Linke Wienzeile 6
Linke Wienzeile 6
Linke Wienzeile 6, 1060 WienBaujahr: 1901-1902
Wohnungen: 0
Architekt: Fellner & Helmer
Wohnen in Wien
Im 19. Jahrhundert wuchs als Folge der massiven Industrialisierung die Arbeiterschicht stark an, die Einwohnerzahl Wiens explodierte, vor allem auch durch den Zuzug aus den ländlichen Gebieten der Donaumonarchie. Die nötigen Wohnungen wurden nahezu ausschließlich von Privaten gewinnorientiert gebaut. Mietskasernen mit so genannten "Bassena-Wohnungen" - Zimmer, Küche, Wasser und WC auf dem Gang - entstanden. Viele mussten diese kleinen Wohnungen (zwischen 20 und 30 Quadratmetern) noch mit Bettgehern und Untermietern teilen, um die Miete zahlen zu können. In den Jahren des Ersten Weltkrieges stagnierte die Bautätigkeit.
Geschichte
Das Theater an der Wien, in den Jahren 1800-1801 nach Plänen von Franz Jäger d. Ä. und unter Josef Reymund d. J. im Auftrag Emanuel Schikaneders erbaut, prägt seit zwei Jahrhunderten die Musik- Theatergeschichte Wiens. Verbunden ist das Theater mit den Namen der bekanntesten Komponisten der Goldenen und Silbernen Operettenära ebenso wie mit Albert Lortzing, der hier eigene Opern dirigierte. Auch Ludwig van Beethoven, der im Theatergebäude wohnte, komponierte hier seinen "Fidelio". Nach dem Umbau 1900 durch die Architekten Ferdinand Fellner und Heinrich Helmer wurde das Theater zur Hochburg der nachklassischen Operette. In den Jahren 1945-55 war das Gebäude Ausweichquartier für die ausgebombte Wiener Staatsoper. 1960 erwarb die Gemeinde Wien von der Familie Marischka Grund und Boden um einen Kaufpreis von 16 Millionen Schilling. Nach sorgfältiger Renovierung durch Otto Niedermoser (1903-1976) 1962 wurde das Theater wiedereröffnet und war danach Spielstätte für Eigenproduktionen. Seit 1987 gehört das Theater an der Wien zur Vereinigte Bühnen Wien Ges.m.b.H. Ab Jänner 2006 wird das Haus zum neuen Opernhaus der Stadt Wien, die Musical-Ära endete am 4. Dezember 2005 mit der letzten Aufführung von "Elisabeth".
Die Architektur
Das "Theater an der Wien" wurde auf langer, schmaler Bauparzelle, vom Wienfluss bis zur heutigen Lehargasse reichend, zwischen zwei Wohnbauten errichtet. Da es sehr oft umgebaut oder erweitert wurde, existieren auch mehrere Bauperioden nebeneinander und letztendlich ist ein sehr uneinheitlicher Gebäudekomplex entstanden. Im Jahr der Fertigstellung 1801 erstrahlte das Theater, im Empirestil vollendet, in den Farben Ockergelb und innen Silber und Blau, während im Hof die Farben Rot und Gold dominierten. Bereits im Jahr 1821 gab es erste Anbauten in der Millöckergasse, 1845 wurde das Papagenotor zur Dreitoranlage umgestaltet. 1901 veränderten Ferdinand Fellner und Hermann Helmer den Zuschauerraum, indem sie die vierte Galerie abtrugen und die Pfeiler im Mittelteil entfernen ließen. 1902 wurde das biedermeierliche Vorhaus "an der Laimgrube 26" abgerissen und durch ein vierstöckiges Wohnhaus ersetzt. Im Keller beherbergt dieses Gebäude später das Kabarett "Die Hölle", wie der heutige Pausenraum im Hausjargon immer noch heißt. Das eigentliche Theater ist von außen nur noch an der Millöckergasse erhalten, wo sich auch das frühere Haupttor des Theaters, das Papagenotor, befindet. In den Jahren 1960-62 fanden unter der Leitung von Otto Niedermoser erste Adaptierungen und Umbauten statt, die letzte Rekonstruktion der in der Nachkriegszeit radikal vereinfachten Hauptfassade des "neuen" Vorderhauses erfolgte von 1979-82. Es enthält das Entree sowie weitläufige Foyers des Theaters. Die Gebäudefront Linke Wienzeile, 1902 nach Plänen von Ferdinand Fellner und Hermann Helmer errichtet, ist sechsgeschoßig und als Eckhaus mit ausgebautem Mansarddach konzipiert. Besonderes Augenmerk erlangt der Mittelteil mit zwei über vier Geschoße reichenden Erkern, die durch Balkonkonstruktionen miteinander verbunden sind und durch Helme und Dachgiebel nach oben hin abgeschlossen werden. Die einzelnen Etagen sind durch Gesimse voneinander getrennt und durch Nutenausbildungen und secessionistischen Dekor reich verziert. In der Millöckergasse, der ehemaligen Hauptfront gegen das Glacis, befindet sich das Papagenotor, ein dreiachsiger Portikus mit gekuppelten, dorischen Säulen und mittig vortretendem Gebälk, wovon sich figural Emanuel Schikaneder als Papageno mit Knaben abhebt. Hinter dem Papagenotor liegend erstreckt sich eine Giebelfront mit Reliefmedaillons, Girlandenfries und Inschrifttafel sowie vergoldeter Wappenkartusche mit Doppeladler, Krone und den Initialen Kaiser Franz Josephs. Die Gedenktafel an Ludwig van Beethoven wurde links vom Tor angebracht. In der Lehargasse 5 befindet sich der Bühneneingang inmitten eines Bürgerhauses, das in Form des josephinischen Plattenstils Ende des 18. Jahrhunderts erbaut wurde. Der Mittelteil des Gebäudes, das von einem Walmdach abgeschlossen wird, ist dreigeschoßig und zieht sich über fünf Fensterachsen, die Flanken sind zweigeschoßig, die Sockelzone sowie Fensterakzentuierungen in ihrer ursprünglichen Form genutet.
