zuständig. 1937/38 und 1939 wurde sie verhaftet. Die Jahre 1941 bis 1945 verbrachte sie im KZ Ravensbrück, ihr Widerstand konnte jedoch nicht gebrochen werden. Ab 1945 gehörte Helene Potetz dem Wiener Gemeinderat an. Darüber hinaus war sie Redakteurin bei der sozialdemokratischen Zeitschrift "Die Frau". 1949 bis 1959 war sie Vorsitzende des Gemeinderates, von 1959 bis 1967 3. Präsidentin des Wiener Landtags.
Architekten
Manfred Rapf - Manfred Rapf (geb. 1939 in Wien) studierte von 1959 bis 1965 an der Technischen Universität Wien unter anderem bei Karl Schwanzer. Nach seinen Plänen wurde unter anderem das Wohnhaus Lilienbrunngasse 3 in Wien 2 (1985) und für die Gemeinde Wien der Helene-Potetz-Hof in Wien 23, Rosenhügelstraße 35 (mit Edith Lassmann, 1984-1987), ausgeführt.
Edith Lassmann - Edith Lassmann (geb. Jurecka, 1920-2007) studierte ab 1938 an der TH Wien. Sie wurde vor allem als Kraftwerksarchitektin (z.B. Krafthaus Limberg, Kaprun) bekannt. In Wien war sie an der Planung von Schulen beteiligt sowie auch am Um- und Ausbau des ehemaligen Infektionspavillons des Karolinenspitals in Wien 9 in ein Heim mit Tageswerkstätte für behinderte Jugendliche. 1977 errichtete sie das Pensionistenwohnhaus Atzgersdorf in Wien 23.