Wehlistraße 305
Wehlistraße 305
Wehlistraße 305, 1020 WienBaujahr: 1929-1930
Wohnungen: 84
Architekt: Franz Schacherl
Wohnen in Wien
Nach dem Ende des Ersten Weltkrieges wurde die Sozialdemokratie bestimmende Kraft im Wiener Rathaus. 1922 wurde Wien ein selbstständiges Bundesland. Damit war auch der Grundstein für das "Rote Wien" gelegt. Neben Reformen im Gesundheits- und Bildungswesen wurde 1923 ein umfangreiches Bauprogramm gestartet, um für die Bevölkerung menschenwürdige Wohnungen zu schaffen - hell, trocken, mit Wasserleitung und WC ausgestattet, waren sie ein krasser Gegensatz zu den Bassena-Wohnungen in den Mietskasernen. Wesentlicher Teil der Anlagen waren Gemeinschaftseinrichtungen wie Bäder, Kindergärten, Waschküchen, Mütterberatungsstellen, Ambulatorien, Tuberkulosestellen, Turnhallen, Bibliotheken etc. Die Stadt Wien errichtete in der Zwischenkriegszeit 63.000 Wohnungen.
Geschichte
Durch die latente Hochwassergefahr war eine Besiedelung der Gegend, in der sich die Wohnhausanlage befindet, über Jahrhunderte hinweg unmöglich. Erst mit der Donauregulierung, 1870 - 1875, gewann man ein wenig Kontrolle über den Strom. Damit war die Möglichkeit zur Industrialisierung eröffnet - ein für die wirtschaftliche Entfaltung der Donaumonarchie höchst bedeutsamer Faktor. In unmittelbarer Nähe des Gemeindebaus befanden sich etwa die Siemens-Schuckert-Werke. Diese Fabrik war um 1900 die modernste der Elektroindustrie. Das Grundstück, auf dem das Wohnhaus steht, ging 1930 aus dem Besitz des Donauregulierungsfonds an die Stadt Wien über.
Die Architektur
Das Wohnhaus stellt eine Eckverbauung mit klassischer Zonenteilung dar. Ein durchlaufendes Gesims setzt das Erdgeschoß von den darüber befindlichen Stockwerken ab. Die Straßenfassaden sind durch flache, fünfachsige Risalite gegliedert, deren Mittelteile durch Balkone akzentuiert werden. Die einzelnen Stockwerke sind im Bereich der Risalite durch Gesimse betont. Die Gliederung der restlichen Fassade erfolgt durch leicht abgestufte Wandelemente. Der an der Wehlistraße gelegene Haupteingangsbereich ist durch ein vorkragendes Dachgesims mit zwei der anschließenden Fenster zusammengefasst. Vier Stützen gliedern den Portalbereich. An den Fronten des geschlossenen Hofes, die durch einachsige Risalite gegliedert sind, fallen die durch Ziegelmauerwerk akzentuierten Eingangsbereiche auf.
... und die Kunst
Im Hof befinden sich zwei bemerkenswerte Kunstwerke. Ein zwischen 1963 und 1965 von Alois Heidel geschaffenes Objekt trägt den Titel "Lichtspiel". Es misst 3,2 x 1,5 m und besteht aus Stahlblech. Eine von Rudolf Kedl zwischen 1963 und 1965 geschaffene, 2,2 m hohe Plastik aus getriebenem Kupferblech ist mit "Pagode" betitelt.
Der Name
Die Straße, in der das Wohnhaus steht, ist nach Sektionschef August Freiherr Ritter von Wehli benannt. Der Namensgeber war Vizepräsident der Donauregulierungskommission.
Architekten
Franz Schacherl - Franz Schacherl (1895 -1943) besuchte die Höhere Baufachschule in Wien und studierte danach an der TH-Wien. Nach seinem Abschluß 1918 arbeitete er für das Wiener Siedlungsamt in Arbeitsgemeinschaft mit Franz Schuster, Adolf Loos u. Margarethe Schütte-Lihotzky. Schacherl veröffentlichte den programmatischen Aufsatz "Proletarische Architektur" und war Schriftleiter des sozialist. Baujournals "Der Aufbau". Nach 1934 gelang ihm die Flucht nach Angola.