Sagedergasse 7-11
Sagedergasse 7-11
Sagedergasse 7-11, 1120 WienBaujahr: 1969-1971
Wohnungen: 446
Architekt: Walter Havelec, Michael Pribitzer, Libuse Partyka, Walter Muchar
Weitere Adressen
Zanaschkagasse 1-5, 1120 Wien
An den Froschlacken 10-12, 1120 Wien
Wohnen in Wien
In den 1960er-Jahren nahm der Wohnbau in Wien bis hin zum Wohnungsbauboom der 1970er-Jahre kontinuierlich zu. Die Grundlage dafür bildeten 1961 ein städtebauliches Konzept und ein Generalverkehrsplan von Roland Rainer. Der geplante U-Bahn-Bau sowie die Erschließung bisheriger Randgebiete nördlich der Donau förderten diese Entwicklung. Besonders am südlichen und östlichen Stadtrand gab es Grundstücke zu günstigen Preisen, auf denen neue große Wohnviertel geschaffen wurden. Die neue Fertigteilbauweise mit vorgefertigten Betonelementen erlaubte es, in kurzer Zeit ganze Stadtteile neu zu errichten.
Geschichte
Die weitläufige Wohnhausanlage an der Sagedergasse 7-11 befindet sich zwischen den Straßenzügen Sagedergasse, Zanaschkagasse und An den Froschlaken im Gebiet des ehemaligen Vororts Altmannsdorf im 12. Wiener Gemeindebezirk. Sie wurde in den Jahren 1969 bis 1971 nach Plänen des Architektenteams Walter Havelec, Michael Pribitzer, Libuse Partyka und Walter Muchar errichtet. Die Anlage entstand nur zwei Jahre nach Baubeginn der nahe gelegenen Wohnhausanlage "Am Schöpfwerk", mit der sie sich zahlreiche Gemeinschaftseinrichtungen wie zwei Schulen, Kindertagesheime, Kindergarten, Hort, mehrere Klubs, eine Kirche sowie eine abwechslungsreiche Geschäftsinfrastruktur teilt.
Die Architektur
Die Hofanlage besteht aus 28 Stiegen, in denen 448 Wohnungen untergebracht sind. Die insgesamt acht Gebäude sind vier-, sechs- und neungeschoßig und stehen teils parallel, teils im rechten Winkel zueinander, sodass drei halboffene Gartenhöfe entstehen. Diese sind durch Wege miteinander verbunden und verfügen über je einen Durchgang im Norden und Süden der Anlage. Die Bebauung ist nach Süden gestaffelt niedriger und passt sich damit - wie ihr Schwesternbau "Am Schöpfwerk" - an das von Norden nach Süden abfallende Gelände an. Die Abstufung der Gebäudehöhen dient zudem der optimalen natürlichen Belichtung der Wohnungen. Charakteristisch für die Bauten ist die weiße, vorkragende Blechverkleidung über der grob verputzten Sockelzone. Die west- bzw. nordseitig liegenden Stiegenhauskerne sind als über die Traufe hinausgeführte Risalite gestaltet und farblich akzentuiert. Der rhythmische Wechsel zwischen den weiß verkleideten, horizontalen Fensterachsen und den rot getünchten Türmen der Stiegenhäuser ist prägend für das Erscheinungsbild des Baus. Die ost- bzw. südseitigen Fassaden hingegen sind mit zum Teil verglasten Loggien versehen, deren Brüstungen mit grauem Wellblech verkleidet sind. Die Architekten nahmen bei der Fassadengestaltung und der Wahl der Materialen Bezug auf den nur wenige Jahre zuvor begonnenen Wohnhauskomplex "Am Schöpfwerk", was vermutlich auf Entwürfe von Michael Pribitzer zurückgeht, der an der Planung beider Wohnhausanlagen beteiligt war.
... und die Kunst
Vor dem südlichen Zugang zur Wohnhausanlage in der Zanaschkagasse 26 befindet sich eine etwa 4 Meter hohe Edelstahlskulptur in Form eines Sterns. Die Metallplastik mit dem Titel "Sonne" stammt vom österreichischen Bildhauer Josef Schagerl (geb. 1923 in Scheibbs/NÖ) aus den Jahren 1969 bis 1971.
Der Name
Die Sagedergasse ist seit 1892 nach Anna Sageder (1818-1873), einer Wohltäterin (Sageder’sche Stiftung) des Bezirks, benannt. Sie ließ unter anderem im Jahr 1855 die nahe gelegene Kapelle der Hl. Anna renovieren, weshalb diese auch als Sageder-Kapelle bekannt ist. Die Bezeichnung An den Froschlaken besteht seit 1912 und bezieht sich auf einen alten Flurnamen benannt nach Wasserlacken, in denen viele Frösche lebten.Die Zanaschkagasse erhielt ihren Namen im Jahr 1970 nach dem Lederarbeiter, Sozialdemokraten und Meidlinger Bezirksvorsteher der Jahre 1918 bis 1934, Alois Zanaschka (1870-1936), der 1936 an den Folgen seiner Inhaftierung nach dem Bürgerkrieg von 1934 starb.
Architekten
Walter Havelec - Walter Havelec (geb. 1933) studierte bis 1958 Architektur an der Technischen Hochschule Wien. Im Anschluss war er Hochschulassistent bei Karl Schwanzer in dessen Atelier Walter Havelec auch mitarbeitete, bevor er sich 1965 als Architekt selbständig machte. Nach seinen Plänen entstanden unter anderem das Bundesblindeninstitut in Wien 2, Wittelsbachgasse 5 (1975, mit Fritz Purr), zahlreiche Bauten der E-Werke in Wien 9 und Wien 11 sowie die Bibliothek des Instituts für Physik der Universität Wien in Wien 9, Boltzmanngasse 5 (1982 und 1996).
Michael Pribitzer - Michael Pribitzer (1926-2004) studierte von 1945 bis 1952 Architektur an der Technischen Hochschule Wien. Für die Gemeinde Wien war er vorwiegend in Arbeitsgemeinschaften an der Errichtung mehrerer großer Wohnhausanlagen beteiligt, wie etwa am Karl-Honay-Hof in Wien 16, Gablenzgasse 82-86 (1965/66) und der Anlage Sagedergasse 7-11 in Wien 12 (1969-1971).
Libuse Partyka - Libuse Partyka (geb. Partykova, 1921-1995; verh. Bazalka) studierte ab 1944 Bauingenieurwesen an der Technischen Hochschule Wien. Für die Gemeinde Wien plante sie meist in Zusammenarbeit mit anderen Architektinnen mehrere Bauwerke, wie etwa mit Erika Peters und Eugenie Pippal-Kottnig die Wohnhäuser Weintraubengasse 6-10 und 13 in Wien 2 (1982-1983) und Zirkusgasse 30 in Wien 2 (1981-1983). Die Pläne zur Anlage Schottenfeldgasse 37 in Wien 7 (1987-1989) stammen von Partyka alleine.
Walter Muchar - Walter Muchar (1918-2005) studierte ab 1942 bei Alexander Popp an der Akademie der bildenden Künste Wien. Nach seinen Plänen wurden von den 1950er- bis in die 1980er-Jahre mehrere Wohnhausanlagen der Gemeinde Wien errichtet, wie etwa die Wohnhäuser Erdbergstraße 36 in Wien 3 (1977-1979) und Kaiser-Ebersdorfer Straße 12-18 in Wien 11 (1979-1981).