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Hubert-Hladej-Hof

Fakten

Hubert-Hladej-Hof

Wehlistraße 131-143, 1020 Wien

Baujahr: 1948-1950

Wohnungen: 292

Architekt: Karl Hartl, Erich Boltenstern, Ladislaus Hruska, Kurt Schlauß

Weitere Adressen

Haussteinstraße 6-8, 1020 Wien

Handelskai 154-166, 1020 Wien

Wohnen in Wien

1945 waren rund 28 Prozent der Gebäude Wiens durch die Kriegshandlungen schwer beschädigt oder zerstört - im Hinblick auf den Wohnungsbau eine Phase, in der eine rasche Linderung der Wohnungsnot notwendig war. Infrastruktur fehlte völlig, das entsprechende Baumaterial ebenfalls. Die Stadtverwaltung beriet sich in einer "Enquete über den Wiederaufbau der Stadt Wien" und ab 1947 konnte die planmäßige Errichtung von Neubauten beginnen. Eine wichtige technische Errungenschaft, die aus Bauschutt Ziegel machte - die Vibro-Technik -, kam zum Einsatz. Mit dem Bau erster großer Wohnanlagen wie der Per-Albin-Hansson-Siedlung wurde Ende der 1940er-Jahre begonnen. Die 1948 mit dem Marshall-Plan durch die USA zugesicherte Wirtschafts- und Wiederaufbauhilfe war dringend nötig.

Geschichte

Das Areal um den Mexikoplatz war teilweise bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts Augebiet. Die heutige Uferkante der Donau entstand erst durch die 1875 abgeschlossene Donauregulierung. In der Folge wurde auf dem neu gewonnenen Bauland entlang des Donauufers durch die Anlage der Vorgartenstraße, der Engerthstraße und der Wehlistraße eine Rasterverbauung konzipiert, die bis 1910 vor allem aus Zweckbauten wie Fabriken, Lagerhäusern und Schiffsstationen, gemischt mit einfachen Wohnbauten, bestand. Der heutige Mexikoplatz wurde 1884 angelegt, als Bindeglied zwischen der 1876 eröffneten Reichsbrücke und der zum Praterstern führenden Lassallestraße. Die großflächigen Baulücken rund um den Platz wurden nach 1945 mit Wohnhausanlagen der Gemeinde Wien geschlossen.

Die Architektur

Die durchgehend sechsgeschoßige Wohnhausanlage besteht aus einer 14 Stiegen umfassenden Blockrandverbauung entlang des Handelskais und der Haussteinstraße sowie drei frei stehenden Wohnhäusern mit je zwei Stiegen, die quer zur Wehlistraße im offenen Straßenhof angeordnet sind. Die lange Front zum Handelskai wird durch turmartig überhöhte Risalite gegliedert. Diese sind mit je einer Balkonachse und kleinen Rundfenstern ausgestattet und verleihen dem Bau zur Donau hin ein wehrhaftes Aussehen. Die zwischen den Risaliten liegenden, glatten Putzfassaden sind ebenfalls in regelmäßigen Abständen mit Balkonen ausgestattet und werden durch Fenster unterschiedlicher Größen strukturiert. Großzügige Eckbalkone leiten zur Haussteinstraße über. Hier dominieren die nachträglich an die Stiegenhäuser angebauten Aufzugstürme. Die Aufzugstürme des Bauteils entlang des Handelskais wurden an der Hoffront errichtet; sie sind gemauert oder bestehen aus einer Glas-Stahl-Konstruktion. Auch hier setzen Balkone rhythmisch gliedernde Akzente.

Die drei frei stehenden Häuser beherbergen an ihrer straßenseitigen Stirnfront jeweils ein Geschäftslokal. An den zum Mexikoplatz gerichteten Fronten ist die äußerste Fensterachse deutlich zurückgestuft. Dadurch wird den Bauten etwas an Massivität genommen - ein Effekt, den auch die raumgreifenden, über die Hauskante hinausragenden Balkone unterstützen. Bemerkenswert ist an diesen Schauseiten auch die dichte Anordnung von kleinen Balkonen, die die Baublöcke in einem schachbrettartigen Raster überziehen.

