Marktgasse 37-39
Marktgasse 37-39
Marktgasse 37-39, 1090 WienBaujahr: 1962-1964
Wohnungen: 31
Architekt: Josef Horacek
Weitere Adressen
Reznicekgasse 6, 1090 Wien
Wohnen in Wien
In den 1960er-Jahren nahm der Wohnbau in Wien bis hin zum Wohnungsbauboom der 1970er-Jahre kontinuierlich zu. Die Grundlage dafür bildeten 1961 ein städtebauliches Konzept und ein Generalverkehrsplan von Roland Rainer. Der geplante U-Bahn-Bau sowie die Erschließung bisheriger Randgebiete nördlich der Donau förderten diese Entwicklung. Besonders am südlichen und östlichen Stadtrand gab es Grundstücke zu günstigen Preisen, auf denen neue große Wohnviertel geschaffen wurden. Die neue Fertigteilbauweise mit vorgefertigten Betonelementen erlaubte es, in kurzer Zeit ganze Stadtteile neu zu errichten.
Geschichte
Die Gegend um die Marktgasse wurde als direktes Umland zum militärisch wichtigen Franz-Josefs-Bahnhof bei den zahlreichen Luftangriffen zu Beginn des Jahres 1945 besonders stark zerstört. Eine der wichtigsten Erfordernisse nach Ende des Zweiten Weltkrieges war demnach die Schaffung von Wohnraum für die Ausgebombten des Lichtentals. Neben diversen Gesetzen, die die Verwirklichung dieses Vorhabens unterstützten (Wohnungswiederaufbaufonds, 1948; Wohnbau-förderungsgesetz, 1954) hatte auch die ungebrochene Tradition der rein kommunalen Wohnbau-tätigkeit weiterhin Bestand. Dabei wurden folgende von Stadtrat Heller formulierte Zielsetzungen verfolgt: eine Verringerung der Wohndichte (Das Areal war durch eine überdurchschnittlich hohe Bevölkerungsdichte von über 500 Einwohnern per Hektar gekennzeichnet.), eine Verbesserung der Wohnverhältnisse, die Entmischung von Wohnen und Gewerbe sowie die Errichtung von Grünflächen und öffentlichen Einrichtungen. Demgemäß wurde im Jahr 1964 die Bebauung der Liegenschaft Marktgasse 37 - 39 mit einem vierstöckigen Wohnblock mit zwei Stiegen bewilligt.
Die Architektur
In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts wurde die Anhebung eines großräumigen Areals im Alsergrund beschlossen. Diese Maßnahme sollte einer stetig drohenden Überschwemmung des Gebiets durch den Alserbach entgegenwirken. Demgemäß wurden ab diesem Zeitpunkt sämtliche Neubauten in "provisorischer Höhenlage" errichtet. Dabei musste das Erdgeschoß als zukünftiges Kellergeschoß mit hoch liegenden Kellerfenstern konzipiert werden, was den Einbau von Geschäftslokalen im Allgemeinen obsolet machte. Erst um 1970, nach Intervention durch das Ordinariat, welches eine Tieflegung seiner Pfarrkirche nicht dulden wollte, wurde die entsprechende Verordnung wieder aufgehoben und der Alserbachkanal stattdessen mit besonders starken Vorflutern versehen. Auch das Gemeindewohnhaus in der Marktgasse 37 - 39 ist in "provisorischer Höhenlage" erstellt worden und verfügt demnach über ein entsprechendes, kellerartig ausgeformtes Erdgeschoß. Die Regelgeschoße umfassen je fünf Wohnungen, wobei die Stiege mit Hausnummer 39 drei und jene auf 37 zwei Tops erschließt. Interessanterweise spiegelt die Fassadengestaltung diese Asymmetrie nicht wider, sondern ist stattdessen vollkommen spiegelgleich aufgebaut. Die - für den sozialen Wohnungsbau jener Zeit untypischen - großzügigen Fensteröffnungen sind in einem schönen Spiel unterschiedlicher Formen glatt in die Putzfassade eingeschnitten. Der zweite Bauteil dieser Anlage liegt in der Reznicekgasse. Dort wurde die Vorgabe der "provisorischen Höhenlage" dergestalt gelöst, dass die maximal geforderten 82 cm Höhenunterschied durch kleine Treppenaufgänge im Inneren der - hier untypischerweise vorhandenen - Geschäftslokale erreicht wurden.
Der Name
Ursprünglich, d. h. ab 1843, trug diese die Pfarrkirche "Zu den hl. Vierzehn Nothelfern" säumende Gasse die Bezeichnung "Kleine Kirchengasse". Im Jahr 1862 wurde sie in "Marktgasse" umbenannt, um dem hier angesiedelten Lichtentaler Markt Rechnung zu tragen. Der Umschlagplatz selbst wurde 1880 jedoch in die neu erbaute Markthalle in der Nußdorfer Straße verlegt.
Architekten
Josef Horacek - Josef Horacek (1911-1993) studierte zunächst Architektur an der Akademie der bildenden Künste in Wien bei Clemens Holzmeister. Im Anschluss daran war er an der Hochschule für angewandte Kunst inskribiert, wo er von 1933 bis 1937 unter anderem bei Josef Hoffmann studierte, in dessen Büro er auch beschäftigt war. Horacek arbeitete hier sowohl an Architekturentwürfen als auch an der Detailplanung von Kleinmöbeln oder der Ausführung eines Faltsesselprototyps. Nach dem Zweiten Weltkrieg lag der Schwerpunkt seiner Arbeit im Wohnbau, des Öfteren im Auftrag der Stadt Wien.