Salzergasse 12
Salzergasse 12
Salzergasse 12, 1090 WienBaujahr: 1937-1938
Wohnungen: 9
Architekt: Franz Wiesmann
Wohnen in Wien
Zu Beginn der 1930er-Jahre wurde der kommunale Wohnungsbau durch die zunehmend schlechte Wirtschaftslage massiv eingeschränkt. Um für die arbeitslose Bevölkerung trotzdem Wohnraum und Beschäftigung schaffen zu können, ging die Stadt dazu über, am Stadtrand liegendes Bauland zu erschließen und so genannte "Erwerbslosensiedlungen" zur Verfügung zu stellen. Die Siedlungshäuser wurden von den späteren Bewohnern nach einem vorgegebenen Bebauungsplan selbst errichtet. Durch die Ausschaltung des Parlaments und die Einführung einer autoritären ständestaatlichen Verfassung verlor Wien 1934 den Status eines eigenen Bundeslandes. Der Wohnbau kam so gut wie zum Erliegen, und die Arbeitslosigkeit stieg weiter. Der wachsenden Unzufriedenheit in der Bevölkerung versuchte die Stadt entgegenzuwirken, indem sie Bauland zur Gründung autarker Wohneinheiten bereitstellte und so die Bewohner aus dem Elend der traditionellen Arbeiterbezirke an den grünen Stadtrand absiedelte.
Geschichte
In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts wurde die Anhebung eines großräumigen Areals im Alsergrund, in welchem sich der hier besprochene Wohnbau befindet, beschlossen. Diese Maßnahme sollte einer stetig drohenden Überschwemmung des Gebiets durch den Alserbach entgegenwirken. Demgemäß wurden ab diesem Zeitpunkt sämtliche Neubauten in "provisorischer Höhenlage" errichtet. Dabei musste das Erdgeschoß als zukünftiges Kellergeschoß mit hoch liegenden Kellerfenstern konzipiert werden, was den Einbau von Geschäftslokalen im Allgemeinen obsolet machte. Erst in den 1970er-Jahren, nach Intervention durch das Ordinariat, welches eine Tieflegung seiner Pfarrkirche nicht dulden wollte, wurde die entsprechende Verordnung wieder aufgehoben und der Alserbachkanal stattdessen mit besonders starken Vorflutern versehen. Zur Ausführung der geplanten Bodennivellierung kam es nur in den wenigsten Fällen.
Die Architektur
Das Gemeindewohnhaus in der Salzergasse 12 ist in "provisorischer Höhenlage" erstellt worden (siehe oben) und verfügt infolgedessen über eine, den besonderen Anforderungen angepasste, unübliche Erschließung: Eine Stiege führt formlos, ohne großzügig gestalteten Eingangsbereich und Podest auf Erstes-Stock-Niveau. Nach der geplanten - jedoch niemals durchgeführten - "Herstellung der endgültigen Höhenlage" und der damit verbundenen Bodennivellierung um 2,51 Meter sollten diese Treppen durch ein ebenes Entree ersetzt werden. Erst ab dem ersten Stock verläuft die Stiege gleichmäßig doppelläufig über alle Regelgeschoße.Interessanterweise ist das Erdgeschoß hier noch als Ladenzone mit Portalen ausgeführt. In den Plänen wird es jedoch bereits als "Keller" und "Magazin" bezeichnet, was den geplanten Umbau desselben vorwegnimmt. Erschlossen wird dieser zukünftige Keller über eine eigene, hofseitig gelegene Stiege.Die Fassade ist schlicht und glatt gehalten, mit durchwegs dreiflügeligen, über drei gleichmäßig verteilte Achsen gesetzten Fenstern. Die Eingangstür ist ein genormtes Modell aus Holz und Glas, das in dieser Form an vielen Gemeindebauten aus jener Zeit zu finden ist (so z. B. in der Marktgasse 15 - 19), ebenso wie die markante, geriffelte Ausführung des Türrahmens aus Stockbeton.
... und die Kunst
An der Hauptfassade ist eine Tafel aus Steingut angebracht. Sie trägt die Inschrift: "Gründer des Lichtental/1662 Joh. Adam Liechtenstein 1712" und zeigt den Fürsten vor einem Ensemble aus ein- bis zweigeschoßigen Gebäuden und der Pfarrkirche.
Der Name
Die Salzergasse führt diese Bezeichnung seit 1808 und erinnert damit an die so genannten "Salzer": So nannte man die Schiffer, die Salz nach Wien brachten. Urkundlich erwähnt wurde die Straße bereits 1701.
Architekten
Franz Wiesmann - Franz Wiesmann (1888-1959) studierte von 1907 bis 1913 an der Technischen Universität Wien. Nachdem er eine kurze Zeitspanne als freier Architekt in Baden tätig gewesen war, erhielt er 1914 eine Anstellung am Wiener Stadtbauamt und gehörte diesem bis zu seiner Pensionierung an. Zahlreiche Wohnhausanlagen der Zwischenkriegszeit entstanden nach seinen Plänen.