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Friederike-Seidl-Hof

Fakten

Friederike-Seidl-Hof

Viktor-Christ-Gasse 15-17, 1050 Wien

Baujahr: 1989-1991

Wohnungen: 31

Architekt: Rudolf Szedenik, Peter Scheifinger, Günter Lautner, Cornelia Schindler

Weitere Adressen

Zentagasse 35, 1050 Wien

Wohnen in Wien

Ab den 1980er-Jahren bestimmte ein neuer Stadtentwicklungsplan die Wohnhaussanierung. Der 1984 gegründete Wiener Bodenbereitstellungs- und Stadterneuerungsfonds und das Wohnhaussanierungsgesetz 1985 ergänzten die optimalen Voraussetzungen für eine sanfte Stadterneuerung. 36 Prozent der Sanierungsgelder flossen in Gemeindebauten, sodass die berühmtesten Gemeindebauten aus der Zwischenkriegszeit saniert werden konnten, wie z. B. der Karl-Marx-Hof, der George-Washington-Hof oder der Rabenhof. Für Neubauten wurde durch Wettbewerbe eine qualitativ hochwertige und individuelle Architektur sichergestellt, wie das Beispiel Hundertwasserhaus zeigt.

Geschichte

Die Viktor-Christ-Gasse hieß zuvor Bachergasse und wurde nach Viktor Christ (1904-1941) benannt. Der Facharbeiter gehörte einer Widerstandsgruppe in den Wiener Elektrizitätswerken an, 1941 ließ man ihn in seinem früheren Wohnhaus am Margaretengürtel 122 verhaften. Wegen "tätiger Sabotage und Brandlegung" wurde Viktor Christ vom Volksgerichtshof zum Tode verurteilt und gemeinsam mit Wienerisch-tschechischen Widerstandskämpfern im KZ Mauthausen ermordet. Im Haus am Margaretengürtel erinnert noch heute eine Gedenktafel an den sozialistischen Freiheitskämpfer.

Die Architektur

Die geschwungene Grundform des Baukörpers bildet eine markante Ecklösung an der Viktor-Christ-Gasse/Ecke Zentagasse. In der Viktor-Christ-Gasse wird der Baukörper von der Straßenkante zurückgenommen und ermöglicht dadurch eine Öffnung des gründerzeitlichen Straßenprofils. Die Straßenfluchtlinien der Nachbargebäude werden durch orthogonale Vorbauten aufgenommen und bilden einen spannungsvollen Kontrast zur Grundform des Hauptkörpers. Auffallend ist das zu einem Flügel hochstilisierte Hauptgesims, das einen deutlichen horizontalen Abschnitt bildet. Der Dachaufbau wird dadurch visuell aus dem Blickfeld genommen. Ein weiteres Highlight ist die über zwei Geschoße reichende, efeubewachsene Pergola, die einen zur Straße hin durchlässigen Puffer bildet und die Grundstücksgrenze definiert. Die Rückseite des Gebäudes, die sich mit der konkaven Seite dem Innenhof zuwendet, wirkt im Gegensatz zur Straßenfront dezent und zurückhaltend. Auffallend sind die schmalen, hochrechteckigen Fensteröffnungen, zum Teil als französische Fenster konzipiert. Der Innenhof, weitläufig und gärtnerisch gestaltet, rundet das Erscheinungsbild dieses eigenwilligen Wohnhauses ab.

... und die Kunst

Der Hof wurde nach Friederike Seidl (1936-1987) benannt. An der Front zur Viktor-Christ-Gasse erinnert eine Gedenktafel an die spätere Landtagsabgeordnete, die sich besonders in der Frauenbewegung engagierte.

Der Name

Friederike Seidl (1936-1987), in jungen Jahren Mitglied der Sozialistischen Jugend, wurde 1961 Vorsitzende des SPÖ-Bezirksfrauenkomitees in Margareten und 1982 Vorsitzende der Wiener SPÖ-Frauen - eine Funktion, die sie bis zu ihrem Tod innehatte. Zuletzt war die zeitlebens in der Frauenbewegung sehr engagierte Funktionärin amtsführende Stadträtin für Personal, Rechtsangelegenheiten und Konsumentenschutz. Friederike Seidl ist am Friedhof Baumgarten ein Ehrengrab gewidmet.

Architekten

Rudolf Szedenik - Rudolf Szedenik (geb. 1950 in Wien) studierte von 1969 bis 1974 an der Technischen Hochschule Wien, wo er von 1976 bis 1982 auch Assistent am Institut für Wohnbau war. 1981 gründete er mit Günther Lautner und Peter Scheifinger eine bis 2000 bestehende Arbeitsgemeinschaft, der 1992 auch Cornelia Schindler beitrat. Das Team entwarf neben dem Friederike-Seidl-Hof in Wien 5 (Viktor-Christ-Gasse 15-17, 1989-1991) unter anderem auch den Bauteil Pfarrgasse der Wohnsiedlung Traviatagasse 21-29 in Wien 23 (1988-1991). Seit 2000 führen Rudolf Szedenik und Cornelia Schindler als S & S Architekten gemeinsam ein Büro in Wien.

Peter Scheifinger - Peter Scheifinger (geb. 1948 in Traismauer) studierte von 1968 bis 1975 an der Technischen Hochschule Wien. Von 1981 bis 1992 führte er gemeinsam mit Günther Lautner und Rudolf Szedenik ein Architekturbüro in Wien, dem 1992 Cornelia Schindler beitrat. In den 1990er-Jahren bekleidete Peter Scheifinger das Amt des Vorsitzenden der Bundeskammer der Architekten.

Günter Lautner - Günter Lautner (geb. 1946 in Wien) studierte von 1965 bis 1973 an der Technischen Hochschule Wien. Von 1969 bis 1972 war er als Projektleiter im Wiener Büro von Victor Gruen beschäftigt; von 1975 bis 1982 Projektleiter am Institut für Wohnbau der TU Wien. In der Zeit seiner Arbeitsgemeinschaft mit Peter Scheifinger und Rudolf Szedenik entstand unter anderem die Wohnhausanlage Pachmüllergasse 11-13 in Wien 12 (1982-1986).

Cornelia Schindler - Cornelia Schindler (geb. 1953 in Wien) studierte von 1972 bis 1984 an der Technischen Hochschule Wien. Nach längeren Aufenthalten in Brasilien und Israel und Beschäftigungen in verschiedenen Architekturbüros in Wien, trat sie 1992 der Arbeitsgemeinschaft von Günther Lautner, Peter Scheifinger und Rudolf Szedenik bei. Seit 2000 führt sie gemeinsam mit Rudolf Szedenik das Architekturbüro S & S-Architekten in Wien. Dieser Gemeinschaft entstammt unter anderem die Wohnhausanlage Seitenberggasse 53-63 in Wien 16 (2001-2003).