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Franz-Silberer-Hof

Fakten

Franz-Silberer-Hof

Kardinal-Nagl-Platz 14, 1030 Wien

Baujahr: 1927-1928

Wohnungen: 127

Architekt: Georg Rupprecht

Weitere Adressen

Drorygasse 16-18, 1030 Wien

Hagenmüllergasse 24-26, 1030 Wien

Wohnen in Wien

Nach dem Ende des Ersten Weltkrieges wurde die Sozialdemokratie bestimmende Kraft im Wiener Rathaus. 1922 wurde Wien ein selbstständiges Bundesland. Damit war auch der Grundstein für das "Rote Wien" gelegt. Neben Reformen im Gesundheits- und Bildungswesen wurde 1923 ein umfangreiches Bauprogramm gestartet, um für die Bevölkerung menschenwürdige Wohnungen zu schaffen - hell, trocken, mit Wasserleitung und WC ausgestattet, waren sie ein krasser Gegensatz zu den Bassena-Wohnungen in den Mietskasernen. Wesentlicher Teil der Anlagen waren Gemeinschaftseinrichtungen wie Bäder, Kindergärten, Waschküchen, Mütterberatungsstellen, Ambulatorien, Tuberkulosestellen, Turnhallen, Bibliotheken etc. Die Stadt Wien errichtete in der Zwischenkriegszeit 63.000 Wohnungen.

Geschichte

Zu Ende des 14. Jahrhunderts siedelte Albrecht III. im Bereich des Kardinal-Nagl-Platzes eine Kolonie von Wollwebern und flämischen Gärtnern zur Rodung des Auwaldes an. Die erstmals 1389 mit 13 Häusern erwähnte Siedlung, wurde von ihren Bewohnern als "Nottendorf" (niederdeutsch für Dorf der Genossen) bezeichnet. Die Siedlung bewahrte bis zu Beginn des 20. Jahrhunderts ihren dörflichen Charakter in der Stadt. Im Zuge der Assanierung wurden die großteils ebenerdigen Hofanlagen demoliert und der Kardinal-Nagl-Platz mit den umliegenden Wohnhäusern angelegt.

Die Architektur

Die Wohnhausanlage besteht aus drei voneinander getrennten Blöcken, die zwischen bestehende Gebäude aus den ersten Jahren des 20. Jahrhunderts eingesetzt wurden und mit diesen einen gemeinsamen parkähnlich angelegten Innenhof mit Brunnenanlage und einen kleinen Seitenhof umschließen. Der Mittelteil der Hauptfront zum Kardinal-Nagl-Platz ist im mit Klinker verkleideten Erdgeschoß als Geschäftszone ausgebildet. Die Wohngeschoße darüber sind etwas zurückversetzt, wodurch dem ersten Obergeschoß eine durchgehende Terrasse vorgelagert wird. Fensterbänke und -verdachungen aus Klinker bilden das einzige Dekor an der ansonsten glatten Fassade. Das oberste Stockwerk ist nochmals etwas zurückgesetzt. Eingefasst wird diese Mittelpartie von zwei leicht überhöhten, gleichförmig mit Gitternetzwerk überzogenen Seitenblöcken. Sie sind durch spitzbogig ausgeschnittene und expressionistisch vor die Baulinie gezogene Loggien an den Mittelblock angebunden. Die zentrale Achse am Trakt in der Drorygasse wird durch drei schlichte Balkone markiert. Auch hier leiten Loggien vom zurückversetzten Mittelteil zu den Seitenblöcken über. Im Gegensatz dazu zeigt die Anlage in der Hagenmüllergasse durch die verglasten Eckloggien und den über die zentralen drei Achsen vorgezogenen Mittelteil eine ruhige, geschlossene Front. Runde Erkerachsen und konvex gewölbte Loggien verleihen den Hofseiten weichere Züge. Zusammen mit der auf unterschiedlichem Niveau angelegten Grünfläche und der Brunnenanlage aus Naturstein zeugen sie von der Tendenz zur Romantisierung der Architektur des Roten Wien.

Der Name

Die Wohnhausanlage wurde nach dem Reichsratsabgeordneten Franz Silberer (1871-1912) benannt. Der Sozialdemokrat und engagierte Gewerkschafter kam am 12. Januar 1912 bei einer Bergtour auf den Hundstein bei Maria Alm ums Leben. Seine Leiche konnte erst im Juni des gleichen Jahres geborgen werden.

Architekten

Georg Rupprecht - Georg Rupprecht (1891-1940) studierte ab 1909 an der Technischen Hochschule Wien. Aufgrund des Kriegsdienstes konnte er das Studium allerdings erst 1918 abschließen. Ab 1923 widmete er sich als selbständiger Architekt unterschiedlichsten Bauaufgaben. So wurden nach seinen Entwürfen Villen in Rom, Salzburg und in Zoppot bei Danzig (heute Polen) errichtet. In Wien plante er vor allem Geschäftslokale und Kaffeehäuser, unter anderem auch die Bar im Hotel Bristol. Seine wichtigsten Bauten für die Gemeinde Wien sind der Franz-Silberer-Hof in Wien 3 und der Karl-Leuthner-Hof in Wien 6.