Leon-Askin-Hof
Leon-Askin-Hof
Sechsschimmelgasse 19, 1090 WienBaujahr: 1925-1925
Wohnungen: 27
Architekt: Josef (Jaroslav) Bayer, Hartwig Fischel
Wohnen in Wien
Nach dem Ende des Ersten Weltkrieges wurde die Sozialdemokratie bestimmende Kraft im Wiener Rathaus. 1922 wurde Wien ein selbstständiges Bundesland. Damit war auch der Grundstein für das "Rote Wien" gelegt. Neben Reformen im Gesundheits- und Bildungswesen wurde 1923 ein umfangreiches Bauprogramm gestartet, um für die Bevölkerung menschenwürdige Wohnungen zu schaffen - hell, trocken, mit Wasserleitung und WC ausgestattet, waren sie ein krasser Gegensatz zu den Bassena-Wohnungen in den Mietskasernen. Wesentlicher Teil der Anlagen waren Gemeinschaftseinrichtungen wie Bäder, Kindergärten, Waschküchen, Mütterberatungsstellen, Ambulatorien, Tuberkulosestellen, Turnhallen, Bibliotheken etc. Die Stadt Wien errichtete in der Zwischenkriegszeit 63.000 Wohnungen.
Geschichte
Über viele Jahre lag die Parzelle brach (in den Jahren 1911 bis 1924 wurde die Baulücke an die Vereinigte Wiener Plakatierung verpachtet, die sie als Materiallagerplatz nutzte), sodass bei Bekanntwerden der Bebauungspläne die Verwalter der Nachbarhäuser Sechsschimmelgasse 17 und Altmüllergasse 5 den Bau des Wohnhauses zu boykottieren versuchten. Sie klagten auf "Entziehung von Licht und Luft" und "Entwertung ihrer Häuser". Ihre Einwände wurden jedoch "als im Gesetze nicht begründet" zurückgewiesen.
Die Architektur
Die kleine Hofanlage wurde auf einem - mit 15,62 m Straßenfront und 33,30 m Parzellentiefe - äußerst schmalen Grundstück erstellt. Dennoch umfasst sie 28 Kleinstwohnungen (ursprünglich waren es sogar 32) und zwei Geschäftslokale. Durch die geschickt gewählte, L-förmige Bebauung mit einem Gassentrakt und einem linksseitigen Hoftrakt wurde eine gute Belichtung und Belüftung der Wohnungen sichergestellt.Die schmale Hauptfront weist eine interessante Ladenzone mit einem mittig gesetzten Hauseingang und kleinen Oberlichten in jeder der fünf Öffnungsachsen auf. Darüber, in den fünf Regelgeschoßen, sind die quadratischen, dreiflügeligen Fenster völlig regelmäßig, nahezu schachbrettartig in die - hier nur mehr - vier Fensterachsen der Fassade gesetzt. Mittels hervorgehobener Putzprofile und Gesimse werden sie teils vertikal, teils horizontal strukturiert und zu größeren Streifen und Feldern vereint. Während das Erdgeschoß eine lichte Raumhöhe von 4,80 m aufweist, sind die Räume der darüber liegenden Wohnungen lediglich 2,80 m hoch, wodurch im Vergleich zu den Nachbarhäusern ein ganzes Stockwerk gewonnen werden konnte. Dies ist insofern erwähnenswert, als eine geringe Raumhöhe nicht der damaligen Usance entsprach.
Der Name
Die Wohnhausanlage wurde 2009 nach dem Schauspieler und Regisseur Leon Askin, 1907 - 2005, benannt. Dieser wuchs im gegenüberliegenden Haus Sechsschimmelgasse 16 unter dem Namen Leo Aschkenasy auf. Der jüdische Schauspieler und Regisseur, der unter anderem das politische Kabarett "ABC" leitete, emigrierte 1938 mit Hilfe von Berta Zuckerkandl und Erwin Piscator über Frankreich nach Amerika, wo er in Film und Fernsehen Berühmtheit erlangte. 1994 kehrte Leon Askin, der seit 1955 immer wieder kurze Gastspiele in Österreich abhielt, endgültig nach Wien zurück, wo er bis zu seinem Tod im Jahr 2005 unter anderem als Zeitzeuge wirkte.
Architekten
Josef (Jaroslav) Bayer - Josef (Jaroslav) Bayer (1889-1979) studierte an der Kunstakademie in Sofia, anschließend in Wien an der Technischen Hochschule und an der Akademie der bildenden Künste, wo er 1915 seinen Abschluss machte. Vom Werk Bayers sind heute nur wenige Gebäude bekannt, die aber allesamt für die Gemeinde Wien enstanden; unter anderem die Wohnhausanlagen Sechsschimmelgasse 19 (Wien 9, 1925; gemeinsam mit Hartwig Fischel), Petzvalgasse 3 (Wien 4, 1928/29) und Paletzgasse 17 (Wien 6, 1930).
Hartwig Fischel - Hartwig Fischel (1861-1942) studierte an der Technischen Hochschule und an der Akademie der bildenden Künste in Wien. Ab 1888 war er als Architekt der k.k. Kaiser-Ferdinand-Nordbahn tätig und publizierte in dieser Funktion eine Reihe von fachspezifischen Artikeln. Nachdem er sich 1910 krankheitsbedingt in den frühzeitigen Ruhestand versetzen lassen hatte, war er als selbständiger Architekt, aber mehr noch als Architektur- und Kunstpublizist tätig. Fischel war Redakteur bzw. Mitarbeiter bei etlichen Zeitschriften, z.B. "Mitteilungen der Zentralvereinigung der Architekten Österreichs", "Österreichische Rundschau", "Die graphischen Künste", "Der Architekt", "Wiener Bauindustrie-Zeitung" sowie "Österreichs Bau- und Werkkunst" und "Aus dem Kunstleben". Im Jahr 1938 floh Fischel vor den Nationalsozialisten ins Exil nach London, wo er 1942, im 81. Lebensjahr, starb.