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Gumpendorfer Straße 86

Fakten

Gumpendorfer Straße 86

Gumpendorfer Straße 86, 1060 Wien

Baujahr: 1948-1949

Wohnungen: 15

Architekt: Erich Franz Leischner

Wohnen in Wien

1945 waren rund 28 Prozent der Gebäude Wiens durch die Kriegshandlungen schwer beschädigt oder zerstört - im Hinblick auf den Wohnungsbau eine Phase, in der eine rasche Linderung der Wohnungsnot notwendig war. Infrastruktur fehlte völlig, das entsprechende Baumaterial ebenfalls. Die Stadtverwaltung beriet sich in einer "Enquete über den Wiederaufbau der Stadt Wien" und ab 1947 konnte die planmäßige Errichtung von Neubauten beginnen. Eine wichtige technische Errungenschaft, die aus Bauschutt Ziegel machte - die Vibro-Technik -, kam zum Einsatz. Mit dem Bau erster großer Wohnanlagen wie der Per-Albin-Hansson-Siedlung wurde Ende der 1940er-Jahre begonnen. Die 1948 mit dem Marshall-Plan durch die USA zugesicherte Wirtschafts- und Wiederaufbauhilfe war dringend nötig.

Geschichte

Unter der Leitung von Franz Novy, seit der Konstituierung des Gemeinderates im Februar 1946 amtsführender Stadtrat für das Bauwesen in Wien, wurde mit dem Wiederaufbau der zerstörten Stadt begonnen und gleichzeitig der Auftrag zur Errichtung neuer Wohnungen erteilt. Dazu zählte auch das städtische Wohnhaus in der Gumpendorfer Straße 86. Im November 1949, nach der Fertigstellung des Gemeindebaus, verstarb Novy an den Folgen einer schweren Krankheit. Eine Woche später genehmigte der Stadtsenat die Vergabe der künstlerischen Arbeit für neue städtische Wohnhausanlagen. Mit der Verschönerung des Gemeindebaus in der Gumpendorfer Straße wurde Prof. Anton Endstorfer betraut, der eine Plastik mit dem Titel "Kindergruppe und historisches Wappen" kreierte.

Die Architektur

Das sechsgeschoßige, als Dreispänner konzipierte Wohnhaus entlang der Gumpendorfer Straße wird über ein hofseitiges Stiegenhaus erschlossen. Der zentral gelegene Stiegenhauskern sorgt durch seine großformatigen Fensteröffnungen für eine natürliche Belichtung. Das Erdgeschoß beherbergt zwei Lokale, in den Räumlichkeiten des hofseitig angelegten, einstöckigen Nebentraktes befindet sich ein Straßenpflegerdepot der MA 48.

Das Gebäude gliedert sich in Sockelzone, Mittelfeld und Dachaufbau. Ein Gesims trennt das Erdgeschoß von den restlichen Etagen und teilt die Fassade horizontal. Das Hauptgesims ist vorkragend und schließt die Fassade nach oben hin ab. Die seitlich angeordneten, straßenseitigen Balkone verleihen dem Gebäude eine symmetrische Form. Diese Symmetrie wird durch den zurückspringenden, an die rechte, benachbarte Hausmauer angrenzenden Gebäudeteil optisch durchbrochen, der durch großrechteckige, dreiflügelige Sprossenfenster und das Hauptportal gekennzeichnet ist. Die Durchfahrt wird seitlich durch ein vorgesetztes Klinkermauerwerk und horizontal durch ein Gesims mit darüber liegender Supraporte gerahmt. Auffallend sind die zweiflügeligen Sprossenfenster zwischen den Balkonen, die durch Sohlbänke und eingeschnittene Putzfelder optisch zu einem Fensterband zusammengefasst werden und so gleichzeitig als horizontales Gliederungselement der Fassade fungieren. Die Sohlbänke reichen straßenseitig über fünf, hofseitig über drei Fensterachsen und ziehen sich über alle fünf Obergeschoße nach oben. An der rückseitigen Front ist zusätzlich eine über vier Fensterachsen reichende Dachgaube ausgebildet.

In seiner Architektur und seinen Gestaltungselementen ähnelt das Wohnhaus in vielerlei Hinsicht den Gemeindebauten der Zwischenkriegszeit.

... und die Kunst

Prof. Anton Endstorfer (1880-1960) schuf für die städtische Wohnhausanlage eine Plastik in Aflenzer Sandstein, die eine Kindergruppe mit historischem Bezirks- und Stadtwappen darstellt. Die Ansichtsfläche der Supraporte ist 2,5 mal 1,5 Meter groß und befindet sich über dem Eingang des Wohnhauses.

Der Name

Die Gumpendorfer Straße erhielt ihren Namen zur Erinnerung an den alten Vorstadtnamen Gumpendorf, der 1130/40 erstmals urkundlich erwähnt wurde und zum damaligen 5. Bezirk gehörte. Erst ab 1861 galt der Bezirk als eigenständig, ein Jahr später wurde die ehemalige Gumpendorfer Hauptstraße zur Gumpendorfer Straße.

Architekten

Erich Franz Leischner - Erich Franz Leischner (1887-1970) studierte Architektur an der Technischen Hochschule Wien, u. a. bei Carl König. Bereits ab 1911 bis zu seiner Pensionierung 1949 war er für das Wiener Stadtbauamt tätig. Für das Rote Wien erbaute er neben zahlreichen Wohnhausanlagen unter anderem auch das Kongressbad (1928). In den 1930er-Jahren wurde nach seinem Konzept (gemeinsam mit Alfred Fetzmann) die Höhenstraße angelegt. Ab 1949 war er als selbständiger Architekt tätig. In dieser Zeit entstanden unter anderem die Rotundenbrücke (1953-1955) und die Salztorbrücke (1960-1961) nach seinen Entwürfen.