Rudolfsplatz 8
Rudolfsplatz 8
Rudolfsplatz 8, 1010 WienBaujahr: 1959-1960
Wohnungen: 44
Architekt: Hanns Miedel jun.
Weitere Adressen
Gonzagagasse 7, 1010 Wien
Wohnen in Wien
In den 1950er-Jahren ging es vor allem darum, Zerstörtes wieder aufzubauen und viele neue Wohnungen zu errichten. In den kommunalen Wohnbauten dieser Zeit finden sich die ersten Ansätze der sich später durchsetzenden Zeilenbauweise, die bis heute die großen Vorstadtsiedlungen prägt. Die Wohnbauten wurden größer, höher und waren verstärkt in Blockform gestaltet. Das Flachdach setzte sich durch. Alle neu gebauten Wohnungen waren mit Badezimmern und WC ausgestattet und die Mindestgröße wurde von 42 auf 55 Quadratmeter angehoben.
Geschichte
Im Jahr 1741 wurde die alte Stadtmauer zwischen Fischerthor und Neuthorbastei geschliffen, um auf dem dadurch frei werdenden Areal die "Große Salzgrieskaserne" zu errichten. Über 100 Jahre später, nämlich 1857, musste auch diese Bebauung einer weiteren Stadterweiterungsmaßnahme weichen, wodurch das heute noch als Textilviertel bekannte, orthogonal gerasterte Grätzel erbaut werden konnte. In seinem Zentrum befindet sich der Rudolfsplatz.
Die Architektur
Der gründerzeitlichen städtebaulichen Struktur des Textilviertels entsprechend, hat Miedel eine klassische Blockrandbebauung gewählt. Das Gebäude ist von klarer, kubischer Form. Die besondere Ecksituation zwischen Rudolfsplatz und Gonzagagasse ist folgendermaßen ausgeformt: Über die Länge von je drei Fensterachsen wird die Fassade turmartig übereck um ein Stockwerk hochgezogen; links und rechts davon springt sie terrassiert zurück - eine dem Geschmack der Zeit angemessene, jedoch nicht überzeichnete Geste zur gestalterischen Akzentuierung einer Eck- bzw. Platzsituation. Die Fenster - je nach Raumnutzung wurden zwei- bzw. dreiflügelige oder Französische Fenster verwendet - sind glatt in die völlig schmucklose Fassade eingeschnitten. Die vertikale Zonierung in Erdgeschoß und Regelwohngeschoß ist hier gesimsfrei gelöst. Stattdessen liegt sowohl ein Wechsel der Putzstruktur (Rieselputz, Reibputz) als auch der Putzebene (die Fassade springt im Erdgeschoß um einige Zentimeter zurück) vor. Bei den Geschäftsportalen projektierte Miedel große, von zarten Metallrahmen eingefasste Auslagenscheiben zur Präsentation der Waren.
Der Name
Der Rudolfsplatz entstand 1862 mit der Rasterung und Bebauung jenes Areals, das durch die fünf Jahre zuvor unter Kaiser Franz Joseph I. angeordnete Schleifung der alten Fortifikation frei wurde. Der Platz ist nach dem Sohn des Kaisers, Kronprinz Rudolf von Österreich-Ungarn (1858-1889), benannt. Sein naturwissenschaftliches Interesse veranlasste den Kronprinzen zu zahlreichen Reisen, über die er mehrfach Berichte sowohl unter seinem Namen als auch anonym verfasste. Darüber hinaus schrieb er eine Enzyklopädie Österreich-Ungarns und war außerdem ein angesehener Ornithologe.
Architekten
Hanns Miedel jun. - Hanns Miedel jun. (1891-1959) absolvierte ein Architekturstudium an der Akademie der bildenden Künste in den Meisterklassen Friedrich Ohmanns (vor dem Ersten Weltkrieg) und Leopold Bauers (nach dem Ersten Weltkrieg). In der Zwischenkriegszeit war er vor allem als Gebäudeverwalter mit eigenem Unternehmen tätig. In diesen Jahren gestaltete er einige Geschäftslokale mit seinem Vater Johann Miedel und eine Villa in der Hasenauerstraße 75 in Wien 18. In den 1950er-Jahren wurden zwei Wohnhäuser für die Gemeinde Wien nach seinen Plänen errichtet.