... und die Kunst
Das "Theater an der Wien" ist reich an Kunstwerken diverser Künstler aus verschiedenen Zeitperioden. Zu nennen wären u. a. Bühnenbildner, Maler und Graphiker Willi Bahner (1906-1981), der für das Theater die Wandbespannungen der Pausenräume als auch sämtliche Gedenktafeln mit Beschriftungen sowie alle übrigen Beschriftungen schuf. Von der Künstlerin Hilda Schmid-Jesser (1894-1986) stammen die Deckenstuckarbeiten in den Pausenräumen, Haller-Hutter kreierte das Fußbodenmosaik "Blumen", die das von Hermann Bauch (geb.1929) ausgeführt wurden. Der Maler Gustav Krämer (geb. 1916) restaurierte den Zauberflötenvorhang, Otto Trubel (1885-1939) die zwei Ölbilder "Zeitgenössische Ansichten des Theaters an der Wien". Fritz Tiefenthaler schuf 17 "Beleuchtungsmuschen" und der Bildhauer Josef Seebacher (1918-1981) die Gitter für Heizkörper und Treppengeländer. Eine Gedenktafel in der Vorhalle des Theaters erinnert an Emanuel Schikaneder (1751-1812), Textautor und Sänger der Zauberflöte sowie Theaterdirektor des Theaters, eine weitere an Ralph Benatzky (1884-1957), Operettenkomponist ("Ein Märchen aus Florenz") und Bühnendichter, der in die USA emigrierte. Im Foyer des Theaters ist schließlich noch die Bronzeplastik "Singende Kinder - Duett" von dem Bildhauer Georg Ehrlich (1887-1966) präsentiert. Das letzte erhaltene Jugendstilfenster aus dem alten Theater an der Wien, seinerzeit von dem Glasmaler Karl Geyling (1814-1880) angefertigt, ist heute im Bezirksmuseum Mariahilf zu bewundern.
Der Name
Das Theater an der Wien, am "linken Wienflussufer" gelegen und von Emanuel Schikaneder in Auftrag gegeben, wurde am 13. Juni 1801 als "Kaiserl. Königl. privilegiertes Schauspielhaus" mit seinem selbst verfassten Festprolog "Thespis Traum" und der Oper "Alexander" von Franz Teyber eröffnet und fasste 2000 Besucher.
Prominente Bewohner
Der Komponist Ludwig van Beethoven (1770-1827) wohnte von Jänner 1803 bis April 1804 in einigen Räumen des Theatergebäudes, als er seinen "Fidelio" komponierte. Ein Gedenkzimmer sowie die Gedenktafel in der Millöckergasse erinnern daran.
Architekten
Fellner & Helmer - Ferdinand Fellner (1847-1916) und Hermann Helmer (1849-1919) gründeten 1873 ihr überaus erfolgreiches Architekturbüro Fellner & Helmer, in dem zeitweise bis zu 20 Architekten beschäftigt waren. Besonders bekannt wurde das Büro für seine Theaterbauten. Aber auch zahlreiche Wohnhäuser, mehrere Palais und Hotels wurden hier entworfen. Über 200 ausgeführte Bauwerke sind dokumentiert. In Wien stammen u. a. das Ronacher (als Wiederaufbau des abgebrannten Stadttheaters, 1887/88), das Volkstheater (1888/89) und die ehemaligen Palais Sturany (Schottenring 21, Wien 1) und Rothschild (Prinz-Eugen-Straße 26, Wien 4) aus ihrem Büro.