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Oskar Helmer Hof

Fakten

Oskar Helmer Hof

Roda-Roda-Gasse 1, 1210 Wien

Baujahr: 1960-1967

Wohnungen: 785

Architekt: Norbert Mandl, Kurt Vana, Heinz Dieter Kajaba, Franz Marx, Karl Adolf Schubert, Heinrich Vana, Franz Kiener

Weitere Adressen

Gmündstraße 3, 1210 Wien

Schwarzenauweg 3, 1210 Wien

Roda-Roda-Gasse 5, 1210 Wien

Schwarzenauweg 2, 1210 Wien

Prager Straße 282-284, 1210 Wien

Meriangasse 6, 1210 Wien

Meriangasse 3-5, 1210 Wien

Mayerweckstraße 2-8, 1210 Wien

Litschauweg 5, 1210 Wien

Litschauweg 1, 1210 Wien

Heidenreichsteinweg 2, 1210 Wien

Heidenreichsteinweg 1, 1210 Wien

Göpfritzgasse 6, 1210 Wien

Göpfritzgasse 1, 1210 Wien

Wohnen in Wien

In den 1960er-Jahren nahm der Wohnbau in Wien bis hin zum Wohnungsbauboom der 1970er-Jahre kontinuierlich zu. Die Grundlage dafür bildeten 1961 ein städtebauliches Konzept und ein Generalverkehrsplan von Roland Rainer. Der geplante U-Bahn-Bau sowie die Erschließung bisheriger Randgebiete nördlich der Donau förderten diese Entwicklung. Besonders am südlichen und östlichen Stadtrand gab es Grundstücke zu günstigen Preisen, auf denen neue große Wohnviertel geschaffen wurden. Die neue Fertigteilbauweise mit vorgefertigten Betonelementen erlaubte es, in kurzer Zeit ganze Stadtteile neu zu errichten.

Geschichte

Der Oskar-Helmer-Hof befindet sich unter anderem auf Gründen des 1933 errichteten Strebersdorfer Militär-Barackenlagers. Im Jahr 1945 wurden hier flüchtende Sudetendeutsche in großer Zahl untergebracht. Vor 1945 war das Areal, wie der gesamte XXI. Bezirk, als letzter Stützpunkt der deutschen Wehrmacht in Wien massiv von Kriegsschäden betroffen. Auch die Luftangriffe 1944 und 1945 versehrten diesen Teil von Strebersdorf. Nach Kriegsende erwies sich die Nutzung der Grundstücke als unzweckmäßig - die beschädigten Gebäude harrten ihrer Abtragung. In den 1950er-Jahren erwarb schließlich die Gemeinde Wien nach und nach die Parzellen zwischen Rußberg-, Mayerweck- und Prager Straße und begann mit einer grundlegenden städteplanerischen Neugestaltung des Areals. Ein gänzlich neues Gassennetz entstand bei der Errichtung vier großer Wohnanlagen. Mit dem Bau des Oskar-Helmer-Hofs konnte ab 1960 begonnen werden. Die Anlage wurde in mehreren Etappen bis 1967 ausgebaut. Die angrenzende Schule in der Roda-Roda-Gasse wurde nach Plänen der Architektin Elise Sundt errichtet. Ein Kinderfreibad sowie Kinderbetreuungseinrichtungen, Geschäfte und Cafés bieten den Bewohnern eine hervorragende Infrastruktur. Ab 2007 erfolgte die farbliche Neugestaltung der Anlage im Zuge einer groß angelegten Sanierung. 2008 wurde hier der erste Nachbarschaftsgarten im Gemeindebau eingerichtet.

