Wohnen seit 1919
Das Denkmal
Mit dieser Installation im öffentlichen Raum setzt der Wiener Künstler Marko Lulić dem ersten Gemeindebau Wiens, dem Metzleinstaler Hof, aber auch dem sozialen Wohnbau in Wien generell, ein künstlerisches Zeichen.
Der Künstler, der sich in seiner Arbeit seit Jahren intensiv mit dem öffentlichen Raum und Sprache auseinandersetzt, schafft hier eine sehr gegenwärtige Form eines Denkmals, in dem er die Ästhetik von Werbung und städtischer Beschriftung aufnimmt. Die Arbeit steht auf einer Grünfläche zwischen den Fahrbahnen des Gürtels, von weitem sichtbar und ebenso in Blickweite des Metzleinstaler Hofes. Diese bewusst gewählte Positionierung stellt die Arbeit in Konkurrenz mit dem um sie herum stattfinden Straßenverkehr. Das Denkmal ist vom Künstler nicht nur zum Gedenken des Vergangenen intendiert, sondern ebenso als Feiern des Gegenwärtigen und als Ausdruck der Hoffnung, dass auch in Zukunft die soziale Wohnpolitik Wiens etwas bleibt, das ursächlich mit dieser Stadt in Verbindung gebracht wird. Offiziell eingeweiht worden ist das Denkmal am 9. Mai 2019, es steht direkt vor dem Metzleinstalerhof, am Margaretengürtel 90-98, 1050 Wien (58JX+GG Wien).
Die Perspektive des Künstlers
Die Stadt Wien und ihre Architektur war und ist immer wieder der Fokus von Lulićs Arbeiten, u.a. bei Psychogeography und The Moderns (Vienna). Der öffentliche Raum wird auf unterschiedlichste Art vom Künstler bearbeitet. Einerseits untersucht er ihn, oft auch mit künstlerischen, insbesondere performativen Methoden, andererseits interessiert es ihn, trotz seines kritischen Ansatzes im Zugang zu Denkmälern, gegenwärtige Formen des Gedenkens zu schaffen. Erinnerungskultur ist somit sicherlich ein zentraler Punkt im Schaffen des Künstlers. Raumgreifende Installationen, Skulptur, Video, Poster, Schrift und Arbeiten im öffentlichen Raum sind die bevorzugten Medien des Künstlers. Er analysiert, übersetzt und hinterfragt utopistische Aspekte des 20. Jahrhunderts, indem er Architektur und Display, zentrale Themen in seinem Werk, zu Mitteln der Befragung macht.
Der Metzleinstaler Hof, das von Lulić erwählte Objekt der künstlerischen Untersuchung, wurde nicht zufällig ausgewählt. Der Gemeindebau ist von historischer Bedeutung und kann als Prototyp des Baustils des kommunalen Wohnbaus im Roten Wien als erster typischer Gemeindebau bezeichnet werden. Nach den Wahlen von 1919, bei denen die Sozialdemokraten die absolute Mehrheit errangen, wurde der Architekt Hubert Gessner beauftragt, den Metzleinstaler Hof als „echten“ Gemeindebau fertigzustellen. Ein Teil des Gemeindebaus konnte bereits 1920 fertiggestellt werden, anschließend wurde der Hof von Hubert Gessner 1923/24 erweitert. Im Vollausbau umfasste der Bau 252 Wohnungen und war mit Badeanstalt, Zentralwäscherei, einem Kindergarten, einer Arbeiterbibliothek, Klubräumen und einer Lehrlingswerkstätte ausgestattet.
Lebenslauf und Werke Marko Lulić
Marko Lulić, 1972 in Wien geboren, ist ein in Wien lebender Künstler, der sich mit den Schnittpunkten von architektonischer Moderne, Ideologie und Ästhetik beschäftigt und das Verhältnis von Körper und Repräsentation in unterschiedlichen politischen Kontexten untersucht. Seine Arbeiten wurden in zahlreichen nationalen und internationalen Ausstellungen gezeigt, unter anderem in:
Storefront for Art and Architecture, New York; Douglas F. Cooley Gallery, Reed College, Portland, Oregon; MAK, Wien; MAK Center for Art and Architeture, Los Angeles; Witte de With Center for Contemporary Art, Rotterdam; Kunsthalle Wien; Triangle Project Space, San Antonio, Texas; Office for Contemporary Art (OCA), Oslo; Migros Museum für Gegenwartskunst, Zürich; 21er Haus/Belvedere, Wien; Museum für Gegenwartskunst, Zagreb; Museum für Gegenwartskunst, Belgrad; Kunstverein Heilbronn; Oldenburger Kunstverein, Kunstverein Arnsberg; Salzbuger Kunstverein; Grazer Kunstverein; Bawag Foundation, Wien; MACRO Testaccio, Rom; Fondazione Morra Greco, Neapel; Erich Hauser Stiftung, Rottweil; Kunsthalle St. Gallen und Frankfurter Kunstverein. Lulić hat an der Biennale von Sydney, der Schweizerischen Plastikausstellung, Biel/Bienne, dem October Salon, Belgrad, der Chicago Architecture Biennial und der Frestas Triennale In Sorocaba, Brasilien teilgenommen.
In den letzten Jahren wirkte er unter anderem führ zahlreiche Ausstellungen als Kurator: Secession, Wien, Österreichisches Kulturforum, New York; Siemens Arts Program und Museum für Gegenwartskunst, Belgrad. Er erhielt mehrere Auszeichnungen wie den Kardinal König Kunstpreis, den Preis der Alfried Krupp von Bohlen und Halbach-Stiftung, den Erich-Hauser-Preis und den Preis der Stadt Wien. Zudem lehrte Lulić fünf Jahre lang an der Akademie der bildenden Künste in Wien. Vertreten wird Marko Lulić von der Gabriele Senn Galerie.