Bundesländerhof
Bundesländerhof
Bernoullistrasse 4-8, 1220 WienBaujahr: 1964-1966
Wohnungen: 1093
Architekt: Oskar Payer, Peter Payer
Weitere Adressen
Düsseldorfstraße 21, 1220 Wien
Wohnen in Wien
In den 1960er-Jahren nahm der Wohnbau in Wien bis hin zum Wohnungsbauboom der 1970er-Jahre kontinuierlich zu. Die Grundlage dafür bildeten 1961 ein städtebauliches Konzept und ein Generalverkehrsplan von Roland Rainer. Der geplante U-Bahn-Bau sowie die Erschließung bisheriger Randgebiete nördlich der Donau förderten diese Entwicklung. Besonders am südlichen und östlichen Stadtrand gab es Grundstücke zu günstigen Preisen, auf denen neue große Wohnviertel geschaffen wurden. Die neue Fertigteilbauweise mit vorgefertigten Betonelementen erlaubte es, in kurzer Zeit ganze Stadtteile neu zu errichten.
Geschichte
Bereits zu Beginn der 1960er-Jahre gab es für dieses Areal unter dem damaligen Stadtplanungsdirektor Roland Rainer konkrete Bebauungsvorschläge in Form von maximal viergeschoßigen Mehrfamilienhäusern. Wenige Jahre später wurden hier ausschließlich neungeschoßige Plattenbauten der unweit entfernten, gemeindeeigenen Plattenbaufirma Montagebau Wien GmbH errichtet. Die Wohnhausanlage Bundesländerhof wurde auf vormals landwirtschaftlich genutzten Flächen errichtet. Am 21. Mai 1966 wurde die Wohnhausanlage von Bürgermeister Franz Jonas im Beisein einiger Landeshauptleute feierlich eröffnet.
Die Architektur
Die Wohnhausanlage zählt zur ersten Generation der Wiener Plattenbausiedlungen, die vorrangig durch die freistehende Zeilenbebauung gekennzeichnet ist. Die geradlinigen Baukörper stehen ausschließlich parallel bzw. orthogonal zueinander und sind Ausdruck rationellster Bauweise. Die Abstände zwischen den einzelnen Gebäuden wurden häufig durch die Dimension der Montagekräne bestimmt. Die Wohnhausanlage besteht aus insgesamt 11 neungeschoßigen Wohnblöcken, wobei fünf parallel und sechs orthogonal zum Kagraner Anger angeordnet sind. Die Wohngebäude sind allesamt unterkellert, wobei der Keller ein halbes Geschoß aus dem Terrain ragt, was wiederum die - auch farblich abgesetzte - Sockelzone bildet. Durch die bereits durchgeführte thermische Sanierung ist die für die Fertigteilbauweise typische Fassadenrasterung nicht mehr sichtbar, obgleich an den Giebelfassaden der Gebäude die Plattenteilung mittels Farbstreifen nachgeahmt wurde. Die südseitigen Loggien der parallel zum Kagraner Anger angeordneten Wohngebäude sind zur Gänze in die Blockkubatur integriert, die östlich ausgerichteten Loggien sind um 40 cm aus der Gebäudeflucht vorgesetzt, was den Gebäuden mehr Plastizität verleiht. Die Stiegenhäuser liegen den Fassaden mit den Loggien jeweils gegenüber und werden von vorgesetzten Lifttürmen dominiert, die zugleich - in Kombination mit von zwei Stahlsäulen gestützten Betonvordächern - die Eingänge markieren.
... und die Kunst
An der Giebelwand der neun Wohnblöcke ist jeweils ein Wappen eines Bundeslandes angebracht. Diese wurden von Leopold Schmid gestaltet. Im Bereich des Hauses Niederösterreich befindet sich die von Eva Mazucco künstlerisch gestaltete Ballspielwand. Die Außenwandplatten, in welchen sich die Hauseingangstüren befinden, sind noch original mit einer Glasmosaikoberfläche versehen. An dieser sind auch die künstlerisch gestalteten Hauszeichen befestigt. Diese sollen aufgrund der Uniformität der Fertigteilbauten den Bewohnern als Orientierungshilfe dienen. Es handelt sich dabei um jeweils den Bundesländern zugeordnete Motive der Künstler Elisabeth Eisler, Alois Heidel, Rudolf Kedl und Oskar Bottoli.
Der Name
Der damalige Bezirksvorsteher Rudolf Köppl begründete in der Eröffnungsrede die Namensgebung des Bundesländerhofs als eine Freundschaftserklärung Wiens an die österreichischen Bundesländer. Neun Wohnblöcke tragen das Wappen und den Namen eines Bundeslandes. Der Widmungsstein mit der Inschrift "Bundesländerhof errichtet von der Stadt Wien als Zeichen der Verbundenheit aller Länder Österreichs. 21. Mai 1968" erinnert an die Eröffnungsfeier.
Architekten
Oskar Payer - Oskar Payer (1903-1973) erlernte zunächst das Tischlerhandwerk, bevor er die Staatsgewerbeschule in Wien besuchte. Nach dem Zweiten Weltkrieg setzte er sich vor allem für eine Verbesserung der Wohnkultur sowie auch für die Funktionalität der Wohnung selbst ein. Dies stellte er u.a. in zahlreichen Publikationen, wie z.B. "Die praktische Wohnungskunde", und als Obmann des Vereins "Die Frau und ihre Wohnung" unter Beweis. Für die Stadt Wien plante Oskar Payer gemeinsam mit seinem Sohn Peter Payer mehrere Tausend Wohnungen, allen voran die zahlreichen Montagebau-Wohnungen.
Peter Payer - Peter Payer wurde am 5. Dezember 1932 in Wien geboren. Er studierte Architektur an der Technischen Hochschule sowie an der Akademie der angewandten Kunst in Wien und diplomierte im Jahr 1956 bei Prof. Franz Schuster. Gleich seinem Vater Oskar Payer konzentrierte er sich auf die Verbesserung der Wohnkultur sowie die Rationalisierung des Wohnungsbaus. Zahlreiche Publikationen zeugen vom Engagement der beiden Architekten. Neben der Planung Tausender Wohnungen für die Gemeinde Wien entwarfen Oskar und Peter Payer auch Möbel und gründeten das Einrichtungshaus "Payer-Dekor". Im Jahr 1970 erhielten sie den Staatspreis für ein Sitzliegemöbel.