Die Architektur

Der Oskar-Helmer-Hof wurde zu Beginn der 1960er-Jahre als verkehrsarme Mustersiedlung geplant. Die Anlage umfasst insgesamt 112 Stiegen, welche in mehreren Bauetappen errichtet wurden. Die Stiegen sind zu langen, zeilenförmigen Trakten mit zwei bis drei Geschoßen gekoppelt. Die Eingänge befinden sich nach Norden hin und sind farblich sowie durch die versetzten Fenster der Stiegenhäuser akzentuiert. An den Südseiten wird das Fassadenbild von Loggien bestimmt. Diese sind ebenfalls farblich different gestaltet und werden in Teilen der Anlage zusätzlich von vorgelagerten Fassadenelementen gerahmt. Die zweckmäßige Anordnung der Fenster strukturiert und rhythmisiert die Fassaden an den Nord- und Südseiten. An den Schmalseiten mancher Zeilen befinden sich Loggien, Balkone und französische Fenster. Die sonst schlichten Fassaden sind von durchgängigen Hauptgesimsen abgeschlossen. Die Giebeldächer sind sehr flach gehalten. In einem quer ausgerichteten Trakt an der Prager Straße sind Wohnungen für ältere Menschen eingerichtet. Auf Geschäftszonen im Bereich des Erdgeschoßes wurde verzichtet. Durch die Errichtung einer Ladenbauzeile konnte eine funktionelle Trennung von Wohnen und Einkaufen erreicht werden. Das große, als Bauplatz zur Verfügung stehende Areal machte hier die Umsetzung eines städtebaulichen Ideals der 1960er-Jahre möglich. Schlichte Formensprache, hoher Wohnkomfort, eine großzügig angelegte, öffentliche Grünanlage sowie die Zeilenform der Wohnblöcke sind die wesentlichen Merkmale dieses architektonischen Entwurfs.

... und die Kunst

In der Meriangasse befindet sich die Plastik "Elch" von Gertrude Fronius. Die Tierfigur wurde in Naturstein und Bronze ausgeführt. Die Figurengruppe "Straßenmusikanten" von Alexander Wahl, auf einer Grünfläche in der Anlage, besteht ebenfalls aus Naturstein. Beide Figuren entstanden in den Jahren 1963 bis 1966. Die kunststeinerne Spielplastik "Knödelfresser" (1960/61) von Franz Pixner befindet sich im angrenzenden Kindergarten. Die Schule in der Roda-Roda-Gasse ist mit dem farbigen Steinzeugrelief "Ornamentale Figurengruppe" von Peter Weihs und der Natursteinplastik "Sitzendes Mädchen" von Hilde Uray ausgestattet. An der Seitenwand der lang gestreckten Hauptzeile in der Meriangasse ist eine Gedenktafel für Oskar Helmer angebracht.

Der Name

Die Wohnanlage wurde 1970 nach Oskar Helmer (1887-1963) benannt. Oskar Helmer trat nach seiner Ausbildung zum Schriftsetzer 1903 der SDAP bei. Er wurde aktiver Gewerkschafter und Sekretär der Wiener Neustädter Parteiorganisation. Obwohl er sich um innenpolitische Ruhe und Zugeständnisse an die Christlichsozialen bemühte, wurde Oskar Helmer 1934 verhaftet. Auch von den Nationalsozialisten wurde er inhaftiert. Nach 1945 arbeitete er intensiv im Rahmen des Wiederaufbaus. Besonders engagierte er sich für den Aufbau einer demokratischen Exekutive, die Zurückdrängung des Einflusses der sowjetischen Besatzungsmacht und der KPÖ in Verwaltung und Polizei sowie eine funktionierende "Großen Koalition" mit der ÖVP. Von 1945 bis 1947 war Oskar Helmer Landesobmann der SPÖ Niederösterreich, bis 1959 stellvertretender Bundesparteiobmann und danach Bundesrat und Präsident des Aufsichtsrates der Österreichischen Länderbank.