... und die Kunst

Auf den Grünflächen zwischen den Blöcken stehen die von Rudolf Schmidt in den Jahren 1951 bis 1953 geschaffenen Natursteinplastiken "Wäscherin" und "Fischer mit Netz".

Der Name

Die Wohnhausanlage ist nach Hubert Hladej (1913-1977) benannt, der als der am längsten amtierende Bezirksvorsteher in die Geschichte Wiens einging: Vom 12. Dezember 1949 bis zum 17. Jänner 1977 stand er der Leopoldstadt vor. Eine Gedenktafel im Hof erinnert an ihn.

Architekten

Karl Hartl - Karl Hartl (geb. 1915) studierte von 1936 bis 1940 Architektur an der Technischen Hochschule Wien. Für die Gemeinde Wien plante er etwa das Wohnhaus Mitisgasse 36-38 in Wien 14 (1960/61) und war an der Errichtung der Anlagen Krottenbachstraße 42-46 in Wien 19 (1956-1958) und Hadikgasse 268-272 in Wien 14 (1953/54) beteiligt. Zudem unterrichtete Karl Hartl an der Bundesgewerbeschule Mödling (NÖ).

Erich Boltenstern - Erich Boltenstern (1896-1991) schloss 1922 sein Studium an der Technischen Hochschule ab und arbeitete im Anschluss unter anderem im Atelier von Hans Poelzig in Berlin, im Büro Theiß & Jaksch in Wien und bei der Eisenbahnverwaltung in Barcelona. Bereits vor dem Zweiten Weltkrieg war er auch lehrend an der Wiener Kunstgewerbeschule und an der Akademie der bildenden Künste tätig. Sein erster großer Auftrag aus dieser Zeit war das heute stark veränderte Restaurant am Wiener Kahlenberg (1934-1937). Nach seiner Rückkehr aus dem Exil leitete er ab 1945 stellvertretend die Meisterklasse an der Akademie der bildenden Künste und wurde bald auch an die TH Wien berufen, wo er bis 1968 Professor für Wohnbau war. Boltenstern war einer der wichtigsten Architekten des Wiederaufbaus. Er leitete unter anderem den Wiederaufbau der Wiener Staatsoper (Wien 1, 1948-1955) und der Böhmischen Hofkanzlei am Judenplatz (Wien 1, 1946/47). Er entwarf das neue "Hotel Europa" am Neuen Markt (Wien 1, 1947-1958) und das erste moderne Hochhaus Wiens, den Ringturm am Schottenring (Wien 1, 1953-1955).

Ladislaus Hruska - Ladislaus Hruska (1912-1983) schloss 1946 sein Studium an der Technischen Hochschule Wien ab. Er widmete sich in erster Linie dem römisch-katholischen Sakralbau und plante mit der Pfarrkirche Am Gatterhölzl (Hohenbergstraße 42, Wien 12) den ersten großen Kirchenbau der Nachkriegszeit. Er realisierte aber auch einige Profanbauten wie zum Beispiel das Hochhaus am Matzleinsdorfer Platz in Wien 5, Leopold Rister-Gasse 5 (1955-1964, zusammen mit Kurt Schlauß).

Kurt Schlauß - Kurt Schlauß (geb. 1924) studierte Architektur an der Akademie der bildenden Künste sowie Bauingenieurwesen an der Technischen Hochschule Wien. Er war unter anderem an der Realisierung des Hochhauses am Matzleinsdorfer Platz und der Straßenunterführungen Karlsplatz und Schottentor beteiligt. Zudem war er von 1966 bis 1978 Chefplaner der Wiener U-Bahn und ordentlicher Professor an der TH Wien.