Gießaufgasse 26
Gießaufgasse 26
Gießaufgasse 26, 1050 WienBaujahr: 1985-1986
Wohnungen: 11
Architekt: Eveline-Anne Bettelheim
Wohnen in Wien
Ab den 1980er-Jahren bestimmte ein neuer Stadtentwicklungsplan die Wohnhaussanierung. Der 1984 gegründete Wiener Bodenbereitstellungs- und Stadterneuerungsfonds und das Wohnhaussanierungsgesetz 1985 ergänzten die optimalen Voraussetzungen für eine sanfte Stadterneuerung. 36 Prozent der Sanierungsgelder flossen in Gemeindebauten, sodass die berühmtesten Gemeindebauten aus der Zwischenkriegszeit saniert werden konnten, wie z. B. der Karl-Marx-Hof, der George-Washington-Hof oder der Rabenhof. Für Neubauten wurde durch Wettbewerbe eine qualitativ hochwertige und individuelle Architektur sichergestellt, wie das Beispiel Hundertwasserhaus zeigt.
Geschichte
Die Nachbarhäuser Gießaufgasse 26, 24 sowie das gegenüberliegende Mietshaus Nr. 23 wurden nach Plänen des Architekten Theodor Bauer in den Jahren 1886 und 1896 errichtet. Theodor Bauer war vor allem um die Jahrhundertwende - nicht zuletzt dank des Baubooms - sehr erfolgreich, etliche Wohn- und Geschäftshäuser im 5. Bezirk gehen auf sein Handwerk zurück. Bauer blieb dem dreizonigen Schema des Historismus verhaftet, über dem genuteten Sockelgeschoß lagen zumeist zwei darüber liegende Geschoße, durch Gesimse sowohl vom Sockel als auch vom Attikageschoß getrennt. Bei den original erhaltenen Fassaden ist erkennbar, dass Bauer nur sparsam Dekorelemente einsetzte. Die beiden zeitlich 1886 entstandenen Mietshäuser errichtete Bauer für F. Waas.
Die Architektur
Die schmale Schließung der Baulücke im Straßenraum wird durch ein als Zweispänner konzipiertes, fünfgeschoßiges Wohnhauses samt ausgebautem Dachgeschoß längs der Gießaufgasse gelöst. Das Gebäude fällt gleich durch mehrere Gestaltungsmerkmale ins Auge: die Erdgeschoßzone, die Ein- und Ausfahrt sowie Haupt- und Nebenportal aufnimmt, wird durch die hinter die Baufluchtlinie zurückversetzten Öffnungen dominiert, wodurch eine pilasterartige Wirkung ensteht. Die Fassade des Mittelteils, der über vier Etagen ebenfalls zurückversetzt ist, wird nach oben hin durch zwei Rundbogen und einen vorspringenden Zierpilaster abgeschlossen. Ein klinkerähnliches Gesimsband umrahmt den dritten und vierten Stock, ein Mansarddach bildet den krönenden Abschluss. Die Fensteröffnungen sind mit Ausnahme der beiden mittleren Fensterreihen als Zwillingsfenster konzipiert, im zurückversetzten Mittelteil werden die quadratischen Öffnungen durch blaue Fensterrahmen akzentuiert, ein Farbwahlthema, das die gesamte Sockelzone dominiert. Die rückseitige Fassade ist sehr schlicht und einfach gestaltet und kommt ohne zierende Elemente aus. Ein schmaler, als Terrasse angelegter Hof begrenzt das Wohnhaus zum Nachbargrundstück.
Der Name
Die Gießaufgasse wurde im 18. Jahrhundert als unbezeichneter Feldweg mit unregelmäßigem Verlauf angelegt und - nachdem sie einige Jahre nicht mehr nachweisbar war - 1842 nach dem Webermeister und Armenvater Georg Gießauf (ca. 1763-1840) benannt, der in seinen späteren Jahren auch das Amt des Äußeren Rates bekleidete.
Architekten
Eveline-Anne Bettelheim - Eveline-Anne Bettelheim (geb. 1946) studierte Architektur an der Technischen Universität Wien, wo sie unter anderem bei Karl Schwanzer und Reinhard Gieselmann lernte. Als freischaffende Architektin beschäftigt sie sich vorwiegend mit Umbauten und Innenraumgestaltungen; besonders bermerkenswert ist etwa der Umbau des Stadttheaters Walfischgasse in Wien 1 (2004). Bereits Mitte der 1980er-Jahre entwarf Eveline-Anne Bettelheim die Gemeindewohnbauten Gießaufgasse 26 und Leitgebgasse 3 in Wien 5. Zudem betreibt sie eine Galerie für Kunst des 20. und 21. Jahrhunderts.