Architekten

Norbert Mandl - Norbert Mandl (1911-2001) studierte Architektur an der Technischen Hochschule Wien, wo er 1936 auch promovierte. Für die Gemeinde Wien entwarf er vorwiegend in Arbeitsgemeinschaften mehrere Wohnhausanlagen in den 1950er- und 60er-Jahren, wie etwa die Anlage Zeillergasse 39-43 in Wien 17 (1957/58) und der Karl-Frey-Hof in Wien 15, Hütteldorfer Straße 81a (1953/54). Das 1981 bis 1983 errichtete Wohnhaus Apostelgasse 35 in Wien 3 entstand als eigenständige Arbeit von Norbert Mandl.

Kurt Vana - Kurt Vana (geb. 1923) studierte an der Technischen Universität Wien, wo er 1953 promovierte. Bereits 1948 wurde er Partner seines Vaters Heinrich Vana, dessen Büro er 1960 übernahm und das heute von Gerhard Vana geführt wird. In den 1950er- und 1960er-Jahren war Kurt Vana zusammen mit seinem Vater vor allem für die Gemeinde Wien tätig. Sein bedeutendstes Werk ist die gemeinsam mit Heinrich Vana (sowie Franz Mörth und Alexis Franken) geplante Arbeiterkammer Wien (Wien 4, Prinz-Eugen-Straße 20-22; 1955-1960).

Heinz Dieter Kajaba - Heinz Dieter Kajaba (geb. 1933) studierte ab 1953 bei Clemens Holzmeister an der Akademie der bildenden Künste Wien. Für die Gemeinde Wien war er etwa an den Plänen zum Franz-Weber-Hof in Wien 19, Weinberggasse 60-78 (1983-1988), und zum Oskar-Helmer-Hof in Wien 21, Roda-Roda-Gasse 1 (1960-1967), beteiligt.

Franz Marx - Franz Marx (geb. 1926) studierte Architektur an der Technischen Hochschule Wien. Nach seinen Plänen wurden in Wien zahlreiche Wohnhäuser errichtet. Für die Gemeinde Wien entwarf er unter anderem den Alois-Küblböck-Hof in Wien 15 (Grimmgasse 11-13, 1965-1967) und die Wohnhäuser Castelligasse 3 in Wien 5 (1972/73) und Salzergasse 14 in Wien 9 (1969/70).

Karl Adolf Schubert - Der in Dzieditz/Schlesien geborene Karl Adolf Schubert (1904-1963) studierte ab 1925 bei Peter Behrens und ab 1927 bei Clemens Holzmeister an der Akademie der bildenden Künste Wien. Für die Gemeinde Wien war er vorwiegend in Arbeitsgemeinschaften an der Errichtung mehrerer Wohnhausanlagen beteiligt, wie etwa dem Oscar-Helmer-Hof in Wien 21, Roda-Roda-Gasse 1 (1960-1967), und der Anlage Czartoryskigasse 62-68 in Wien 18 (1953/54).

Heinrich Vana - Heinrich Vana (1889-1967) studierte nach seinem Kriegsdienst von 1920 bis 1923 Architektur an der Akademie der bildenden Künste in Wien. Bereits ab 1924 war er als selbstständiger Architekt für die Stadt Wien tätig, für die er auch noch nach dem Zweiten Weltkrieg mit seinem Sohn Kurt Vana mehrere Wohnbauprojekte realisierte.

Franz Kiener - Franz Kiener (geb. 1926) studierte bis 1951 an der Akademie der bildenden Künste Wien bei Clemens Holzmeister. Nach seinem Studium arbeitete er im Büro von Eugen Wachberger und Erich Boltenstern. 1959 eröffnete Kiener sein eigenes Büro. Zu seinen bedeutendsten Bauten zählen die Gartenstadt Süd (Maria Enzersdorf) und die EVN-Direktion in Maria Enzersdorf (gemeinsam mit Wilhelm Hubatsch und Gustav Peichl). Weiters war Franz Kiener u. a. an der Sanierung des Karl-Marx-Hofes und des Reumannhofes beteiligt.