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Josef-Mikl-Hof

Fakten

Josef-Mikl-Hof

Schönbrunner Straße 242, 1120 Wien

Baujahr: 1960-1962

Wohnungen: 41

Architekt: Richard Praun, Stephan A. Kraft

Weitere Adressen

Schönbrunner Straße 242a, 1120 Wien

Schönbrunner Schloßstraße 11-13, 1120 Wien

Wohnen in Wien

In den 1960er-Jahren nahm der Wohnbau in Wien bis hin zum Wohnungsbauboom der 1970er-Jahre kontinuierlich zu. Die Grundlage dafür bildeten 1961 ein städtebauliches Konzept und ein Generalverkehrsplan von Roland Rainer. Der geplante U-Bahn-Bau sowie die Erschließung bisheriger Randgebiete nördlich der Donau förderten diese Entwicklung. Besonders am südlichen und östlichen Stadtrand gab es Grundstücke zu günstigen Preisen, auf denen neue große Wohnviertel geschaffen wurden. Die neue Fertigteilbauweise mit vorgefertigten Betonelementen erlaubte es, in kurzer Zeit ganze Stadtteile neu zu errichten.

Geschichte

Diese Wohnhausanlage liegt in unmittelbarer Nähe zur sogenannten Villa Xaipe (griech., sprich "Chaire") am Eingang des Schönbrunner Schlossparks. Hier war ab 1929 das berühmte "Café Schlössl" untergebracht, das zum beliebten Treffpunkt berühmter Künstler wie Max Reinhardt, Richard Strauss, Arthur Schnitzler und Josef Hoffmann wurde. Im zweiten Weltkrieg schwer beschädigt, wurde die Villa in den Jahren 2007/2008 zur Gänze saniert und renoviert. 1956 erwarb die Gemeinde Wien das Grundstück an der Schönbrunner Straße 242 von dem in Triest ansässigen Vorbesitzer. Dort befand sich bis zu seinem Abriss noch eine Hofanlage mit ebenerdigen bzw. zur Straßenfront hin einstöckig gestalteten Gebäuden. Nach Plänen des Architekten Stephan A. Kraft entstand hier in den Jahren 1960-62 eine kleine Hofanlage bestehend aus zwei gleich dimensionierten Wohnhäusern an den Kopfenden des Grundstücks an der Schönbrunner Straße (Stiege 1 und 2) sowie der Schönbrunner Schlossstraße (Stiege 3 und 4).

Die Architektur

Die zwei Wohnblöcke mit insgesamt 4 Stiegen und heute 43 Wohnungen sind straßenseitig fünfgeschoßig und hofseitig sechsgeschoßig konzipiert. In der Sockelzone an der Schönbrunner Straße sind an der Grenze zum Nachbarhaus das unauffällig gehaltene Einfahrtstor sowie 3 Geschäftslokale untergebracht. Die Fassade der Wohngeschoße darüber unterscheidet sich klar von den hofseitigen Fassaden durch die insgesamt 16 mit hellen Fensterfaschen gestalteten französischen Fenster, die das Erscheinungsbild des Hauses prägen. Im Bereich des Dachgeschoßes befinden sich an den Seiten zwei kleinere Gaupenaufsätze, Teile der ausgebauten Dachateliers bzw. -wohnungen. Die Hoffronten beider Häuser sind dagegen betont schlicht gestaltet und zeichnen sich vorwiegend durch horizontale Fensterreihen aus. Die Stiegenhäuser der Hoftrakte sind an der Fassade lediglich durch etwas schmälere Fenster markiert. Im Gegensatz dazu sind die Stiegenhauskerne an der Schönbrunner Schlossstraße farblich akzentuiert und als über die Traufe hinausragende Türme gestaltet.
Der Hof zwischen den zwei Kopfbauten wurde als Gartenanlage geplant. Integriert darin sind ein Aufstellungsort für die sog. "Colonia-Gefäße" - die heutigen Mülltonnen - sowie ein PKW-Abstellplatz für insgesamt 9 Fahrzeuge.

... und die Kunst

Im Gegensatz zum ornamentfreien Haupteingang an der Schönbrunner Straße werden die Eingangstüren von Stiege 3 und 4 an der Schönbrunner Schlossstraße von zwei Torfeldmosaiken umrahmt. Die farbenprächtigen Bilder "Tag" und "Nacht" aus den Jahren 1960-62 stammen von den Künstlern Hilde Schimpp (Tag) und Hans Escher (Nacht).

Der Name

Josef Mikl gehörte zu den bedeutendsten bildenden Künstler*innen nach dem Zweiten Weltkrieg in Österreich. Er wurde am 8. August 1929 in Wien geboren und besuchte nach dem Krieg die Höhere Graphische Bundeslehr- und Versuchsanstalt. Von 1948 bis 1955 studierte er an der Akademie der bildenden Künste in Wien. 1956 gründete er mit Arnulf Rainer und anderen die legendäre Künstlergruppe „Galerie nächst St. Stephan“. Josef Mikl bestimmte in den folgenden Jahren die Wiener Avantgarde-Szene, er verhalf – mit anderen – im Wien der 1950er-Jahre der Abstraktion zum Durchbruch. Er gilt als einer der wichtigsten Vertreter*innen der informellen Malerei.
Im öffentlichen Raum gestaltete er unter anderem die Kirchenfenster der Pfarrkirche Parsch in Salzburg und jene der Friedenskirche in Hiroshima, Japan, sowie das Deckenbild und 22 Wandbilder im Großen Redoutensaal der Wiener Hofburg. 1964 stellte Josef Mikl auf der documenta III aus, 1977 nahm er an der documenta 6 teil, vertrat Österreich 1968 bei der Biennale in Venedig und war von 1969 bis 1997 Professor an der Akademie der bildenden Künste in Wien. 1990 erhielt er das Österreichische Ehrenzeichen für Wissenschaft und Kunst, 2004 wurde ihm das Große Goldene Ehrenzeichen für Verdienste um die Republik Österreich verliehen. Im selben Jahr ehrte die Stadt Wien Josef Mikl mit dem Ehrenring. Am 11. November 1962 – im Jahr der Fertigstellung – mietete Josef Mikl in dieser Wohnhausanlage ein Atelier an.
Im Alter von 78 Jahren starb Josef Mikl am 29. März 2008 in Wien.

Architekten

Richard Praun - Richard Praun (1909-1972) studierte ab 1926 an der Wiener Kunstgewerbeschule und im Anschluss an der Akademie der bildenden Künste. Er arbeitete zunächst im Büro von Clemens Holzmeister mit und führte danach zahlreiche Großprojekte für die NS-Rüstung aus. Nach Kriegsende wurde er u. a. mit dem Wiederaufbau des Oberen und Unteren Belvederes betraut. Praun plante aber auch zahlreiche Industriebauten in Wien und Niederösterreich. Für die Gemeinde Wien entstand die Wohnhausanlage Kaisermühlendamm nach seinen Entwürfen.

Stephan A. Kraft - Stephan A. Kraft (1895-1976) studierte von 1932 bis 1934 und 1945/46 Architektur an der Technischen Hochschule Wien. Unter anderem plante er zusammen mit Richard Praun für die Gemeinde Wien das Wohnhaus Schönbrunner Straße 242 in Wien 12 (1960-1962). Die Anlage Hetzendorfer Straße 165-187 in Wien 13 (1950-1952) wurde in einer Arbeitsgemeinschaft mit Julius Bergmann und Rudolf Münch realisiert.