Reznicekgasse 18-22
Reznicekgasse 18-22
Reznicekgasse 18-22, 1090 WienBaujahr: 1937-1940
Wohnungen: 55
Architekt: Karl Ehn
Weitere Adressen
Wiesengasse 38, 1090 Wien
Badgasse 33-35, 1090 Wien
Wohnen in Wien
Zu Beginn der 1930er-Jahre wurde der kommunale Wohnungsbau durch die zunehmend schlechte Wirtschaftslage massiv eingeschränkt. Um für die arbeitslose Bevölkerung trotzdem Wohnraum und Beschäftigung schaffen zu können, ging die Stadt dazu über, am Stadtrand liegendes Bauland zu erschließen und so genannte "Erwerbslosensiedlungen" zur Verfügung zu stellen. Die Siedlungshäuser wurden von den späteren Bewohnern nach einem vorgegebenen Bebauungsplan selbst errichtet. Durch die Ausschaltung des Parlaments und die Einführung einer autoritären ständestaatlichen Verfassung verlor Wien 1934 den Status eines eigenen Bundeslandes. Der Wohnbau kam so gut wie zum Erliegen, und die Arbeitslosigkeit stieg weiter. Der wachsenden Unzufriedenheit in der Bevölkerung versuchte die Stadt entgegenzuwirken, indem sie Bauland zur Gründung autarker Wohneinheiten bereitstellte und so die Bewohner aus dem Elend der traditionellen Arbeiterbezirke an den grünen Stadtrand absiedelte.
Geschichte
In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts wurde die Anhebung eines großräumigen Areals im Alsergrund, wo sich der hier besprochene Wohnbau befindet, beschlossen. Diese Maßnahme sollte einer stetig drohenden Überschwemmung des Gebiets durch den Alserbach entgegenwirken. Demgemäß wurden ab diesem Zeitpunkt sämtliche Neubauten in "provisorischer Höhenlage" errichtet. Dabei musste das Erdgeschoß als zukünftiges Kellergeschoß mit hoch liegenden Kellerfenstern konzipiert werden, was den Einbau von Geschäftslokalen im Allgemeinen obsolet machte. Erst in den 1970er-Jahren, nach Intervention durch das Ordinariat, welches eine Tieflegung seiner Pfarrkirche nicht dulden wollte, wurde die entsprechende Verordnung wieder aufgehoben und der Alserbachkanal stattdessen mit besonders starken Vorflutern versehen. Zur Ausführung der geplanten Bodennivellierung kam es nur in den wenigsten Fällen.
Die Architektur
Die "Kleinwohnhausanlage" in der Reznicekgasse 18-22 ist laut Plan in "provisorischer Höhenlage" (siehe oben) erstellt worden und verfügt infolgedessen über ein entsprechend kellerartig ausgeformtes Erdgeschoß, in dem die Parteienkeller untergebracht sind. Lediglich die beiden Baublockecken sind offen gestaltetet, mit Geschäftslokalen und großflächigen Schaufenstern. Auch die besondere Form der Erschließung weist auf die geplante Straßennivellierung hin: Vom Haupteingang führt eine schmale Stiege formlos durch das Gebäude hindurch. Die drei Stiegenhäuser liegen hofseitig, sodass der Baukörper über den bereits aufgeschütteten Innenhof erschlossen wird. Die Fenster sind glatt in die vollkommen schmucklose Fassade eingeschnitten. An jeder Schauseite und an den Gebäudeecken werden je zwei bzw. drei Fensterachsen mittels Gesimsen verbunden - an der Hauptseite sind es zweimal zwei Achsen, die in dieser Weise hervorgehoben werden. Die Sockelzone springt um wenige Zentimeter hervor und ist auch in der Farbgebung etwas dunkler gehalten.
Der Name
Die Gasse erfuhr besonders viele Namensänderungen: Bräuhausgasse 1712-1740, Schlangengasse 1778; Wagnergasse und Drey Hasengasse 1809-1955. Seit 1955 trägt sie jedoch den Namen des österreichischen Komponisten Emil Nikolaus Joseph Freiherr von Reznicek (1860-1945). Dieser entstammte einer böhmischen Familie und erhielt seine musikalische Ausbildung zunächst in Graz, später am Leipziger Konservatorium. Er agierte als Theater-, Opern- und Hofkapellmeister im gesamten deutschsprachigen Raum. Zu seinem kompositorischen Repertoire gehören Opern, Orchester- und Kammermusik. Die Ouvertüre der Oper "Donna Diana" erlangte besonders hohen Bekanntheitsgrad, da ein Ausschnitt davon die Eingangsmelodie der, von 1969 bis 1985 monatlich im deutschen Fernsehen ausgestrahlten, musikalischen Quizsendung "Erkennen Sie die Melodie" war.
Architekten
Karl Ehn - Karl Ehn (1884-1959) studierte von 1904 bis 1907 an der Akademie der bildenden Künste Wien bei Otto Wagner. Bereit 1908 trat er in den Dienst des Wiener Stadtbauamts. Vor dem Ersten Weltkrieg errichtete er vor allem Nutzbauten wie etwa Lagerhäuser für die Gemeinde Wien. In den 1920er- und 1930er-Jahren entstanden zahlreiche Wohnhausanlagen nach seinen Entwürfen, darunter auch sein prominentestes Bauwerk: der Karl-Marx-Hof in Wien 19. Auch nach dem Zweiten Weltkrieg war Ehn noch als Architekt tätig. Sein letztes Bauwerk, der Karl-Schönherr-Hof in Wien 9, wurde 1952 vollendet.